Naja, bei der Studie wurde die bekannte Frustrations-Aggressions-Hypothese aus der Psychologie (wieder einmal) auf einen Sachverhalt angewandt der bis dato so nicht untersucht wurde. Mag zwar vielleicht jetzt wenig sensationell klingen, aber das ist absolut gängige Praxis und auch notwendig in der Forschung, dass so etwas gemacht wird.
Weiß nicht, wie das in der Psychologie ist - aber in den Naturwissenschaften wäre es üblich, Hypothesen zu verallgemeinern, verallgemeinert zu überprüfen und dann allenfalls noch im Rahmen von Semester- oder bestenfalls (wenn man Zahlen für einen konkreten Fall braucht) Diplomarbeit zu testen. Aber in einer großen Studie mit vier Autoren und scheinbar einer ganzen Reihe von Experimenten?
Naja, wer das Geld hat...
Wer sich auch nur ansatzweise mit Psychologie auseinandergesetzt hat und einen ungefähren Überblick über den Stand der Wissenschaft hat, dem ist klar, dass sich die Konstrukte Aggression, Gewaltbereitschaft, Hemmschwelle für Gewalt etc. keinesfalls so trennen lassen wie du das vorschlägst. Der Einsatz von Gewalt ist per Definition schon Aggression. Wer eine geringere Hemmschwelle für den Einsatz von Gewalt (körperlicher und psychischer) hat, der gilt psychologisch gesehen als aggressiver. Insofern ist es natürlich höchst relevant ob nun die im Spiel dargestellte Gewalt "aggressiv macht" (i.e. indem sie die Hemmschwelle senkt) oder ob das überhaupt nicht der Fall ist und sozusagen die Art der Spielmechanik "aggressiv macht" indem sie den Spieler starker Frustration aussetzt.
Ich kenne die Fachtermine von Psychologen nicht exakt (und habe in Arbeiten, die sich mit menschlichem Verhalten beschäftigen, auch alzu oft festgestellt, dass viele Begriffe nicht wirklich exakt definiert sind), in sofern sorry für die unkorrekte Verwendung.
Es ist aber definitiv zu Unterscheiden zwischen der Aggessivität einer Person, d.h. einen
befristeten emotionalen Zustand mit einer konkreten Ursache, der u.a. einen Trieb zur Schädigung anderer (nicht zwingend Personen, nicht zwingend Gewalt, möglicherweise in andere Aktivitäten umleitbar) verursacht; und einer im Character verankterten Hemmschwelle, die sich über
lange Zeiträume in Interaktion mit der persönlichen Umgebung (einschließlich virtueller Einflüsse), deren Normen und wiederkehrender Ereignisse/Handlungen herausprägt.
Natürlich hängt die tatsächliche Ausübung von Gewalt vom Verhältnis der beiden ab. Aber hier wurde nicht die tatsächliche Ausübung untersucht, sondern die Schmerzempfindlichkeit als Proxy für die Aggression verwendet (letztlich dürfte es eher das Testosteronlevel sein) und dies auch nur kurzfristig nach einem singulären Einfluss. Von einer Kreuzanalyse der Hemmschwelle einzelner Personen lese ich dagegen nichts.
=> diese Studie hat keinerlei Aussagekraft über die Hypothese, dass gewaltätige Spiele die Hemmschwelle für Gewalt senken. Sie beschränkt sich allein auf die Korrelation Frust->Aggressionslevel. Und stellt fest, dass Frust aufgrund von Computerspielen sich hier nicht anders auswirkt, als unzählige andere Frustquellen. Imho ein wirklich winziger Erkenntnisgewinn.