AW: Breitbandinternet: GroKo will nur noch Glasfaserausbau fördern
Kein Mitleid, nicht mal nen Millimeter, ich bin für meine 500er Leitung 3x umgezogen und bin noch durch eine Segmentierung gegangen (um von 400 auf 500 Mbit/s aufsteigen zu können).
Und ich wohne im grünen, recht günstig, See in 10min zu Fuß, trotzdem noch in der Stadt wo ich in 25min im Zentrum bin, egal ob Fahrrad, ÖPNV oder Auto (Auto geht auch in 12min mit grüner Welle oder halt 25 wenn man jede Ampel erstma einsackt).
Ich habe hier alles.
Nur weil es so einen schönen grünen Fleck bei dir gibt, gibt es den nicht überall.
Am Dorfsterben wird eine schnelle Verbindung NICHTS ändern.
Habe ich auch nie gesagt. Aber es ist nicht ganz unschuldig daran. Und es ist immernoch der günstigste Anfang. Und wie gesagt. Weder ich noch jeder andere, der hier unter den Zuständen leidet erwarten die Glasfaser bis an die Dose. Auf dem Land reicht auch der Outdoor-DSLAM mit der entsprechenden Leistung. Wir brauchen hier keine 500 MBit/s. Wir wären froh, wenn wir wenigstens 5 bekommen würden! Aber selbst das ist wohl nicht drin. Wir wollen nur mehr, aber nichht alles was möglich ist.
Soll ich dir mal erzählen wo ich abgehauen bin? Aus Chemnitz. Wir hatten da ein Pilotprojekt, FTTH von der Telekom. Mit Vorvertrag blah. Waren aber dank Primacom damals (2013) noch gut versorgt mit dem 100er als max. Tarif. Zu den Zeiten wo 4K nicht existierte, Twitch noch ein 3500kbps Limit hatte usw war das ausreichend, ich wollte der Telekom aber keinen Cent in den Rachen werfen (weil sie das Glasfaser verpennt haben und dann solche Ecken wie Chemnitz ausbauen).
Ich bin aus der Stadt weg. Wieso? Weil man da nicht leben kann. Selbst der letzte Musikladen ist abgehauen, Samstag Mittag war es unmöglich ein verdammtes XLR-Kabel zu kaufen in einer 200k-Einwohner-Stadt.
Überall nur Rentner, alle Freunde weg, nix los, obwohl es Arbeit gibt - aber Arbeit allein bringt keine Lebensqualität mit.
Ich hatte also schon FTTH von der Telekom und bin weggezogen.
Und andere Jugendliche sehen das genau so, sie verlassen diese Geisterstädte und lassen Rentner und eingesessene Arbeiter zurück, die sich nicht bewegen wollen weil die schon seit 10-20-30 Jahren da arbeiten.
Und Jobs fallen vom Himmel? Glaubst du da wirklich dran? Für meine Branche verdiene ich wirklich gut. Deine Empfehlung ist es also, in eine Stadt zu ziehen, dafür meinen Job aufzugeben und dann zu versuchen, woanders einen gleichwertig ähnlich gut bezahlten zu suchen, den man wahrscheinlich nicht bekommen wird? Und was ist mit der Familie? Muss ich meinem Sohn wirklich sagen, das er seine Freunde, seine Ausbildung oder die Natur aufgeben soll, damit wir ein Anrecht auf eine vernünftige Datenanbindung haben? Muss meine Freundin ihre Stelle aufgeben, weg von ihrer Familie ziehen und woanders von vorne Anfangen? Dein Ernst?
Und was das Beschäftigungsangebot für jüngere angeht. Das Problem liegt daran, das die Gemeinden/Kommunen es für sinnvoller halten, ihre Gelder in Projekte zu stecken, von denen sie der Meinung sind, das diese wichtiger sind, als den jungen Menschen Angebote für die Freizeit zu bieten. Und nur einmal nebenbei. Kneipen, Bars oder Diskotheken fehlen nicht, weil keine Kundschaft da ist.
Ich habe mich dafür entschlossen, in einer Stadt zu leben die in die Zukunft sieht, die sich nicht zurückentwickelt und wo man Leute hat die nicht schon mit 1 Bein im Grab stehen weil sie zu alt sind.
Und die Leitung brauche ich fürs arbeiten, ich würde mich also niemals dort ansiedeln wo kein schnelles Internet vorhanden ist, egal was man mir da versprechen mag.
Die Orte entwicklen sich nicht zurück. Sie entwickeln sich garnicht. Dafür müsste man genau an sowas wie hier arbeiten. Und egal wie viel ein Unternehmen umsetzt. Die allermeisten gehen da hin, wo schon alles vorhanden ist und nicht irgendwo hin, wo sie selbst für die Infrastruktur sorgen müssen.
Für die Dörfer wäre schnelles Internet (egal wie) keine Rettung, denn da gibt es für die Jugend nichts zu tun. Die Jugendlichen da würden in dem Fall nur vor dem PC hocken und zocken oder Serien konsumieren, aktuell sitzen die vor den Kaufhäusern und konsumieren Alk (war vor kurzem in Finsterwalde... mehrere Läden, vor jedem Laden eine Horde an Jugendlichen die sich die Birne zulöten... mitten in der Woche). Es gibt nichts für sie, deswegen hauen die da ab, nicht nur wegen beschissenem Internet.
Nicht allein die regionale Regierung ist für das Freizeitangebot verantwortlich. Es sind auch die Betreiber von entsprechenden Einrichtungen sowie auch die jugendlichen selbst verantwortlich. Wenn sich die Leute nicht zusammenreißen können und immer wieder für Ärger sorgen, dann ist das am Ende auch logisch, das die Betreiber und zuletzt auch die regionale Regierung keinen Sinn darin sieht, Projekte in diese Richtung zu fördern bzw. zu betreiben. Und dann jammern die Herren und Damen wieder, das alles öde ist und nichts zu tun gibt. In meiner Jugend gab es in meiner Heimatstadt ein gut besuchtes Jugendzentrum, Sportangebote, eine gut gefüllte Einkaufsstraße und ich konnte selbst in dieser kleinen 15K Einwohnerstadt in einem großen Elektromarkt auch mal DVD's, Spiele oder auch PC-Hardware zu guten Preisen kaufen. All das gab es, als ich da weg bin schon garnicht mehr.
Im Jugendzentrum haben die jugendlichen die Computer im Computerraum beschädigt. Es wurden ständig Dinge entwendet, die örtliche Diskothek wurde ständig von der Polizei heimgesucht. In der Zeit wurde kein Umsatz gemacht und nach dem die Polizisten weg waren, war auch fast die Diskothek leer. Und warum? Weil die Leute sich nicht zusammenreißen können. Und genau die Leute, die sich schon tagsüber den Schädel zu knallen sind genau die jenigen, die es versaut haben. Denn die können am lautesten meckern.
Aber all das hat nichts damit zu tun, das Leute, die sich gefestigt angesiedelt haben, kein schnelleres Internet haben dürfen. Es spielt keine Rolle, ob das Internet nun ein Hauptgrund für das Dorfsterben ist oder nicht. Es sind deutlich mehr Baustellen dafür verantwortlich. Aber man muss sie angehen. Und alle diese Baustellen versprechen im ersten Moment keinen großen Profit. Helfen tut es trotzdem.
Und noch mal - das ganze muss wirtschaftlich ablaufen, da die Anbieter alle nicht verstaatlicht sind, das ist wohl klar? Ich sehe es auch ungerne wenn man Steuergelder i-wo in der Pampa verbuddelt werden, damit dort was liegt was sich nie lohnen wird weil das Dorf eh am abkratzen ist...
Und ich sehe es nicht gerne, wenn der Staat in die digitale Infrastruktur bereits ausgezeichnet angebundener Ballungsgebiete investiert, während andere Menschen, die sich für ein ruhigeres Leben auf dem Land entscheiden wollen, in kauf nehmen müssen, im digitalen Nirvana zu leben. Meiner Meinung nach können Unternehmen, die mehr als die verfügbare Bandbreite brauchen, ruhig auch selbst aus eigener Tasche dafür sorgen, das sie diese bekommen. Für die allermeisten Privathaushalte reichen 50 MBit/s locker und mehr wollen wir auch eigentlich nicht. Warum brauchen dann die, die bereits schon 100 MBit/s+ haben, noch mehr? Nur weil es sich rentiert? Die meisten wechseln doch sowieso nur, weil nach dem Ausbau die Kunden mit einem entsprechenden Bestandskunden-Angebot zum für sie selbst meist unnützen Wechsel bewegt werden. Klar für das gleiche Geld mehr bekommen, obwohl man es nicht brauch? Da sind doch alle bei. Von 100 Leuten freuen sich 5 Onlinegamer, 2 Youtuber und ein Streamer darüber. Vielleicht 2 Leute arbeiten aktiv mit dem Internet und profitieren ebenfalls davon. Die restlichen 91 Amazonbesteller, Mailchecker, Videokonsumenten und Google-Nutzer würden auch mit 5 Mbit/s zurecht kommen. Aber mehr für das gleiche oder sogar weniger? Da wäre man blöd, nicht zu wechseln.
Und genau das ist es, wass am Ende die Zahlen im Breitbandatlas schön reden. Laut dem Atlas NRW besitzen in unserem Landkreis 76,5 % einen Anschluss über 50 MBit/s. 86,1 % haben mindestens 16 Mbit/s. Was man aber nicht sieht sind die prozentualen Anteile der Anschlüsse, die so schnell sind, obwohl sie nicht in der Geschwindigkeit gebraucht werden. Und genau die Dunkelziffer ist es, die damit unter den Teppich gekehrt werden soll. Dann würden die Zahlen deutlich anders aussehen. Und es kann einfach keine Lösung sein, das man mit seiner kompletten Familie umsiedeln und das Risiko eingehen muss, wo anders beruflich Fuß zu fassen. Und genau deswegen begrüße ich auch die Ansage, das ALLE auf einem gewissen Niveau sein sollen. Aber ich sehe den Versuch, das nun ausschließlich mit FTTH zu machen, hingegen eher kritisch. Schließlich liegt das Kupfer ja schon. So muss nur ein Kanal bis zum Outdoor-DSLAM gebuddelt werden (Glasfaser) und schon ist ein Dorf deutlich schneller angebunden. Zudem muss man sich nicht darauf verlassen müssen, das der Vermieter/Hauseigentümer das auch mitmacht.
Wir haben eindeutig unterschiedliche Auffassungen von Lebensqualität. Für mich ist Lebensqualität mit dem Leben in der Großstadt nicht gleichzusetzen. Wenn man jung und unabhängig ist, kann man das ruhig mal ne Zeit lang machen. Aber in meiner Situation (obwohl ich selbst noch nicht so alt bin) kommt das nicht mehr in Frage. Das ändert aber trotzdem nichts daran, das bei 3 Personen, die das Internet nutzen, 2 MBit/s einfach viel zu wenig ist und das wir mehr brauchen. Und es gibt definitiv genug Möglichkeiten, das ganze zu finanzieren.