Grenzstromerzeugung heranzuziehen ist mancherorten sehr beliebt (war nicht ein KIT Prof für Verbrennungsmotoren der offenbar sein Lebenswerk entwertet sieht einer der ersten?), aber sehr umstritten.
Ja, die meisten Studien dazu kommen leider vom KIT und sind in ihren restlichen Interpretationen mit Vorsicht zu genießen. Das Grundkonzept ist aber sehr solide und wird umgekehrt nur von Leuten angegriffen, die sich entweder nicht näher damit auseinandersetzen wollen oder eine Elektroagenda haben:
Stom einzusparen ermöglicht die Stromproduktion zu drosseln, beginnend mit den dreckigsten Kraftwerken. Mehr Strom verbrauchen bedeutet umgekehrt mehr Stromproduktion und da wir die Erneuerbaren bereits so intensiv nutzen und so schnell ausbauen, wie das möglich ist (sozio-ökonomisch-politisch möglich. Technisch ginge natürlich viel mehr, aber diese Diskrepanz lösen Batterieautos auch nicht), erfolgt diese Mehrproduktion zu 100% in den Kraftwerken, die leicht aktivierbare, billige Kapazitäten frei haben:
Kohlekraftwerke. In Deutschland als i-Tüpfelchen sogar Braunkohle, ich rechne der Einfachheit halber allerdings mit einer Mischung aus Braun- und Steinkohle.
Den Overhead hab ich nicht aus der Hüfte geschossen, lediglich die Verbräuche:
Viele von Ihnen wissen, dass ich regelmäßig die Behauptung entkräfte, dass Dieselfahrzeuge weniger CO2 ausstoßen als Elektrofahrzeuge. Aber eine Sache, die ich nicht wirklich herausgefunden habe, ist…
innovationorigins.com
Ui. Die Einleitung deckt sich gut mit meinem Eindruck
:
"eine Sache, die ich nicht wirklich herausgefunden habe, ist, wie viel CO2 bei der Produktion von Benzin und Diesel ausgestoßen wird"
"nur die Zahlen von RVO/CE-Delft/TNO1
berücksichtigt, ohne wirklich zu verstehen, wie sie zu diesen Zahlen gekommen sind"
Allerdings ist die zur Überwindung dieser Probleme vorgestellte Datenlage auch nicht optimal:
- Die im Zentrum stehende Studie zu den Ölemissionen berücksichtigt z.B. auch "exploration, drilling and development". Also Emissionen, die bei Nutzung der bestehenden Bohrlöcher überhaupt nicht entstehen und die vermutlich nicht unerheblich sind. (Genau Zahlen zur Emissionsverteilung veröffentlicht die Ölindustrie wohl nicht, aber bei 60% bis über 90% des finanziellen Aufwandes für die Vorbereitung, halte ich 50% der Emissionen erstmal für gut möglich, bis jemand bessere Angaben findet.) Die vorgestellte Rechnung gilt also nur für eine dauerhafte Weiterführung fossiler Ölnutzung, die aber niemand vorschlägt, nicht für den Ist-Zustand im Moment/die nächsten Jahre.
- Die berechneten Emissionen unterscheiden sich extrem nach Herkunftsländern und hängen vor allem davon ab, wie mit enthaltenem Methan umgegangen wird. Positivbeispiele hierzu: Norwegen, UK, Dänemark. Negativbeispiele: Algerien, Venezuela, Iran. Wo kaufen wir ein? Und die Negativbeispiele liegen extrem schwer auf dem Mittelwert. Für ein Best-Case-Szenario beschreiben die Autoren selbst, wie Norwegen auf 0,2 g/MJ kommen könnte statt den 10,3 g/MJ globaler Durchschnitt. Leider wurden 35% unserer Ölversorgung letztes Jahr umgestellt, so dass genaue Angaben schwierig sind, aber 20% unter Schnitt dürften wir hierzulande durchaus schaffen.
- Zur zitierten Studie zu den Raffinerie-Emissionen kann ich weniger sagen, ohne 40 € zu investieren (in Sachen Wissensvermittlung schneidet Springer manchmal noch schlechter ab als A. Springer...), aber die genannten 10,2 g/MJ erscheinen extrem hoch gegriffen. Hier mal ein etwas älteres
PDF (Seite 8/9) zu den damaligen Gesamt-Emissionen europäischer Treibhausquellen. Während die Förderungsdaten sicherlich veraltet und definitiv weniger detailiert als in obiger Studie sind, werden da u.a. 6 g/MJ für Norwegen, 8 g/Mj für UK und eine kanadische (nicht-Teersand-)Quelle insgesamt angegeben sowie 12,4 g für eine russische Sorte, die ziemlich exakt 50% Raffinierungsanteil hat. Das macht also rund 5-6 g/MJ für die Raffinierung und seitdem haben die EU-Raffinierien eigentlich Fortschritte in der Emissionsvermeidung gemacht. ("Gas verkaufen" statt "Gas abfackeln" braucht nicht all zu viel politischen Druck)
tl;dr: Während ich die genannten 30% nicht als "falsch" bezeichnen würde, scheint sie mir auf Annahmen zu basieren, die eher für eine weltweite Fortführung der Verbrennermobilität ohne jegliche Änderungen und unter Nutzung auch der dreckigsten Quellen zutreffen. Für das konkrete Thema "Autofahren in Deutschland in den nächsten Jahrzehnten" ("...bis eine bessere Primärenergie verfügbar ist, sei es für Batterien, Brennstoffzellen oder als E-Fuel") würde ich statt 10,2 + 10,3 g/MJ eher 4 + 8 g/MJ ansetzen, also 16% Mehremissionen vor dem Tank.
Das wohlgemerkt ausgehend von den gleichen bzw. ähnlichen Zahlen. Es gibt auch alternative Deutungen auf Grundlage von ganz anderen Schätzungen (ich glaube, ich habe mal was um die 5% gesehen als Untergrenze, 10-20% sind häufig), aber die Fragestellung ist definitiv sehr schwer zu beantworten, da muss ich dem Autor der von dir verlinkten Seite uneingeschränkt zustimmen. Nicht, weil es technisch so schwer wäre, eine Angabe zu machen. (CO2-Äquivalent gefördertes Rohöl aufgeteilt auf den Kohlenstoffgehalt verbrauchter, Öl-basierter Kraftstoffe = reale Gesamtemissionen derselben. Tanker, Raffinerien, Tanklastzüge, Verdunstung, Abfackelung, etc. speisen ihren Bedarf schließlich nahezu vollständig aus den Ölquellen selbst; am Ende landet jedes C in der Umwelt und allenfalls der CH4-Anteil macht klimatisch einen Unterschied) Aber leider hat die eine Seite kein Interesse, derartige Zahlen überhaupt zu veröffentlichen und diejenigen, die trotzdem irgendwas rausfinden, haben immer ein Interesse, ihre Leistung möglichst groß und die Ölindustrie extra schlecht dastehen zu lassen
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Ein mäßiger Benziner dürfte auch auf der Bahn deutlich über 10l liegen...Oder ist das dann schon ein saumäßiger und du meinst du einen sich im verbrauch mäßigender?
Ich brauche bei ziemlich konstant Tempo 130 (in Frankreich) um die 7 l/100 km. (Deutschland liegt im Verbrauchsschnitt nicht viel anders, nur die Geschwindigkeitsangabe ist schwieriger) Ein von mir probegefahrenes Konkurrenzmodell lag rund einen Liter drunter. Technisch möglich wäre noch deutlich weniger, denn es gibt Serienautos vergleichbarer Größe mit 20-30% niedrigerem Luftwiderstand wie meiner und meine Motordrehzahlen liegen wegen einem zu kurzen 6. Gang bereits in einem Bereich, der bei Landstraßentempo (wo man sie im 5. erreicht und nochmal hochschalten kann) wenigstens 10% Raum für Einsparungen lässt. Da der Wagen für Landstraßenrollen aber eigentlich schon zu stark / im ineffizienteren Niedriglastbereich unterwegs ist / noch längere Gänge und eine niedrigere Minimaldrehzahl bräuchte, schätze ich das Effizienz-Potential wenigstens auf 20% allein durch Annäherung an den optimalen Betriebspunkt ein. 0.8 * 0.8 * 7 l = 4,5 l wäre demnach mein Maßstab für einen "guten" Benziner, den aber meines Wissens nach halt keiner verkauft.
Darüber hinaus gibt gäbe es noch modernere Motortechnik (Mazda: rund 10-15% Verbrauchsreduktion) und extreme Karosserieoptimierungen (Vorbild EQXX, dessen Widerstand mit einem kompakten Verbrenner und weniger Gewicht viel leichter erreichbar wäre) für weitere 20%. Mit heutiger Technik halte ich 3 l @ Tempo 130 bei Platzangebot für vier Personen oder zwei plus Gepäck und vollem Komfort technisch machbar.
Man müsste nur wollen. (Und auf Seiten der Kunden sicherlich 20% Aufpreis hinnehmen. Was aber immer noch billiger als ein Batterieauto mit 400 km Realreichweite wäre)
Oder anders, ohne eAutos gäbe es den starken Ausbau der EE gar nicht in dem Maße...
Ich rede vom Ausbau von Stromverteilernetzen bis an jeden Boardstein, teils unter Anpassung des gesamten Straßenraums, von Starkstromleitungen an jeden Autobahnparkplatz, von Ladesäulen, Zwischenspeichern, etc..
Das Batterieautos dagegen für zusätzliche EE sorgen, wäre mir neu. (Sion ausgenommen
) Standardaussage ist: "Wir bauen so schnell aus, wie wir können". Es ist zwar (s.o.) eher ein "so schnell wir wollen", aber daran ändern Batterieautos halt rein gar nichts. Die einspeisbare Ökostromproduktion wird im Moment zu ~100% abgenommen, zusätzliche Verbraucher können hier keine zusätzlichen Anreize schaffen. Und wenn wir irgendwann Überschüsse haben, dann zunächst an einem Juli-Nachmittag, wenn die Hälfte der deutschen Autos in einem Urlaubsausflug auf der Straße ist, nicht an einem Dezember-Feierabend, wenn sie alle an der Ladesäule stehen.
Das man die Vorraussetzungen dafür schaffen muss, dass man irgendwann zukünftig 100% EE haben kann ist nunmal so, da kommst nicht drum herum.
Mein Problem ist, dass diese Vorraussetzungen nicht geschaffen werden, weil "kein Geld da ist", während gleichzeitig Geld in Batterieautos verschwindet. Deutschland drückt sich eben gerade darum, endlich für 100% EE zu sorgen, in dem es sich Batterieautos als ""grünes"" Feigenblättchen vorhält. Dabei sind die eben tiefschwarz, bis der erste Schritt "für Strom" sorgen, erledigt ist. Selbst nach politischen Versprechern haben wir bis 2035 Kohlestrom im Netz und nach der aktuellen Ausbaugeschwindigkeit müssen wir diesen Termin noch deutlich nach hinten verschieben oder aber polnischen Kohlestrom importieren, was aufs gleiche hinauskommt: Der Zeitpunkt, an dem Batterieautos auch nur teilweise sauber laden können, liegt also noch weit in der Zukunft. Sehr weit, wenn man bedenkt, dass 100% EE im Strom nicht einmal die halbe Miete sind. Wärme- und Prozessenergie machen einen drei bis viermal so großen Batzen aus und Umstellungen dort sind oft viel einfacher, kostengünstiger und damit in Sachen Klimaschutz wirkungsvoller, als Verbrenner gegen Batterieautos auszutauschen.
Würden sich Deutschland !ENDLICH! auf Klimaschutz konzentrieren, anstatt schon wieder VW & Co Milliarden in den Arsch zu blasen, hätten wir bis zu einer Steigerung der EE-Produktion auf mindestens 150-200% des heutigen Strom-Niveaus (nicht 300-400%, da Wärmepumpen den Anteil der Wärme an der Primärenergie reduzeren sollten) keinen Bedarf an Batterieautos (ausgenommen Szenarien, wo Elektromotoren einfach Sinn machen, z.B. Stop & Go Lieferverkehr). Und das wird beim heutigen Ausbautempo wohl eher 2050 denn 2040 soweit sein. Wenn die Union zurückkommt eher 2060.
ERST DANN stellt sich in meinen Augen überhaupt die Frage, ob P2L, P2G oder Batterien die optimale Technik sind, um die zeitliche Verteilung von Produktion und Verbrauch aufeinander abzustimmen und ob die Antwort darauf im Falle von Autos überhaupt "Batterie" lautet, ist mit soviel Entwicklungszeit imho ziemlich offen. Aber vorsorglich verbieten wir eine Technik schon mal nach dem ersten Drittel dieses Zeitraums.