Jeder arbeitet zu seiner Zeit so, wie der Arbeitsmarkt es ermöglicht.
Interessant finde ich den Passus "wie es der Arbeitsmarkt ermöglicht".
Der Arbeitsmarkt ist ja kein starres System, das sich nicht ändern kann. Wäre das Gegenteil der Fall, wäre das System nichts wert und würde zurecht zugrunde gehen. Dann hätten die ganzen Schwurbler auch recht, wenn sie sagen, dass es mit DE abwärts geht. Nur eben nicht aus den Gründen, die sie sich herbei fabulieren.
Systeme müssen flexibel sein, um sich gesellschaftlichen, technologischen und wissenschaftlichen Entwicklungen und Fortschritten anzupassen. DE versäumt das allerdings in etlichen Bereichen (siehe Technik, z.B. in Schulen). Zeit genug wäre bisher dafür gewesen. Auch die finanziellen Mittel hätten wir gehabt und haben wir immer noch. Als Staat zumindest.
Ich hole jetzt mal etwas weiter aus, denn letztlich hängt das ja alles mit folgendem zusammen:
Um irgendwas zu ändern, muss ein Umdenken stattfinden. Vor allem erst einmal in den elementaren Bereichen, die die jüngere Generation direkt betreffen und ihrer Lebenswelt entsprechen (Stichwort Bildungssektor). Einfach, weil das die Grundlage von allem ist. Ich kann nämlich beim besten Willen nicht verstehen, wie man Kitas und Horten die Kinder (lobenswerterweise) am Alltag beteiligt und ihnen Mitbestimmung beibringt, während man sie mit dem 6. Lebensjahr in ein Schulsystem wirft, dass seit über 100 Jahren das gleiche ist, Partizipation zu keiner einzigen Zeit zulässt und dafür sorgt, dass weder fitte Kinder, noch leistungsschwächere Kinder abgeholt werden, weil es das System so, wie es ist, nicht anders zulässt. Dieses Schulsystem funktioniert einfach nicht mehr und hat schon vor 20 Jahren, als ich gerade in der Oberstufe war, nicht mehr hingehauen.
Unter diesem Gesichtspunkt kann ich absolut verstehen, wenn Kinder ganz schnell die Lust daran verlieren, Leistung zu erbringen (und das tun sie übrigens prinzipiell gerne), frustriert sind und in ihrer Jugend perspektivlos durch die Weltgeschichte pimmeln. Oder sich eben nicht weiter "von oben herab" behandeln lassen wollen. Ich finde das Verhalten diverser Jugendlicher sicher nicht schön und es sollte auch sanktioniert werden, aber Verständnis habe ich schon.
Dazu kommen noch gesellschaftliche Erwartungen, Leistungsdruck durch Schule, Eltern, Vereine. Dieser "streng dich an, werd Arzt oder was auch immer" übt natürlich auch Druck aus. 'Einfache' Berufe werden nicht mehr gewertschätzt und das färbt auf Kinder ab. Natürlich kriegen Kinder und Jugendliche auch was von all den Krisen mit, unter denen wir leben. All das wird natürlich medial aufgebauscht und egal, wie sehr man versucht, KuJ davor zu bewahren, kriegen die es mit. Dadurch entstehen natürlich auch bei Jugendlichen Zukunftsängste.
Wer glaubt, Kinder und Jugendliche hätten ein durch die Bank weg sorgenfreies, unbeschwertes Leben, der hat sich noch nie mit dieser Altersgruppe beschäftigt.
Kinder und Jugendliche stehen somit zwischen den Stühlen und wenn selbst wir Erwachsene uns schwer damit tun, uns in dieser deutlich komplexer gewordenen Welt zurecht zu finden und zu orientieren, wie können wir von den Kindern und Jugendlichen dann erwarten, dass die das packen? Durch die sogenannte "Alte Schule" bestimmt nicht. Die zieht heutzutage zurecht nicht mehr.
Und egal, ob man gewisse Entwicklungen nun gut findet oder nicht, auf eben diese muss reagiert werden. Zu Gunsten unseres Nachwuchses. Denn letztlich sind die wichtig, nicht die alten Fregatten, die sich über die böse Jugend beschweren.
Wollen wir Jugendlichen und jungen Erwachsenen also das Ruder überlassen, müssen sie natürlich Leistung erbringen. Durch Hände in den Schoß legen ändert sich nix. Durch Jammern übrigens auch nicht (wobei ich hier auf die ältere Generation schiele). Junge Menschen zur Leistung motivieren, schafft man aber auch nicht, indem man sich über sie beschwert, ihnen Kompetenzen abspricht, sie als "nichts" bezeichnet oder sonst was. Kinder und Jugendliche brauchen von Beginn an unsere Unterstützung und Begleitung.
Wir leben ihnen außerdem vor, was Arbeit ist und was Arbeit sein kann. Wenn Günther sich Abends mit seinem Bier aufs Sofa quetscht und sich darüber beschwert, dass man sich ja nur den Buckel krumm schuftet, dann prägt das natürlich auch beim Nachwuchs das Bild von Arbeit.