Müsste das nicht eigentlich alles sehr einfach nachvollziehbar sein aus den vorliegenden Lizenzabkommen bzw. in irgendwelchen verhandelten Verträgen?
Aus dem vorliegenden Lizenzabkommen geht nicht hervor, ob CIG tatsächlich die Engine gewechselt hat. Dazu müsste man in die Versionsgeschichte des Spiels schauen.
Was ich so beiläufig mitbekommen habe, wäre doch die Frage, ob eine Weiterentwicklung/Umbenennung der Engine dazu berechtigt weitere Spiele zu veröffentlichen/entwickeln.
CIG hat die Engine bzw. die Lizenz gewechselt. So zumindest deren Darstellung. Wenn dem so ist, dann sind sie nicht mehr an das Lizenzabkommen gebunden und können das Spiel so veröffentlichen, wie sie es möchten (und wie es ihr Lizenzabkommen mit Amazon gestattet). Crytek versucht hier eine Diskussion zu führen, die erst dann relevant wird, wenn eine Beweisaufnahme zeigen sollte, dass CIG eben doch nicht die Engine gewechselt hat. Seltsamerweise will Crytek diese Beweisführung nicht antreten, sondern stattdessen das Verfahren für den Moment aufgeben.
Gleichwohl kann ein aktuelles ruhen des Verfahrens auch darauf zurückzuführen sein, dass bisher noch kein Spiel wirklich veröffentlicht wurde und somit Crytek erstmal abwartet was so passiert.
Wenn der Motion stattgegeben wird, dann ist es kein ruhendes Verfahren, sondern ein beendetes Verfahren. Crytek müsste das Verfahren neu aufrollen und sich wieder über Monate oder Jahre durch mehrere Motions argumentieren, um vielleicht wieder die Chance zu kriegen, CIG in eine Beweisführung zu zwingen. Und wie dargelegt müsste zuerst nachgewiesen werden, dass CIG nicht die Lizenz gewechselt, ehe die Frage nach dem Releaseformat des Spiels überhaupt relevant werden kann.
Ganz ehrlich, es geht schon lange nicht mehr darum, CIG ein lizenz- oder urheberrechtliches Fehlverhalten nachzuweisen (einige werden sagen, dass es nie darum ging). Wenn es Crytek darum ginge, dann würden sie Einblick in den Quellcode einfordern um nachzuweisen, dass CIG niemals die Engine gewechselt hat. Crytek will einfach mit heiler Haut aus der Sache raus kommen, aber um ihre Kaution von 500.000 Dollar wiederzukriegen und nicht vielleicht auch CIG's Kosten zu tragen, müssen sie das Gericht überzeugen, dass sie einen legitimen Klagegrund haben. CIG wird im Gegenzug argumentieren, dass Crytek nur Quatsch erzählt, beide Seiten werden sich noch ein wenig die Köppe einschlagen, der Motion wird letztendlich stattgegeben, das Verfahren wird beendet, alle gehen nach Hause, und wir hören nie wieder etwas in dieser Angelegenheit.
Kommt darauf an, ich konnte bislang nicht herausfinden warum es für CIG nötig gewesen ist "die Engine zu wechseln", da jeder Entwickler auch Teile der Lumberyard Engine oder Amazon Web Services nutzen kann ohne das er deswegen etwas zahlen oder eine andere Engine aufgeben muß.
Es ist völlig irrelevant, warum CIG die Engine gewechselt hat, und wenn ihnen einfach nur das Logo besser gefallen hat. Es sind aber etliche Gründe bekannt oder nahe liegend, warum der Wechsel der Engine sinnvoll.
- CIG hat von Crytek keinerlei Unterstützung bei der Entwickler der Netzwerkfunktionalität erhalten, und auch sonst soll es wenig Unterstützung von Crytek gegeben haben, u.A. da Crytek einen ganz anderes Marktsegment bedient als CIG.
- Amazon andererseits soll dem Vernehmen nach eng mit CIG zusammenarbeiten, besonders bei der maßgeschneiderten Integration der AWS-Plattform. Zuvor hatte CIG mit Google zusammen gearbeitet, aber Google hatte offenbar andere Ideen für die Nutzung ihrer Cloud-Plattform als Netzwerk für Videospiele (wohl Game Content Streaming statt MMOs). Chris Roberts hat seinerzeit über diesen Wechsel gesagt, dass Amazon und CIG auf vielen Gebieten gemeinsame Interessen haben (was für die Zusammenarbeit mit Crytek und Google eben nicht der Fall war).
- Lumberyard integriert AWS und Community-Features wie Twitch von Haus aus. An beidem hat CIG großes Interesse.
- Amazon steht nicht all drei Jahre am Rande der Insolvenz, und sie buttern richtig was rein in die Plattform und die Engine.
- CIG möchte die Spiele separat verkaufen. Wie schwierig das ist mit dem Lizenzabkommen, das sie damals mit Crytek eingegangen sind, sehen wir ja hier.
- Ein möglicher Konsole-Release von Squadron 42 wäre im Rahmen dieses Lizenzabkommens nicht möglich. CIG müsste eine neue Lizenz erwerben, und die würden sie nicht mehr zum "Indie-Tarif" kriegen.
- Es sind bereits zwei Nachfolger für Squadron 42 geplant. Auch für diese und alle weiteren Spiele in diesem Universum hätte CIG eine neue Lizenz benötigt.
Nun wissen wir nicht, was in dem Lizenzabkommen zwischen Amazon und CIG steht. Wir können wohl davon ausgehen, dass ein Projekt dieser Größe nicht auf die 08/15-Indie-Lizenz zurück greift. Es gibt sicherlich ein maßgeschneidertes Lizenzabkommen zwischen Amazon und CIG, in dem vielleicht Vergünstigungen für die Nutzung der AWS-Plattform, enge Zusammenarbeit in der Technologieentwicklung, Exklusivitätsklauseln, oder auch unbeschränkte Nutzung für eine beliebige Anzahl von Spielen drin stehen.
Der rechtliche Wechsel macht IMHO nur Sinn wenn CIG Star Citizen und Squadron 42 getrennt verkaufen will.
Was sie ja bereits tun.
Ich kann mir auch Vorstellen das dann die Chefs von CryTek angepisst sind, vor allem wenn man bedenkt das CryTek z.B. die Videos für das Crowdfunding produziert und CIG angeblich besonders gute Konditionen bei der Lizenz eingeräumt haben.
Crytek hat bei der Produktion der Videos und des Prototypen konsultierend zur Seite gestanden, das ist aber Standard. Und Crytek hat CIG in der Tat einen Spezialtarif gewährt, aber das haben sie nicht aus Herzensgüte getan. Im Jahr 2011 war CIG noch ein kleines Indie-Unternehmen mit allenfalls einem halben Dutzend Mitarbeitern, und dieses Unternehmen wollte ein Spiel in der gerade aufkeimenden Indie-Szene auf die Beine stellen. Das Star Citizen dieses Riesenprojekt mit einem Budget von über 250 Millionen Dollar werden würde, war damals noch nicht abzusehen. Crytek hat sich nicht darauf verlassen, dass das Spiel Unmengen an Tantiemen abwerfen würde, sondern stattdessen eine Fixsumme in das Lizenzabkommen geschrieben, die ungefähr einem Zehntel des ursprünglich veranschlagten Produktionsbudget betragen hat. Diese Summe hat CIG dann auch im Laufe der erweiterten Crowdfunding-Kampagne rasch bezahlt (der sogenannte Buyout, von dem immer mal wieder die Rede ist).
Crytek ist bestimmt stinksauer, aber nicht weil sie sich, wie in der Klageschrift behaupten, regelrecht ein Bein ausgerissen haben, um das Projekt überhaupt auf die Beine zu stellen, sondern weil sie an diesem Projekt, dass für sie Abermillionen in Tantiemen hätte abwerfen können, nur rund zwei Millionen Dollar verdient haben. Und dann wechselt dieses Projekt auch noch zu der Engine, die sie an Amazon verkauft haben.