An dem Punkt mit der Solidarität ist leider durchaus was dran. Ich finde auch es sollte mehr Solidarität geben, wenn Menschen in diesem Land kein Dach über dem Kopf haben, ihren Strom, Heizung, Miete nicht bezahlen können, der Kühlschrank leer bleibt, eine gesunde Ernährung nicht bezahlbar ist, Menschen unter Einsamkeit leiden oder ihre Heimat aufgrund von Krieg oder Klimawandel verlieren uvm...aber sorry, doch nicht weil Menschen auf ein paar FPS oder die neusten Features in einem Computerspiel verzichten müssen (man kann übrigens auch ne Konsole kaufen btw. wenn unbedingt gezockt werden muss, ist meist sogar günstiger). Gaming und Grafikarten sind einfach purer Luxus (hast Du ja auch selbst geschrieben). Es kann nicht jeder Porsche fahren, aber man kommt glücklicherweise auch anders gut ans Ziel. Solidarität für billige Grafikkarten finde ich persönlich vollkommen falsch priorisiert solange es größere Probleme auf der Welt und in der Gesellschaft gibt. Das ist kein Problem das unbedingt gelöst werden muss, da stimmt für mich die Verhältnismäßigkeit und die Reihenfolge einfach nicht. Aber das hast Du ja auch nicht gefordert, mir gefällt einfach nur der Begriff Solidarität in diesem Themenkontext nicht.
Ich sehe aber auch nicht wirklich, inwiefern die Unternehmen hier den Egoismus der Konsumenten gezielt ausgenutzt haben sollten (auch wenn Egoismus im Kapitalismus durchaus eine zentrale Rolle spielt, da will ich nichts beschönigen). Für mich ist das einfach eine ganz normale Konsequenz aus der Marktsituation. Am Ende des Tages hat ein Unternehmen doch gerne soviele zahlende Kunden wie möglich. Aber die besser zahlenden werden halt immer bevorzugt, in jeder Branche. Ja, der Kapitalismus hat seine Schattenseiten, aber Grafikkarten sind wie gesagt ein Luxusgut, der ganze Markt in dem Bereich ist verzerrt, weil es keine echte Konkurrenzsituation gibt und weil zuerst Miner und jetzt der KI Hype den Gamern Konkurrenz macht und weil mit den beiden erstgenannten Kategorien nun mal Geld verdient wird, stehen die Gamer natürlich schlechter da. Aber das ist bei weiten nicht die Katastrophe als die es gerne hingestellt wird, es frustriert höchstens ein wenig. Wir reden hier nicht von Suchtmitteln oder Knebelverträgen, wo man die Leute einmal anfixt und dann ausnimmt, weil sie sich nicht mehr wehren können. Warum ein Miner oder jemand der mit KI Technologie arbeitet verzichten sollte, damit Gamer ein paar FPS mehr haben erschließt sich mir einfach nicht. Und ich gehöre zu keiner der beiden Gruppen.
Auch bei der Kundenrebellion sehe ich eher Preise für Grundnahungsmittel und lebenswichtige Güter des täglichen Bedarfs als berechtigte Ziele, Dinge auf die nicht verzichtet werden kann. Aber doch nicht Grafikkarten für Gamer.
Ich habe bisher nicht wirklich gehört, daß die Spieleentwickler darunter leiden weil Grafikkarten zu teuer für ihre Kunden geworden sind (die meisten produzieren eh lieber für Konsolen weil da weniger kopiert wird). Auch sonst aus den Unternehmen höre ich nur selten, daß dies ihre Marktchancen und Produktkosten massiv beeinträchtigt hat. Wer sich aber in schöner Regelmäßgkeit beklagt sind Gamer, deren Budgets früher mal für bessere Hardware gereicht hat, Gamer die immer einen Fixbetrag für ihr Hobby angesetzt haben ohne dies an die Inflation anzupassen und die jetzt zurückstecken müssen. Auch Gamer die von besserer Hardware träumen aber diese nicht entsprechend priorisieren können oder wollen um das möglich zu machen beklagen sich oft. Alles keine Probleme die von der Gesellschaft zwingend gelöst werden müssen. Natürlich verstehe ich deren Frust. Aber die Lösung kann halt nicht sein, Käufer von entsprechender Hardware zu beleidigen oder herabzuwürdigen wie das leider manche machen, nur weil man seinen Willen nicht bekommt.
Es gibt bei dem Thema aus meiner Sicht einfach kein allgemeines "zu teuer", das ist immer relativ zu sehen. Egal wie teuer Grafikkarten sind, letztendlich geht es um Priorisierung und nicht um Reichtum. Man muss nicht reich sein um sich eine Grafikkarte für >2.000€ leisten zu können. Auf die durchschnittliche Einsatzdauer einer Grafikarte von ca. 2 Jahren umgelegt (und viele setzen ihre deutlich länger ein) ist das kein so hoher Betrag wie es zuerst aussieht. Wenn Person A z.B. einfach nur 100€ weniger Miete im Monat zahlt als Person B, dann ist bei sonst gleichen Ausgaben und Einnahmen der Betrag bereits drin. Kein Auto zu brauchen weil der Chef ein ÖPNV TIcket bezuschusst? Zack, auch da ist zusätzliches Geld. Ich könnte die Liste noch ne Weile fortsetzen. Reiche Konsumenten haben hier lediglich den Vorteil, daß sie mehrere Dinge gleichzeitig machen können, das sie nicht in einer Kategorie Abstriche machen müssen, nur um eine andere auszureizen zu können. Je geringer die Einnahmen und desto höher die Fixkosten, desto weniger Spielräume sind natürlich da. Aber es muss ja auch keine Grafikkarte für >2.000€ sein. Und wer sich wirklich tief im Armutsbereich befindet hat auch ganz andere Sorgen als eine zu teure Grafikkarte (da wäre wieder die Solidarität gefragt).
Sorry das ich so weit ausgeholt habe und es ist absolut keine Kritik an Dir persönlich, ich wollte nur aufzeigen, daß aus meiner Sicht bei dieser Sache eine Menge verzerrt und aufgebauscht wird, nur weil die Dinge nicht mehr so sind wie früher. Aber selbst eine Verschlechterung bedeutet noch nicht, daß eine Krise gelöst werden muss. Natürlich würde uns allen mehr Solidarität gut tun. Aber ich mache keinem einen Vorwurf, wenn er beim Thema Grafikkarten nicht mitziehen möchte, da braucht sich keiner für schämen. Ich persönlich versuche schon seit einiger Zeit meinen Worten ein wenig Taten folgen zu lassen, indem ich meine früh ausgetauschte aber immer noch Top-Hardware sehr günstig oder for free an gute Bekannte weitergebe die weniger finanziellen Spielraum haben als ich. Aber ich fühle mich wirklich nicht moralisch verpflichtet, noch mehr bei diesem speziellen Thema zu tun. Auch deshalb ist mir egal, ob jemand meine Entscheidungen gutheißt oder nicht. Aber sachlich darüber zu diskutieren bin ich jederzeit bereit.
Ich wünsche Dir auch frohe Weihnachten und ein gutes neues Jahr