Sie hat vollkommen Recht. Wenn man die gesellschaftlichen Gesamtkosten des Verbrauchs fossiler Energie betrachtet, dann ist sie immer noch um Faktor 5-10 zu billig.
Bezogen auf den Schaden welcher der Umwelt entsteht stimme ich dir zu.
Allerdings ist das ganze für den Verbraucher nicht so einfach zwischen "gut (Öko)" und "böse (Fossil)" zu unterscheiden. Ich hab mich damit vor kurzer Zeit aus persönlichem Interesse mal näher damit befasst. Stand heute ist es für viele fast unmöglich zu ermitteln ob und zu wieviel Prozent dein Strom aus fossiler Energie besteht.
Das fängt bereits an der Strombörse an. Denn dort wird grundsätzlich Strom aus Braunkohle, Atomstrom und eben auch der grüne Strom in "
Graustrom" ohne Herkunftsangabe umgewandelt. Beim Ökostrom hat das mit dem Doppelvermarktungsverbot zu tun. Der Strom aus grünen Quellen wird den Betreibern zumeist über das EEG vergütet. Deshalb dürfen sie ihn nicht mit einem weiteren Aufschlag verkaufen. Aus diesem Grund wird Ökostrom an der Strombörse zu Graustrom. Da der Stromtarif an der Strombörse die Kosten aber nicht decken kann, müssen Stromkunden die Differenz in ihrer Jahressrechnung ausbaden.
Weder du noch die Stromanbieter/Stadtwerke können dir sagen, wieviel Prozent vom Graustrom in Wirklichkeit Grün sind. Es sein denn: Man kauft als Stromversorger den Ökostrom mit Herkunftsnachweis.
Oder du kauft nur den Herkunftsnachweis und machst damit deinen Fossilstrom zum Ökostrom.
Gesetz dem Fall das ich das so richtig verstanden habe, ist das Ganze ist ein sehr perfides System in meinen Augen. Hier fehlt es meiner Meinung nach an Transparenz.
Willst du wirklich verlässlichen regionalen Ökostrom bekommen, dann dürfen die Erzeugeranlagen also nicht über das EEG vergütet werden.
Naturstrom und
Bürgerwerke sind zum Beispiel zwei dieser Anbieter. Naturstrom beispielsweise hat einen ihrer Schwerpunkte auf den
Weiterbetrieb von Windkraftanlagen nach Ende der EEG-Förderung gelegt. Bei den Bürgerwerken widerum stammt der Strom ausschließlich aus Solar- und Windenergieanlagen in Bürgerhand und einem deutschen Wasserkraftwerk.
Wenn man der FDP folgt und das Prinzip von Angebot und Nachfrage anwendet, ist Oköstrom sogar günstiger, sobald mehr Oköstrom als konventioneller Strom produziert wird.
Das Thema Ökostrom ist durchaus spannend. Aber hier stehen wir noch am Anfang. Langfristig muss Ökostrom günstiger sein als konventioneller Strom. Ich hab das in einem anderen Thread schon mal erwähnt, aber wir müssen hier erstmal die Grundlagen für erfolgreichen Ökostrom schaffen. Angefangen beim Stromnetz bzw. den Stromnetzen:
Früher hattest du als Land wenig große Kraftwerke welche National und überwiegend zentralisiert über große Stromtrassen den Strom an die Verbraucher geliefert haben. Das hat auch eine zeitlang hervorragend funktioniert. Nur haben sich die Zeiten geändert.
Heute haben wir viele kleine Stromerzeuger. Wind, Wasser, PV, Kohle, BHKW, Brennstoffzellen, Biogas etc. welche dezentral und grenzüberschreitend verteilt sind. Die Netze sind kleinräumiger und Speicheranlagen gibt es ebenfalls. Dazu kommt, das jeder Verbraucher (inkl. Industrie und Gewerbe) nun auch direkt Strom in das Netz einspeisen kann, sofern er erneuerbare Energien fördert. Je größer also die Anteile an erneuerbaren Energien sind, umso höher sind die Anforderungen an die Stromnetze.
Produzierst du die Energie vor Ort, also in kleineren Netzen, kannst du damit die großen und teuren Stromtrassen einsparen. Allerdings muss das Stromnetz dazu intelligent sein. Das bedeutet, du brauchst eine Echtzeitvernetzung um mit dieser Entwicklung Schritt halten zu können. Das funktioniert nur mit Smart Grids. Ohne diese kannst du Über- oder Unterproduktion von Strom nicht schnell genug erkennen und steuern.
Diese sind allerdings ziemlich umstritten. Je mehr automatisiert ein Netz ist, umso anfälliger ist es für Cyberangriffe. Schön zu sehen in der
Ukraine im Jahr 2015.
Auch auf gesetzlicher Seite hakt es enorm. Oder kann mir jemand erklären, warum es Netzbetreibern gesetzlich verboten ist Stromspeicher zu errichten?
Meiner Meinung nach müssen viel mehr Mittel in die Stromnetze fließen. Hier müssen auch die Firmen ihren Teil dazu beitragen. Das ist nichts was der Bürger alleine stemmen kann. Damit die Firmen ihren Teil dazu beitragen musst du aber die Strom-Subventionen auf den Prüfstand stellen. Geht es um Strompreise, dann sieht die Industrie sofort reflexartig die eigene Wettbewerbsfähigkeit in Frage gestellt und ist an der Belastungsgrenze angekommen.
Ich mein, VW fällt bei einem Quartalsgewinn von 4-5 Mrd. Euro sicher ein Zacken aus der Krone, wenn sie zusätzlich ein paar hundert Millionen für die Netze abdrücken müssten.
Viele Großabnehmer und die energieintensive Industrie sind zusätzlich von der EEG-Umlage oder den Netzentgelten ganz oder teilweise befreit.
Politiker warnen regelmäßig vor zu hohen Strompreisen in Deutschland. Die Verbraucherzentralen beklagen die zu hohe EEG-Umlage und die zu hohen Strompreise für die Verbraucher etc etc.
Nur an denen bleibt es paradoxerweise hängen. Zusammen mit dem Kleingewerbe finanzieren wir Verbraucher mit dem Ausbau des EEG-Ökostroms und der EEG-Umlage diese niedrigen Strompreise für die Großabnehmer und die deutsche Industrie. Und das ist in meinen Augen ein fundamentaler Fehler. Hier muss dringend nachgebessert werden. Mal sehen was der neuen Bundesregierung dazu so alles einfällt.