Das war die Kirche. "Fisch" darf an Fastentagen gegessen werden, "Fleisch" nicht. Wenn man sich die historischen Varianten anguckt, dann hat diese Trennung nicht einmal etwas mit der biologischen Ordnung oder der Lebensweise zu tun. Ökologisch ist der Fischkonsum übringes das weitaus größere Problem, dass in den nächsten Jahrzehnten zunehmend in massivem Mangel und Mangelernährungen aufgehen dürfte.
An sich geht es hier auch nicht um Gesundheit in diesem Kontext. Ich brachte dies in dieser Diskussion ein, da vegane Ernährung einen geringeren ökologischen Fußabdruck, wesentlich weniger CO2-äquvialente-Emissionen bedeutet. Wenn sich also mehr Menschen als jetzt vegan ernährten, dann hat das für das Klima ... verschtehscht?
Wenn du über "mehr Menschen machen X" reden willst, solltest du nicht über "allen Menschen wird X vorgeschrieben" sprechen. Hast du aber. Da solltest du dich nicht wundern, wenn die Diskussion sich darum dreht und nicht um das, was du vielleicht gedacht, aber nicht gesagt hast.
Dann nähmst Du also wiederum spiegelverkehrt auf dieses Szenario bezogen an, dass Veganer*innen in jetziger gesellschaftlicher Situation sich also vegan gesünder ernährten?
Ich nehme an, dass sich heutige Veganer zu einem größeren Teil aus der Gruppe sich bewusst Ernährender rekrutieren als heutige nicht-Veganer, ja.
Auch wenn ich tierethisch gesehen für eine Abschaffung der Tierausbeutung bin, fände ich grundsätzlich Reduzierung der Tierproduktion begrüßenswert. Um zum Thema "Ökologischer Fußabdruck" zurückzukommen, müsste geschaut werden, welche Lebensweise und welche Facetten davon tatsächlich tragbar wäre. Und klar, wird das nicht der 60 Kilo-Fleischverbrauchsdurchschnitt der Deutschen sein. Wenn mensch sich die CO2-äquivalenten Werte anschaut, die mit Tierprodukten einhergehen, der wird feststellen, dass anhand veganer Ernährung wesentlich weniger Emissionen bedingt. Wobei ich damit nicht eine "Diät" aus Flugobst, Avocados und Cashewkernen im Sinne habe.
Aber Cashews sind leckerer als Walnuss.
Bei den CO2-äquivalenten Werten übrigens aufpassen: Oft werden blind Durchschnittswerte aus der landwirtschaftlichen Produktion für menschliche Ernährung blind auf Tierfutter übertragen und dann mit der Futtereffizienz von Tieren verrechnet. Tierfutter hat aber typischerweise eine viel bessere Ökobilanz als Menschenfutter, weil Tiere weitaus weniger wählerisch sind und fast alles fessen, was irgendwo wächst, statt nur die Fruchtkörper von ein paar außgewählten Pflanzen, die mancherorts nur mit Mühe großzuziehen sind. Die Klimabilanz insbesondere von Rindfleisch ist zwar trotzdem miserabel, aber nicht ganz so katastrophal, wie von manch Aktivisten verbreitet. (Irgendwo hier im Forum hatte ich mal die Mengenbilanz von Futter- und Zuckermais verglichen. Iirc brachte Futtermais pro ha die 3-4 fache Kalorienmenge in die carnivore Nahrungskette ein, als Zuckermais für den direkten menschlichen Verzehr in die potentiell vegane. Klar, in Schweinesteak umgerechnet reduziert sich die auf dem Teller landende Menge dann noch um 80-90%, aber wenn es einem nur um die Ökologie geht, dann bleibt allein durch die Verwertung von Grünschnitt, Biomüll, Pflanzenresten und natürlich für Ackerbau ungeeigneten Flächen noch einiges an Potential für Tierhaltung übrig. Man muss sich nicht die Wurst von der Stulle nehmen lassen, wenn man die Umwelt retten will - nur das Steak vom Grill. Wobei ich selbst da gelegentlichen Fleischkonsum als weitaus weniger schädlich und weitaus wohltuender erachte, als manch andere Klimasünde, die sich sehr viele leisten. Schaschlik statt Schmartphone!)
... eine Entscheidung nach einem langen gesellschaftlichen Prozess. Aber ja, es kann sich entlang Deiner Vorstellung entwickeln, muss es aber nicht.
Umso weniger wohl, wenn sich mensch davor Gedanken macht und das geplant angeht. Veganer*innen bemühen sich bereits jetzt bspw. um Tiere, die für die Tierundustrie nicht mehr verwertbar erscheinen. Siehe
Lebenshöfe.
Sorry, aber für die Tierindustrie ist alles verwertbar. Ein altes (naja... mitteljunges...) Milchrind mag niemand auf den Teller bekommen, aber für Hundefutter ist das Fleisch mehr als gut genug, ausgekocht kann es ebenfalls werden und bei Gelatine oder ähnlichem interessiert man sich überhaupt nicht für die Herkunft. Ethisch-moralisch gibt es verdammt viel an der industriellen Tiernutzung zu kritisieren, aber sie lässt praktisch nichts ungenutzt. Umgekehrt sind Gnadenhöfe unter ökologischen Gesichtspunkten natürlich katastrophal: Voller Ressourceneinsatz der Tierhaltung, aber keinerlei Output. Das ist eines der klassichen Beispiele, wo Tierschutz sogar das Gegenteil von Umweltschutz ist, von Klimaschutz sowieso.
Naja, vorherrschender Speziesismus ist eben fest verankert. Zuletzt allerdings wird dieser immer mehr kritisiert und die Tierindustrie sieht sich teils genötigt, sich für ihre Gräuel rechtfertigen zu müssen bzw. Verbesserungen bei den Haltungsbedingungen zu geloben. Ein gewisser Veränderungsdruck ist also da.
Ich denke schon, dass da auch radikale Reformen theoretisch juristisch umsetzbar sind. Allerdings gibt es neben den bereits erwähnten "Traditionen" auch Kapitalinteressen. Eine Überwindung des Status Quo zeigt sich wie auch beim sogenannten Kohleausstieg als zäher Prozess. Eigentlich bin ich an dieser Stelle überrascht, was Du da schreibst. Bist Du dann bspw. für die Streichung jeglicher Subventionen für die Tierproduktion?
Natürlich. Ich bin ganz allgemein kein guter Freund von Subventionen überhaupt, aber Vorgänge zu subventionieren, die bereits in größerem Maße stattfinden als gewünscht, schlägt dem Fass den Boden aus. Sowas gehört definitiv abgeschafft, in der Landwirtschaft genauso wie beim Automobilbau oder Fluggesellschaften. (Beim Zeitrahmen wären aber auch hier einige sozioökonomische Aspekte zu berücksichtigen. Wirtschaftsregeln für ganze Branchen kann man, wenn die Umsetzung keinen Investitionen erfordert, recht flott ändern. Im Falle der Tierhaltung würde ich 3-5 Umlaufzyklen anrechnen, also irgendwas zwischen 5*6 Monate -Grillhähnchen- und 5*5 Jahre -Milchvieh-. Aber bei Existenzstützen muss man den Zeitrahmen der Lebensentwürfe von Menschen und die Zukunftsplanung ganzer Regionen berücksichtigen, da ist man schnell bei ettlichen Jahrzehnten.)
Zur bisherigen Entwicklung: Ich habe da ein anderes Bild. Wir stehen nicht vor einem plötzlichen Umschung nach langem Nichtstun, sondern in einer kontinuierlichen Entwicklung. In den letzten 30-40 Jahren wurden schon Käfighaltung von Hühnern verboten, die Auflagen für Tiertransporte vielfach erhöht, Auslaufregeln eingeführt, reine Tierquälerei sowieso verboten, etc.. Aber es hat sich eben noch kein Konsenz herausgebildet, dass Parteien die betäubungslose Ferkelkastration beibehalten, Antibiotika-abhängige Stallformen befürworten und diverse Verstümmelungen zur Steigerung der Haltungsdichte schützen, weniger als 30-35% der Stimmen verdienen. Dass das Thema aktuell in den Medien mal wieder etwas präsenter ist, liegt auch nur an Tönnies und primär werden die Arbeits-, nicht Haltungsbedingungen in der Fleischindustrie besprochen. Enthüllungsvideos zu letzteren gab es dagegen vor 25 Jahren genauso, wie vor 25 Tagen (okay - ohne Youtube mit etwas weniger Publicity) und die Aufschreie verhallen heute mit genauso wenig Wirkung, wie früher. Ich sehe da keine deutliche Änderung im Ablauf.
Du hast das "In-den-Tod-streicheln" vergessen. Liest sich wie eine ethisch saubere Geschichte. In dieser "Tierhaltungsidylle" zeigt sich die*der wahre Tierfreund*in darin,Tiere zu töten, von denen die*der zuvor behauptete, dass jene Tiere sogar glücklich wären.
Ich wusste, dass sich das jeder dazu denken wird und da die Tötung nicht Teil der Haltung ist (insbesondere nicht in dem Milchviehbeispiel - es geht schließlich um vegan, nicht num lasches Vegetariertum), habe ich es mal weggelassen.
(Davon abgesehen bin ich gegenüber vor-Ort-Schlachtung tatsächlich aus ethologischen Gründen skeptisch. Alle unsere Nutziere außer Geflügel orientieren sich zu einem geringeren Teil optisch als der Mensch und ganz so blöd, wie teilweise dargestellt, sind sie trotz ein paar Jahrtausenden Domestikation auch nicht. Wenn ein Herdenmitglied auf der Weide in eine Box getrieben wird, diese Box danach nach totem Tier riecht, vorher vielleicht noch ein paar iritierte Laute nach außen dringen und anschließend mitsamt Herdenmitglied verschwindet, dann erscheint mir das irgendwie invasiver, als wenn das Herdenmitglied von der Weite abgeführt wird, wie das in der bäuerlichen Aufzucht sowieso immer wieder vorkommt.)
Bacillus thuringiensis, ein Bakterienstamm dessen Mitglieder eine ganze Reihe von ("bt"-)Toxinen produzieren, welche für die ökologische Schädlingsbekämpfung zugelassen sind und fleißig auf (Bio-)Gemüse gespritzt werden. Das Resultat ist zwar ökotrophologisch und bodenökologisch besser als künstliche Insektizide, weil diese Gifte meines Wissens nach für den Menschen nicht einmal verdachtsweise bedenklich sind und leicht abgebaut werden, aber die betroffenen Insekten sind natürlich genauso tod wie mit irgend einer Chemiekeule von Bayer und afaik wirkt das Ganze auch nicht wesentlich artspezifischer. Die ökologische Schädlingsbekämpfung ist also genauso Massenmord an Tieren, wie die klassische und wäre von Maßregelungen bezüglich des "Handelns gegen Tierinteressen" in vollem Maße getroffen.
Okay, das kann (und sollte! ) mensch sicher machen. Solche Maßnahmen sind auf jeden Fall begrüßenswerte Verbesserungen. Es käme ALSO darauf an, NICHT NUR höher zu bepreisen, SONDERN AUCH gleichzeitig bezahlbare Mobilitätsalternativen zu schaffen. Fahrscheinfreien, ausgebauten ÖPNV fände ich zum Beispiel eine gute Sache. Das würde auch ein Stück weit Armut entkriminalisieren. Es würden wie bisher Arme nicht mehr für's "Schwarzfahren" eingebuchtet werden können.
Exakt. Wobei ich an dieser Stelle die Vielzahl möglicher Balancemaßnahmen nicht weiter ausdiskturieren wollte. Letztlich ist die Sache ganz simpel: Der Staat braucht Geld, um diverse Leistungen bereitzustellen. Wenn man an einer Stelle zusätzliche Staatseinnahmen schafft, um eine Lenkungswirkung zu erhalten, ist im nächsten Haushalt also Spielraum um das Leistungsangebot zu steigern oder bisherige Einnahmequellen und damit Belastungen abzubauen. Was am sinnvollsten ist, muss man gucken. Ich persönlich sehe, abseits von kostenlosem ÖPNV, vor allem bei den Lohnenebenkosten und dem ALGII-Niveau (nicht zwingend beim ALGII-Mechanismus) Handlungsbedarf. Da der mittlere Punkt der mit Abstand größte ist, geht es also nicht einmal umbedingt um größere Ausgaben, sondern vor allem um weniger Einnahmen. Bislang holt sich der Staat das benötigte Geld vor allen Dingen von Leuten, die arbeiten und Geld verdienen bzw. die arbeiten lassen und dafür Geld zahlen. Das ist aber eigentlich hocherwünschtes Verhalten. Ich wäre dafür, dass Geld stattdessen bei denen einzutreiben, die CO2 emittieren (bzw., da das leichter greifbarer ist: die für die CO2-Emission bestimmte Stoffe in den Handel bringen) und Flächen verbrauchen. Im Moment wird letzteres subventioniert, ersteres bestraft. Es ist günstiger (finanziell. ökologisch und sozial ist es eine katastrophe), einen einzeln Mitarbeiter täglich von Hamburg nach München fliegen zu lassen, als einfach eine 3/4tel Stelle in Hamburg und eine 3/4tel Stelle in München (je 1/2 Stelle Arbeit + 1/4 Stelle zur Koordination) zu schaffen