AW: Comet Lake: Core i5-10600 mit Hyper Threading bestätigt
[...] AMD hat PCIe 4.0 bei den meisten Boards deaktiviert, weil sie nicht für mögliche Schäden aufkommen wollten und Hersteller wie Asus das auch nicht wollten. Nennt sich Marktwirtschaft. [...]
Das nennt sich wohl eher spekulativer oder verklärter Blödsinn.
Die weitaus wahrscheinlichere Erklärung ist eine marktpolitische Entscheidung seitens AMD, die mit den technischen Gegebenheiten reichlich wenig zu tun gehabt haben dürfte.
Bereits vor dem Ryzen-Launch haben viele Mainboard-Hersteller erklärt, dass sie auf etlichen Boards PCIe 4.0 per BIOS-Update nachträglich freischallen wollen, d. h. die hatten ihre Boards schon evaluiert und geprüft, auf welchen dies problemlos möglich sein würde. Beispielsweise kam von ASUS nachträglich eine Liste mit neunzehn X470- und B450-MBs in Umlauf, die für ein entsprechendes BIOS-Update vorgesehen waren. (
Dementsprechend irrig ist auch die Annahme das X570-Boards so teuer sind, weil sie PCIe 4.0-Unterstützung bieten, denn das hätten auch schon etliche X470-Boards per BIOS-Update bieten können.)
AMD fing jedoch rechtzeitig die MB-Hersteller ein ... und ASUS noch einmal nachträglich, nachdem deren Liste nach dem Ryzen-Launch gelaked ist und erneut für Unmut sorgte. (
Untern Strich wird das wahrscheinlich eine relativ kurze Diskussion mit dem Hinweis auf AMDs Möglichkeiten einer freien Lieferpriorisierung und Preisgestaltung gewesen sein und dann war ASUS wieder auf Spur. -
Igor schrieb es recht unverblümt: "Und genau deshalb hat AMD seinen Boardpartner Asus in der Endkonsequenz nun abgemahnt.")
Eine derartige, nachträgliche Freischaltung wäre aus AMDs Sicht grundsätzlich negativ zu bewerten gewesen, da der MB-Markt dadurch zu zersplittern drohte und die Zahl an MB-Angeboten und damit auch AMDs Absatz mit Chipsätzen zu sinken drohte.
Eine nachträgliche Freischaltung hätten sich nur größere Hersteller leisten können, die das auch personell (Entwickungs- wie auch Support-technisch) unterbringen könnten und auch nur die, die bei ihren Designs mit ein klein wenig größeren Toleranzen gefertigt haben. Die, die aufgrund der knappen Margen am Limit designed und gefertigt haben, hätten ihre Boards nicht umstellen können, weil das Risiko bzgl. mangelnder Stabilität zu groß wäre, haben vielleicht nicht einmal die personellen Ressourcen dafür und handeln sich zudem noch eine Reputation bzgl. einem als schlecht wahrgenommenen Kundenserviceverhalten ein ("
Warum kann ASUS alle seine Boards umstellen, und Hersteller X meines nicht?").
Aus Kundenservice-Sicht wäre ein Update wünschenswert, jedoch wäre das für die Absatzzahlen insgesamt fatal, denn dadurch würde viel Umsatz verloren gehen, was in der MB-Branche, die grundsätzlich schon mit minimalen Margen arbeitet mehr als starker Tobak gewesen wäre. Die Aussichten hätten gar etliche kleinere Hersteller dazu bewegen können, ganz auszusteigen und keine neuen Boards aufzulegen und der ein oder andere große Hersteller hätte es bei diesen Aussichten vielleicht auch nur bei ein, zwei Neuauflagen belassen, was aus AMDs Sicht weder mit Blick auf die Chipsatzabsatzzahlen, noch mit Blick auf die Plattformattraktivität und Auswahlmöglichkeiten, noch mit Blick auf die Umsätze der MB-Hersteller wünschenswert gewesen wäre, denn es liegt auch in AMDs Interesse die (trotz der geringen Margen) bei Laune zu halten.
Die AM4-Plattform wäre für die MB-Hersteller zunehmend unattraktiver geworden, denn AMDs Langlebigkeitszusage zur AM4-Plattform ist vielleicht aus Sicht der Konsumenten und werbetechnisch eine tolle Sache, nicht jedoch für die MB-Hersteller.
Das Problem war nun, dass AMD den Markt nicht "unreguliert" lassen konnte, denn die Welle würde durchbrechen, sobald einer der Hersteller anfangen würde, einen Teil seiner Boards im "besten Kundeninteresse" nachträglich aufzuwerten um sich damit einen (Kundenservice/Support)Vorteil gegenüber seinen Mitbewerbern zu verschaffen. Schnell würde der nächste, der sich das hätte leisten können, nachziehen und am Ende würden ein Paar auf der Strecke bleiben.
AMD hat sich also aller Hersteller angenommen und diktiert, dass es keine nachträglich Umrüstung geben wird (bzw. geben darf und musste ASUS noch einmal nachträglich auf die Finger hauen). Wenn alle Hersteller gleichgeschaltet sind, gibt es keine Ausreißer und alle sind mit in etwa vergleichbaren Chancen unterwegs, die Plattform bleibt für die Hersteller aufgrund der potentiell höheren Absatzzahlen attraktiver, AMD garantiert, dass keiner aus der Reihe tanzt und gleichzeitig hat man noch die marketingtechnisch schöne Formulierung zur Hand, dass man ein "bestmögliches Kundenerlebnis" mit Zen2 garantieren will und daher nicht das Risiko eingehen möchte, auf alten Boards die PCIe 4.0-Funktionalität freizuschalten. Konkret sprach man hier von "(Kunden)Verwirrung vermeiden" ... Marketinggewäsch halt ... (
Interessanterweise bei der ebenfalls nicht validierten und offiziell nicht unterstützten ECC-Funktionalität auf AM4 nimmt AMD das inoffizielle Werbe- und Verkaufsargument dagegen billigend in Kauf und argumentiert hier nicht, dass es Kunden verwirren könnte oder aufgrund der fehlenden Validierung möglicherweise die Stabilität gefährden könnten. Und auch hier übernehmen die Boardhersteller die Verantwortung.)
Schlussendlich ist durch AMDs marktpolitisches Vorgehen die Plattform wieder attraktiver für die Hersteller geworden, die Absatzzahlen dürften deutlich höher liegen, die Zahl der Board-Veröffentlichungen ebenso und AMDs Chipsatzabsatz ist gesichert, zumal man offensichtlich auch gut beim Preis des X570 zulangt (bzw. des cIOD, denn was AMD hier als "Chipsatz" oder I/O-Hub verkauft ist schlicht der 12 nm-cIOD mit teildeaktivierten oder teildefekten Funktionen, so bspw. bei den Speichercontrollern).
Im "BojackHorseman-Jargon" klingt das vielleicht jetzt nach einer Art "Propaganda" oder schlichter Spinnerei meinerseits, aber zumindest ich bin der Meinung, dass das eine wesentlich plausiblere Erklärung ist, als weichgespültes Marketing-BlaBla a la "
wir wollen nur euer Bestes".
Wesentlich wahrscheinlicher sind dann doch eher schlicht marktwirtschaftlich, umsatztechnische Gründe mit direkten Auswirkunden auf den Ertrag, denn wie jedes andere börsennotierte und gewinnorientierte Unternehmen, will auch AMD nur das Geld der Kunden.