[]Beton sei porös, Stahl sei rissig, und manche Konstruktionsprinzipien seien so gewagt, dass es die Experten von der finnischen Atomaufsicht schaudern lasse.[]Aber Zwitter sind komplizierte Wesen: Mehr als 3000 Fehler gab es bislang beim Bau. Die wichtigste ungeklärte Frage betrifft "die Sinne, die Nerven und das Gehirn des Reaktors", sagt Petteri Tiippana, Direktor bei der finnischen Atomaufsichtsbehörde Stuk: das automatische Leitsystem des Atomkraftwerks.[]Er bemängelte, dass "Designfehler nicht korrigiert werden". Die "Einstellung oder das fehlende Fachwissen" von Areva-Vertretern behindere Fortschritte. Leider warte man immer noch auf "ein anständiges Design, welches den Grundprinzipien der nuklearen Sicherheit entspricht".[]
Von Anfang an hatten sich Bauprobleme gehäuft. Eine Firma hatte die Rohre des Hauptkühlkreislaufs, die direkt zum Reaktor führen, falsch verarbeitet - sie ließen sich deshalb nicht mit Ultraschall testen. Also ließ Areva die Rohre austauschen. Die neuen Rohre ließen sich zwar testen; dafür waren sie an der Oberfläche rissig.
Für das Fundament des Reaktors verwandte die zuständige Firma einen anderen Beton als vorgeschrieben; der ließ sich zwar besser verarbeiten, war aber poröser und musste deshalb extra versiegelt werden. Auch der Stahl, der die Betonhülle von innen verstärkt, hat Schweißmängel. Eine polnische Firma schnitt Löcher an den falschen Stellen, die sie anschließend wieder zuschweißen musste. Weil alles repariert worden sei, beeinträchtigten diese Dinge die Sicherheit nicht, sagt Tiippana.[]Einmal entschieden die Arbeiter einer Firma kurzerhand, ein Rohr für einen Messfühler woanders anzubringen als vorgesehen. Der Platz war ihnen zu schwer zugänglich. Doch das Gerät musste genau dort messen, wo die Konstrukteure es vorsahen. Atominspektor Tiippana: "Die Leute müssen wissen, warum sie sich genau an die Vorgaben halten müssen, auch wenn nicht jeder Arbeiter Nuklearwissenschaftler werden soll."
Dumm nur, dass selbst die einfachsten Dinge nicht vorausgesetzt werden können. In der Baustelle hängen sogar Zettel mit der viersprachigen Aufforderung: "Bitte machen Sie Ihre Notdurft nicht ins Objekt."
"Das ist kein Vorzeigeprojekt, das ist ein Vorzeigedesaster", behauptet Mycle Schneider, deutscher Atomexperte aus Paris und Träger des Alternativen Nobelpreises.[]Aber nicht nur der französische Staatskonzern tut sich schwer, neue AKW zu errichten. Im vergangenen Jahr ging erstmals seit Beginn des nuklearen Zeitalters weltweit kein neuer Reaktor ans Netz. Wie sich aus dem "Welt-Statusreport Atomindustrie" ergibt, sind zwar 52 Meiler "im Bau" - 13 davon allerdings schon seit mehr als 20 Jahren. Und bei 24 ist noch nicht einmal theoretisch klar, wann sie hochgefahren werden könnten.[]