Blog Frametime vs fps und die subjektiv flüssige Videoausgabe

Stryke7

PCGHX-HWbot-Member (m/w)
Seit heute Morgen geistert mir ein Gedankenanstoß zum Thema "flüssige Videoausgabe" und Frametimes im Kopf herum.

Wir kennen alle die alte Diskussion: Wieviele fps sind flüssig? Die einen argumentieren, dass Fernseher mit gerade mal 24fps laufen, die nächsten sagen dass das menschliche Auge nicht mehr als maximal 30fps sehen kann und wieder der nächste sieht noch weltweite Unterschiede zwischen 60 und 120fps.

Wer hat Recht?

Naja ... irgendwie alle --- ein bisschen.


Bei der guten alten fps-Diskussion werden prinzipiell zwei Dinge gerne komplett außer Acht gelassen:

1:
Die maximal unterscheidbaren Einzelbilder pro Sekunde sind etwas vollkommen anderes als die benötigte Anzahl Bilder die es braucht, um eine Bildabfolge als flüssige Bewegung wahrzunehmen.
Dazwischen besteht ein himmelweiter Unterschied.
Ich würde schätzen, dass ich im Normalfall zwischen 5 und 10 gänzlich verschiedener Bilder pro Sekunde unterscheiden könnte.
Gleichzeitig kennen aber vielleicht viele den Moment beim Zocken, in dem im Adrenalinrausch tatsächlich eine sehr schnelle Bildabfolge im Nachhinein genau identifizierbar im Gedächtnis bleibt, gerade in schnellen Shootern kommt so etwas vor.
Gleichzeitig sehen wir die mini-Animation eines Daumenkinos als (relativ) flüssige Bewegung an.
Dahinter steckt natürlich wieder eine Menge Psychologie. Häufig wollen wir etwas als flüssige Bewegung wahrnehmen, bei der Suche nach den maximalen fps im Spiel hingegen suchen wir den kurzen Mikroruckler.
Am Ende möchte ich aber hier gerade nur diesen kleinen Unterschied vom Anfang nochmal aufzeigen: Die 24fps sind laut Wissenschaft eine statistische Anzahl von maximal unterscheidbaren Einzelbildern für den durchschnittlichen Menschen, und wurden auch mit Hinblick auf geringe Produktionskosten für Film und Fernsehen mal als "flüssig" spezifiziert.
Das hat nicht wirklich etwas damit zu tun, wieviel fps man wirklich braucht, damit etwas flüssig wirkt, das variiert stark von Mensch zu Mensch und auch zwischen verschiedenen Situationen und Lebenslagen.


2:
Hier kommen wir mal zum Kern dessen, was mir heute im Kopf herumgeisterte:

fps allein sagen nicht viel über die Wahrnehmung einer Bildfolge als "flüssig" aus.

Ein häufig sehr stiefmütterlich betrachteter Teil ist die Frametime, genauer gesagt die Varianz der Frametime.
Oder ganz einfach gesagt: Wie gleichmäßig sind die zeitlichen Abstände zwischen den einzelnen Bildern, die mir angezeigt werden?

Hier kommen wir wieder zurück auf 24fps vs 60fps:
Fernsehbilder empfinden wir (meistens, ich zumindest nicht immer) als flüssig, weil sie alle den exakt selben zeitlichen Abstand haben (was übrigens auch nicht immer so war, frühere Filme sehen deshalb bei selbigen fps teils viel ruckliger aus).

Hingegen spuckt eine Grafikkarte, die am Limit so gerade die durchschnittlichen 60fps erreicht, ihre Bilder relativ ungleichmäßig aus, nämlich immer dann, wenn sie fertig sind.
Das fühlt sich dann einfach viel ruckliger an.

Daraus können wir nun eine ganze Menge Effekte erklären, denen man begegnet:

Eine Grafikkarte, die deutlich mehr fps liefern könnte aber auf 30/60/... fps begrenzt ist, spuckt trotzdem ein subjektiv flüssigeres Video aus als eine, die diese Anzahl am Leistungslimit erreicht. Einfach, weil sie sich den Luxus gönnen kann die Bilder mit präziserem Timing auszugeben.

Zudem erklärt es noch ein Phänomen, dessen Existenz immer noch umstritten: Höhere fps auf einem Monitor mit geringer Bildwiederholrate können trotzdem flüssiger wirken. Warum?

Am Eingang des Monitors stoßen zwei Dinge zusammen: Die ungleichmäßige Videoausgabe der Grafikkarte, und die genau fixierte und zeitlich immer perfekt getimte Bildverarbeitung des Monitors.

Wenn nun zwei Bilder der Grafikkarte in maximal der Hälfte der Zeit fertig sind, also in der Zeit die der Monitor jedem einzelnen Bild auf der Anzeige gibt, so geht eines davon einfach verloren.
Das ist trivial für den Fall, dass die fps doppelt so hoch sind wie die Bildwiederholrate des Monitors, hingegen aber sehr interessant im Falle einer zeitlich sehr ungleichmäßigen Bildausgabe, die insgesamt trotzdem ungefähr so schnell ist wie der Monitor:
Wenn ich eine Bildausgabe von bspw. 60fps an einen 60Hz Monitor schicke, jedoch plötzlich zwei Bilder sehr schnell und das anschließende Bild sehr langsam berechnet werden, kann eines davon verloren gehen.
Technisch gesehen habe ich also für die Dauer von zwei Bildern nur 30fps.

Nun sind 30fps zwar immer noch nicht langsam, in einem konstanten Strom von 60 Bildern pro Sekunde nehme ich sie aber als Ruckeln wahr. Und frage mich, wieso zum Geier ich bei dauerhaft erzeugten 60fps der Grafikkarte ein Ruckeln wahrnehme.

Hier kommt nun der Vorteil von höheren-fps-als-Hz ins Spiel: Je höher die fps sind, desto geringer kann die zeitliche Abweichung zwischen den Einzelbildern sein, und umso genauer passt der Videostrom der Grafikkarte zur Abfrage des Monitors.

Das klingt mal wieder kompliziert, deshalb möchte ich ein Beispiel geben:

Nehmen wir einen Beispielfall: Mein Monitor hat 10Hz, meine Grafikkarte produziert 100fps.
Die 10Hz des Monitors werden zeitlich sehr exakt dargestellt, die 100 Bilder der Grafikkarte variieren in ihren zeitlichen Abständen.

Nun würde der Monitor im Durchschnitt jedes 10. Bild aus dem Videoeingang anzeigen.
Falls nun aber tatsächlich mal die zeitlichen Abstände zu stark variieren, so wird er möglicherweise mal das 9.-nächste Bild nehmen, welches dem Nachfolger, der eigentlich drangekommen wäre, aber wohl sehr ähnlich sein wird. Ähnlicher, als wenn dazwischen deutlich weniger weitere Bilder liegen würden oder ich eben im 60fps-60Hz-Fall tatsächlich mal ein Bild doppelt nehmen muss, weil noch nichts anderes da ist.


Aus diesem Grunde sind die fps alleine nur sehr bedingt aussagekräftig für die empfundene Flüssigkeit eines bewegten Videos, die frametime ist ebenso wichtig.


Das war nun mit Sicherheit ein wenig unverständlich. Ich bin kein guter Schreiber, das Sachverhalt ist nicht der allerleichteste und nicht einfach in Worte zu fassen noch zu verstehen, und gerade (und vermutlich auch wenn du das hier liest) ist nicht die beste Uhrzeit für so etwas :D

Ich gehe aber gerne auf Kommentare ein ;)
 
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