Du siehst Star Citizen also in der "sieht heute unmöglich aus, aber wer weiß, was in 30 Jahren ist"-Klasse, wirfst anderen aber die Vermischung von Meinung und Fakten vor? ^^
(An der Stelle die Anmerkung, das eine Verknüpfung von Handy, WAP und PDA vor 25 Jahren absolut naheliegend und für jeden Technik-Versierten vollkommen logisch als "die Zukunft" erschien. Nur das Duell zwischen Eingabemethoden und Formfaktor konnte mangels bezahlbarer Technik der gewünschten Leistungsklasse damals noch noch nicht stattfinden. Ob das vor 30 Jahren jeder komplett ausgeschlossen hätte, kann ich altersbedingt nicht sagen, verweise aber Atari Portfolio und andere Palmtops, die die gleiche Nische schon in den 80er adressierten.)
Chris Roberts Projekte im letzten Vierteljahrhundert stellen sich jedenfalls wie folgt dar:
- Wing Commander Film: Ein reiner Flop
- Loose Cannon (afaik nur als Produzer beteiligt): eingestellt
- Frontier Wars (dito): eingestellt, die Reste irgendwann verkauft (und dann von jemand anderem weiter entwickelt)
- Starlancer: Kommerziell nicht erfolgreich, Bugs bis heute nicht gefixt, die von Roberts ursprünglich angestrebten spielerischen Freiheiten komplett gestrichen und für Freelancer aufgehoben. (Da macht sich die Co-Entwicklung mit einem zweiten Studio bemerkbar^^)
- Freelancer: Studio zum eigentlich angekündigten Release-Jahr verlassen, in den folgenden drei Jahren (!) andere beraten, die einen Teil der ursprünglichen Ankündigungen zu etwas spielbaren geformt haben.
- PoNR-Entertainment-Zeit: Projekte nicht genau abgrenzbar, aber zwei Jahre lang waren Film-/Serienproduktionen das Ziel und es kam genau 0 dabei heraus
- Edison: So "gut", dass er entgegen der ursprünglichen Planung direct-to-DVD wurde
- Timber Falls: Nie in Deutschland released, 38 Prozent auf dem Tomatometer...
- Outlander: Kommerzieller Flop, schlecht gemacht
- Who's your Caddy?: 6 Prozent Tomate...
- The Big White: 30 Prozent
- In den Staub geschrieben: 36 Prozent
- Lucky Number Slevin: Tatsächlich eine erfolgreiche Produktion von Chris Roberts!
- God of War: Muss man hoffentlich nichts zu sagen – das eine Projekt, wofür man Roberts in diesem Jahrtausend dankbar sein sollte, auch wenn (oder gerade weil?) er nur einer von mehreren Produzenten war und sich afaik nicht ins kreative eingemischt hat.
- Taming Ben Taylor: Schon in der Konzeptionsphase so schlecht, dass wir nur durch Kevin Costners Millionenklage gegen Roberts Produktionsfirma davon erfahren haben. An dieser Stelle die Anmerkung, dass diese und die vorangegangenen acht Produktionen von ihm nicht so sehr aus künstlerischem Philantropismus finanziert wurden, sondern samt und sonders Steuerschlupflöcher-Tricks waren, deren Budget letztlich zu großen Teilen aus der deutschen Medienförderung abgesaugt wurde. Afaik war das gleiche Schlupfloch auch für so manchen Klassiker von Uwe Boll verantwortlich, den auch niemand als großen Visionär feiert. (Zugegeben hat der halt auch nicht den einzigen wirklich sehenswerten Cage seit langem unterm Gürtel.)
- Star Citizen
- Squadron 42
(Der Dank für die Grundlage dieser Recherche geht an diverse Wikipedia-Autoren
)
Das sind übrigens alle Projekte die er überhaupt nach der Origin-Ära gemacht hat. Und selbige bestand aus zwei C64-Titeln, die vermutlich jeder außer den härtesten Fans ergooglen müsste, drei Wing-Commander-Titeln (WC2 war er kaum beteiligt, Prophecy sowieso nicht.) und eben Strike Commander. Letzteres war übrigens dreimal so lange in Entwicklung, wie ursprünglich geplant und ein Großteil dieser Arbeit floss in Elemente, die im späteren Spiel nicht verwendet werden konnten. Chris Roberts selbst soll die Arbeiten mit dem Dreh an Apocalypse Now verglichen haben, was eigentlich eine Referenz für "unfähige Team- und Produktionsleitung" ist. Am von dir gelobten Pacific Strike (meinem Wissen nach ohne -Commander) müsste Roberts übrigens kaum noch beteiligt gewesen sein. In der Zeit hat er WCIII gemacht.
Was ich, denke ich, somit durchaus objektiv und weit ab einer reinen persönlichen Meinung sagen kann:
Das Chris Roberts ein Projekt leitet führt nicht automatisch zu einem genialen Ergebnis.
Selbst Peter Molyneux hat eine höhere Erfolgsquote, insbesondere was wechselnde Spielkonzepte angeht. ("Wing Commander", "Wing Commander (auf der Erde)", "(wieder) Wing Commander" und "Wing Commander (es kann nicht genug geben)" sind doch eine etwas einseitige Auflistung von Karriere-Highlights. Wenn auch zugegebenermaßen ziemlich gute Referenzen für jemanden, der ein Squadron 42 entwickeln möchte und für Star Citizen die drittbesten nach Privateer I/II, was mit Erin ja in Reichweite sitzt, und X/X/X/X.)
Bezüglich der Features: Wenn du alle Hoffnungen/Andeutungen auf der Frühphase mitzählen willst, kann ich deinen Wunsch nach einer Liste nicht erfüllen, da ich nicht minutiös jeden Atemzug von Roberts verfolge. Vermutlich wurden 90 Prozent der Hoffnungen für Star Citizen sogar schon in der Freelancer-Entwicklung erwähnt – wie gesagt: Visionen kann der Mann. (Andere aber auch)
Was aber meiner Erinnerung nach vor einigen Jahren noch nicht Bestandteil des offiziellen Release-Ziels von Star Citizen war: Die Entwicklung eines Shooters, einen Rennspiels, eines Survival- & Exploration-Games, eines Text-Adventures bzw. dessen Parserqualitäten in modernem NPC-Interaktionsgewands und eines Lebens-Simulators. Statt einer Kombination aus Second Life, Minecraft, Wipeout und Voyager: Elite Force habe ich die Ankündigung eines Privateer-Nachfolgers mit einer Wing-Commander-Single-Player-Kampagne in Erinnerung. Und das war gut so und nicht nur in meinen Augen, sondern auch in denen von Millionen von Geldgebern.