Es ist doch gut, wenn es mehrere Konzepte in den Markt schaffen. Das kann für uns Kunden nur gut sein.
Intel hatte jahrelang beide Konzepte am Markt: Kleine Kerne in geringer Zahl als Atom beziehungsweise in deren Server-Ablegern durchaus auch als große CPUs und große Kerne im normalen Line-Up. Das Ergebnis war ziemlich eindeutig – ohne p-Cores ist für Endanwender Schrott. Aber genauso eindeutig war auch, dass p-Core-only keine neuen Effizienrekorde innerhalb einer Technikgeneration setzt. Am Desktop war der Sprung natürlich extrem, weil Rocket Lake in mancher Hinsicht komplett veraltet war, aber auch in Notebooks hat Alder Lake dank Hybrid-Technik gegenüber Tiger Lake deutliche Verbesserungen gebracht – unter Beibehaltung einer 10-nm-Fertigung und Beibehaltung einer Cove-Architektur für die P-Kerne.
Insgesamt erscheint Hybrid also klar wünschenswert, aber eine Umsetzung in aktueller Fertigungstechnik wäre mal schön. Da Intel diese bislang nicht anbietet (und ab Herbst auch erstmal nur für Notebooks das Niveau bringt, dass AMD seit 2022 im Desktop hat), erscheint ein Hybrid-Design von AMD auf den ersten Blick also wie die beste Wahl für den Kunden, zumindest wenn der restliche technische Stand stimmt. Aber genau dem hat AMD jetzt eine Absage gedacht und wenn man sich mal die Euphemisen in anderen Teilen des Interviews anguckt, dann würde ich das gesgte eher so übersetzen:
"Wir haben keine braubare Effizienz-Zweitarchitektur und keinen Plan, wie man heterogene Systeme überhaupt ansteuern soll, also wird AMD beim bestehenden Konzept bleiben müssen und allenfalls ein paar low-power-low-speed Mobile-Billig-Chips nach Atom-Vorbild ergänzen können."
Naja, AMD hat ein Verbrauchsproblem, was Teillast angeht und im Leerlauf ist Intel auch besser. Beides könnten E Kerne lösen.
AMDs Leerlaufproblem geht mit 90-prozentiger Sicherheit allein auf Uncore-Bereiche, vor allem den IOD zurück. Die Kerne selbst scheinen dagegen ziemlich gut auf 0 W zu gaten und auch bei <<5 W noch sehr effizient zu laufen. Möglich, dass sie für einen echten ULV-Chip nicht perfekt skalieren würden, aber ansonsten können E-Cores@AMD kein "Problem lösen". Sie könnten nur mehr Kerne bei gleichem Preis und eine konstantere, noch bessere Effizienz für Multi-Thread-Lasten bringen.
In erster Line dürfte der derzeitige Verzicht auf architektonisch auf Effizienz getrimmte Kerne schlicht ein wirtschaflicher Faktor sein. AMD braucht immer noch jeden Dollar für weiteres Wachstum. Eine komplett neue Mikroarchitektur zu entwickeln verschlingt einiges und man darf sich hier zudem fragen, ob AMD einen solchen Schritt überhaupt noch so kurz vor dem Ende der Zen-Mikroarchitektur *) gehen will.
AMD macht sich lange genug Gedanken über Hybrid-Architekturen, dass sie schon zum Zen-3D-Launch öffentlich darüber gesprochen haben, warum sie diese zu dem Zeitpunkt nicht in ihren Produkten einsetzen wollen. Das heißt intern dürfte man spätestens seit 2018 Ingenieure auf das Thema angesetzt haben – und das wäre schon spät, denn da Intel schon mit Lakefield hausieren gegangen. Intel hat mutmaßlich drei Jahre gebraucht, bis Überlegungen aus dem OLPC-Umfeld zum ersten Bonnell-Produkt geführt hat. AMD hatte also mehr als genug Zeit um Effizienz-Kerne auf die Beine zu stellen, obwohl sie ihre eigene, recht überzeugende Low-Power-Architektur in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts aufs Abstellgleis gestellt haben. An mangelndem Geld sollte es ab 2018 auch nicht gelegen haben; Ryzen und Epyc trafen bekanntermaßen auf weit schwächere Konkurrenz als erwartet.
Wenn AMD dennoch keine Hybrid-Designs für Zen 5 vorbereitet, dann hat das also nur einen Grund: Sie setzen auf ein anders Pferd.
@PCGH_Dave
Mal eine vermutung aber ist Zen4c nicht sowas wie die E-Cores bei intel ?
Ich meine sie sind kleiner, effizienter und Takten niedriger und haben dank kleineren cache auch weniger IPC in den meisten Anwendungen.
Konzenptionell ist Zen 4c nicht vergleichbar. AMD hat dort, soweit bekannt ist, nur Optimierungen für hohen Takt entfernt und Caches verkleinert, aber es ist im wesentlichen der Zen-4-Kern. Das "c" steht zwar offiziell für "compact", aber eigentlich wäre "cheap" die passende Bezeichnung. Intels E-Cores sind dagegen eigene komplett eigene Entwicklungslinie, die auf die Atoms zurückführt, und rein gar nichts mit den P-Kernen gemeinsam hat. Nicht einmal das Scheduling-Konzept erinnert aneinander, von den Befehlssätzen bis zu den Pipelines ist alles anders aufgebaut. Dementsprechend unterscheiden sich P- und E-Cores auch sehr stark voneinander, während das von Zen 4 und Zen 4c nicht zu erwarten ist. Bereits gesichert ist ja bereits, dass AMD nur die Größe nur um Faktor 2 und nicht um Faktor 4 reduzieren kann und den Stromverbauch sogar noch weniger. Da gilt dann tatsächlich das, was AMD schon vor zwei Jahren als Reaktion auf Intel gesagt hat: Es macht keinen Sinn [auf dieser Basis] Hybrid-Chips anzubieten, weil man gegenüber den normalen AMD-Kernen gar nicht genug Vorteile erhält. Aber zum Beispiel beim Scheduling hätte man die vollen Nachteile zu meistern.