ruyven_macaran
Trockeneisprofi (m/w)
Alkohol allein sicherlich nicht.
Es ist aber immer noch ein Unterschied, ob du dir einen ansäufst, weil du einen schmerzlichen Verlust nicht verkraftest, oder weil du nichts Sinnvolleres mit dir anzufangen weißt.
Wenn man keine Freunde hat, die einen aufmuntern und nichts zu tun, um sich abzulenken, übernehmen oft genug Johnny Walker und Jim Beam die Trauerberatung. Das ist sicherlich nicht optimal, aber da habe ich dann doch mehr Verständnis, als wenn sich jemand aus Langeweile betrinkt und deswegen übelst daneben benimmt.
Aber wieviel genau muss JEMAND ANDERS saufen, damit dass eigene Urteilsvermögen derart beeinträchtigt wird, dass man ihm einen Knochenbruch verpasst, obwohl keine Notwehr vorliegt? Ich hab ja schon ein paar gut angetrunkene Leute gesehen (u.a. auch die erwähnten Skandinavier im Urlaub zur Unterkunft zurück getragen), aber SO ein Fahne ist mir noch nicht begegnet, dass ich benebelt mit aller Kraft zuschlagen wollte.
Das eigentlich skandalöse ist aber sowieso nicht die Tat des Sanitäters, die vielleicht noch aus dem Affekt heraus begründet werden kann. Genau darüber müssten Richter entscheiden. Das skandelöse sind die Polizisten, die diese Gewaltausübung deckten und sogar Beweismittel löschen lassen wollten, sodass Richter gar nicht darüber entscheiden könnten und das Opfer nicht nur ein Opfer von Sanitätergewalt, sondern auch noch ein Opfer staatlicher Rechtsvereitlung ist.
(Und wieso trösten eigentlich immer nur Jim und John, nie Glen, Maria oder Jack?)
Nehmen wir aber mal an, du konsumierst Alkohol grundsätzlich verantwortungsvoll und trinkst bei klarem Bewusstsein nie so viel, dass du dieses klare Bewusstsein verlierst und dann im Dusel bis zum kompletten Kontrollverlust weitertrinkst.
Jetzt geschieht etwas, was dein Bewusstsein trübt, sagen wir mal, jemand jubelt dir was unter, du hast dir den Kopf gestoßen oder du musst einen schweren Schicksalsschlag verkraften und du trinkst deswegen doch einmal mehr, als du es üblicherweise tun würdest, wirst ausfallend und randalierst. Bist dann prinzipiell ein Ar*** oder waren die besonderen Umstände nicht vielleicht doch maßgeblich und sollten berücksichtigt werden? - Eben.
In den meisten Fällen geht es aber nicht um fremdverschuldete Intoxination. Und wer sich selbst so besäuft, dass es deswegen zu Personen- oder schweren Sachschäden kommt, bei dem ließe sich vielleicht noch über strafmildernde Umstände für diese Folgen reden. Aber dann müsste umgekehrt auch der eigentliche Suff harte Konsequenzen tragen. Denn da liegt eine wortwörtlich kriminelle Inkompetenz im Umgang mit Alkohol vor. Das würde eine Führerscheinsperre einschließlich Führungsverbot für Fahrzeuge auf nicht öffentlichem Grund (Staplerschein, etc.), Verbot von Tätigkeit in jeglichen Sicherheitsrelevanten/Verantwortung für andere Menschen tragenden Berufen und sowie ggf. auch an schweren Maschinen mit Eigengefährdung erfordern. Alles auf mindestens fünf Jahre und mit Eintrag in Führungszeugniss, etc., sodass beispielsweise potentielle Arbeitgeber auch darauf Aufmerksam werden können. Waffenbesitz verbietet sich auf noch weit längere Zeiträume, Sorgerecht für Kinder wäre zu prüfen. (ungleich Betreuungsverbot. Solange ein Erziehungsberechtigter darauf achten kann, dass die potentiell gefährliche Person eben nicht alkoholisiert auf die Kinder aufpasst, besteht kein Problem, aber bei z.B. einer alleinerziehenden Person wäre das nicht gewährleistet und umgekehrt gibt es eben keine innere Hemmungen, die verhindern würden, dass zuviel Alkohol getrunken oder nach Konsum von zuviel Alkohol etwas schlimmes unternommen wird.)
Passiert das alles? Nö. Höchstens nach vielen Auffälligkeiten, wenn jemand als Akoholiker eingestuft wird. (Obwohl gerade die eben oft genau wissen, wie sie trinken müssen, um -für ihre Verhältnisse- normal durch den Tag zu kommen und außer an ihrer Leber keine schweren Schäden anzurichten.) Nur die mildernde Seite von verantwortungslosem Saufen taucht erstaunlich oft in Urteilen auf.
Was sich aber ändern lässt.
In anderen Ländern ist Alkohol in der Öffentlichkeit schon lange verboten.
Das Problem ist nicht Alkohol in der Öffentlichkeit, sondern Alkoholisierte in der Öffentlichkeit. Gerade in Deutschland benebeln sich außer ein paar Jugendcliques die meisten doch schon aus klimatischen Gründen indoor/auf Terrassen, fahren danach aber eben nach Hause. Umgekehrt ist gegen ein Gläschen Wein bei Sonnenuntergang am Strand echt nichts einzuwenden.
Rational betrachtet sind Cannabis und Co. - jedoch abhängig vom Anteil der wirksamen Substanzen und Aufnahmeform - nicht kritischer als Alkohol, in vielen Belangen möglicherweise sogar weniger kritisch.
Jein. Aufgrund der Beschaffungs- und Preissituation sowie der olfaktorisch offensichtlichen Straftat wird Gras in weitaus geringeren Mengen und bewusster, also vorsichtiger konsumiert. Wer weiß, wie sich Deutsche in den 90ern in Holland verhalten haben, der weiß aber auch, dass das anders geht - und es gibt auch Leute, die dafür nicht nach Holland müssen. (Was inbesondere bei Heranwachsenden meiner Beobachtung nach Langzeitschäden nach sich zieht.) Und zudem liegt bei Cannabis die Untergrenze, unterhalb derer Selbsteinschätzung, Hemmschwellenabbau und deutliche Verschiebung des Urteilsvermögens einsetzen, meiner Meinung nach (kann man sowas wissenschaftlich erfassen?) bei lächerlich winzigen Mengen, wogegen leichte Alkoholkonsumenten (Menge je nach "Training" stark unterschiedlich) praktisch unverändert weiter funktionieren, solange die Sinnesorgane noch nicht spürbar belastet werden. Beides zusammen bedeutet, dass der Bereich für verwantwortungsbewussten, folgenlosen Konsum im Alltag kaum vorhanden ist, aber genau der begründet bei Alkohol, warum das Zeug überall leicht verfügbar sein darf.
Das umgekehrt der gelegentliche Vollrausch auf THC diversen Untersuchungen nach bei ausgewachsenen, gefestigten Persönlichkeiten praktisch gar keine negativen Wirkungen hat, während Alkohol in größeren Mengen immer schädlich ist, stimmt zwar, aber Rausch ist eben nach deutscher Rechtsvorstellung von vorneherein Missbrauch. Von daher finde ich auch die Gegenüberstellung beider Substanzen unpassend. Alkohol ist eher die Hardcore-Version von Schokolade: In Maßen total nett, in Massen immer eine Katastrophe. Kiffen ist eher wie Sex: Solange kein Missbrauch in der Jugend vorliegt geil und mit sehr einfachen Maßnahmen ohne negative Folgen, aber nichts als halbe Sachen nebenbei. Man kann sich darüber streiten, welche Art von Problemen schwerer wiegt, aber ausgehend von der hierzulande üblichen Rechtssprechung ist ziemlich offensichtlich, was im Supermarkt frei angeboten und was nach Vorstellung der Mehrheit nur im Verborgenden existieren sollte.
(Für eine kontrollierte Zugangsmöglichkeit wäre ich trotzdem. Zuerst beweißt man aber bitte am Beispiel Nikotin, dass man kontrollierte Zugangsmöglichkeiten hinbekommt. Die Versuche der letzten 50 Jahre stimmen lassen da Zweifel aufkommen.)