In allen wichtigen Themen sind sich die etablierten Parteien einig. Umweltschutz, Migration, Euro, Vertiefung der Europäischen Union. Wahlen ändern hier nichts mehr. Es geht nur noch darum, den politischen Block geschlossen zu halten, [...]
Eine hochinteressante, aber letztendlich doch nur programmatische Mischung aus selektiver Wahrnehmung mit einer Prise Opferlegende.
Der Stuss beginnt ja schon mit der Konstruktion eines Blocks, den sogenannten "etablierten Parteien", die sich gegen die AfD als prädestinierte Opposition verschworen haben sollen. Tatsächlich ist es so, dass sich parteiübergreifend selbstverständlich etliche Programmpunkte gleichen - das hat damit zu tun, dass es in einem Staat nun einmal parteiübergreifende Bürger-/Wählerinteressen gibt, der sich keine Partei verschließen kann.
Die Distinktion erfolgt über die Gewichtung dieser Punkte. Allein darüber könnte man ganze Abhandlungen schreiben, ich belasse es mal bei einem simplen Beispiel: Durch etliche Wählerschichten zieht sich ein Interesse an Wohlstand und einer einigermaßen intakten Umwelt, in der man diesen genießen kann. Nichtsdestotrotz gewichten Konservative und Liberale Wohlstand und dessen Mehrung im Zweifelsfall höher als die Grünen, die ihrerseits den Erhalt der Umwelt höher gewichten, aber auch nicht die Wirtschaftsentwicklung aus dem Blick verlieren dürfen.
Zurück zu den sogenannten "etablierten Parteien". Falls es so etwas gibt, steht die AfD diesen nicht gegenüber, sondern gehört dazu. Das belegen nicht nur die die Wahlergebnisse eindeutig, sondern es wurde auch so ziemlich jedes Thema gekapert, dass man sich vorstellen kann - falls das jemand anzweifelt, sollte er sich die blauen Wahlplakate anschauen, von denen immer noch genug Reste herumhängen.
Die AfD hat sich allerdings nicht über politische Arbeit oder tragbare Vorhaben, sondern über Stimmung etabliert. Das allein ist nicht zu beanstanden: beispielsweise sind auch die Grünen sind in in einer gewissen Stimmung gestartet, haben isolierte Themen beackert und mit teils radikalen Thesen um Aufmerksamkeit gebuhlt. Dito die CDU in den Nachkriegsjahren.
Der Unterschied ist der, dass die Probleme, mit deren Thematisierung sich beispielsweise damals die Grünen ihren Platz in der politischen Landschaft erstritten haben, keine empfundenen, sondern sehr reale und nachweisbare Probleme waren und es nicht erforderlich war, Minderheiten als Feindbilder aufzubauen.
Die Karriereleiter hoch gefallene, aber im Kopf immer noch provinzielle Politiker wie AKK sind davon überfordert, dass Leute auf Kanälen über die CDU herziehen, die sie selbst nicht nutzen können. Da verfallen sie schnell mal in Aktionismus und vergessen dabei, dass die Zielgruppe von Rezo und Co. ohnehin niemals schwarz gewählt hätte. Die Zielgruppe hätte überwiegend
gar nicht gewählt.
Das wiederum ist kein Problem für die CDU, die sich auf ihre langjährige Gewohnheitswählerschaft im Rentenalter verlassen kann. Wenn jemand alarmiert sein müsste, dann die SPD, die jede Stimme gebrauchen kann oder rechte Rattenfänger, denen jemand die Kinder weggefangen hat, bevor sie diese selbst locken konnten. Generell profitieren immer die stärksten Parteien von Nichtwählern und Populisten von Politikverdrossenen, die aus Protest wählen.
Jede Demokratie ist eine gelenkte. Entscheidend ist, dass nicht von einer Stelle, sondern von möglichst vielen Stellen gelenkt wird, denn dadurch entstehen Mehrheiten und somit demokratisch wirksamer Pluralismus. Eine zentrale Lenkung gibt es jedoch nicht - sonst würde die jetzige Debatte über Meinungsbildung/-mache von sonst wo her gar nicht stattfinden.