Vom September 1995, unveröffentlicht, nur verkürzt erschienen der der Nullnummer von PC Action. Autor: Thilo Bayer
Schöne Neue Welt
Colonization
Seit Civilization 1991 neue Maßstäbe im Strategiegenre setzte, haben sich viele Spiele mehr oder weniger erfolgreich darum bemüht, es mit Sid Meiers Meisterwerk aufzunehmen. Der Altmeister selbst schlägt nun mit Colonization zurück: anstatt die ganze Welt zu erobern, geht es hier lediglich um die Besiedlung Amerikas.
Als Christoph Columbus 1492 (unwissentlich) Amerika entdeckte, konnte er wohl kaum ahnen, welche Folgen sich daraus für die Menscheit ergeben würden. Mit der Entdeckung der Neuen Welt nahm eines der bedeutsamsten Kapitel der Weltgeschichte seinen Anfang, und nicht immer verlief die Besiedlung Amerikas so romantisch, wie es in diversen Wildwest-Pionier-Filmen geschildert wird. Doch gerade diese Problematik liefert den Stoff für eines der spannendsten Strategiespiele, die in der letzten Zeit auf den Markt gekommen sind. Kein Geringerer als der Altmeister Sid Meier hat es sich zum Ziel gemacht, Computer-Fans die Entdeckung und Besiedlung Amerikas spielerisch zu vermitteln. Colonization knüpft dabei ganz bewußt an grundlegende Features von Civilization an und ist für Kenner des Klassikers vom Spielprinzip her relativ schnell zu durchschauen.
Sesam, öffne Dich!
Die Box von Colonization erweist sich glücklicherweise nicht als Mogelpackung. Neben drei Installationsdisketten wartet ein Monsterhandbuch mit weit über 100 Seiten sowie zwei Hilfskarten mit den Bedeutungen der Spielsysmbole auf den Käufer des Spiels. Das Handbuch geht sehr ausführlich auf einzelne Aspekte des Spiels ein, gewinnt jedoch keinen Übersichtlichkeitspreis und ist im Umgang mit der deutschen Sprache mitunter etwas unbeholfen. Sehr schön und nützlich sind die Hilfskarten, die alle Gebäude, Berufsgruppen und Geländeeigenschaften präsentieren - lästiges Blättern in der Handbuch-Schwarte gehören damit der Vergangenheit an.
Die Hardware-Voraussetzungen sind für heutige Maßstäbe geradezu spartanisch gehalten, so daß Colonization auch für Besitzer langsamerer PCs durchaus interessant ist. Die VGA-Auflösung sorgt dabei lediglich für eine zweckmäßige, zuweilen etwas karge graphische Gestaltung. Besitzer von Roland- oder General-Midi-Karten dürfen sich hingegen über höchst gelungene musikalische Darbietungen freuen, die auf einen Fundus von amerikanischen Volksliedern zurückgreifen. Die Steuerung von Colonization sollte durch eine Kombination von Maus und Tastatatur erfolgen, da manche Standard-Aktionen über Hotkeys wesentlich schneller auszuführen sind.
Reichhaltige Spieloptionen
Nach Start des Programms stehen grundsätzlich drei Spiel-Varianten zur Auswahl, die Einfluß auf die zu entdeckende Spielwelt haben. Zuerst einmal wird sicherlich das historische Amerika interessant sein, später kann man jedoch auch eine zufällig generierte Welt besiedeln. Hierzu gibt man dem Computer Landmasse, geographische Eigenheiten, Temperatur und Klima an - schon zimmert dieser eine neue Spielwelt zusammen. Im nächsten Schritt legt man den Schwierigkeitsgrad fest (profaner Entdecker oder lieber gleich Vizekönig?) und widmet sich dann der Auswahl der Nationalität (im Sortiment sind Engländer, Franzosen, Spanier und Holländer). Letztere Aktion sollte gut bedacht werden, da sie einen gewissen Einfluß auf die Spieltaktik hat. Es zeugt beispielsweise von wenig Hirnschmalz, mit den Franzosen auf Plünderungstournee bei den Indianern zu gehen, da diese im diplomatischen Umgang mit den Ureinwohnern besondere Fähigkeiten besitzen. Schnell noch einen originellen Namen überlegt - und ehe man sich versieht, sitzt man in einer Nußschale von Boot und steht kurz davor, als Entdecker Amerikas in die (Computer-)Geschichte einzugehen.
Der zeitliche Rahmen von Colonization bewegt sich zwischen 1500 und 1800; kann die Unabhängigkeitserklärung vor dem Jahre 1800 proklamiert werden, erhält der Entdecker eine Nachspielzeit von 50 Jahren. Idealerweise endet der durch die Erklärung ausgelöste Unabhängigkeitskrieg siegreich für den Spieler - was jedoch angesichts der königlichen Truppen nicht ganz einfach ist. Von der ersten Kolonie bis zum gutgehenden Handelsimperium ist es jedenfalls ein weiter und entbehrungsreicher Weg, da man schließlich nicht allein auf dem Kontinent werkelt.
Erste Schritte
Mit den beiden zur Verfügung stehenden Spielfiguren macht man sich an den Aufbau der ersten Stadt, wobei zu Beginn die Nahrungsversorgung im Vordergrund der Siedlungsaktivitäten stehen sollte. Es ist dabei zweckmäßig, auf ausreichend Wald in den angrenzenden Feldern zu achten, da Holz für den weiteren Ausbau der Kolonie von elementarer Bedeutung ist. Spezial-Ressourcen im Einzugsbereich der Stadt sorgen außerdem für einen netten Produktionsbonus. Während also erste Nahrungs- und Holzvorräte gehortet werden, schippert die alte Karavelle wieder nach Europa und läuft in den Heimathafen ein. Hier werden alle Rekrutierungsvorgänge und Handelsaktivitäten mit der Alten Welt geregelt - und hier kassiert unser werter König auch die im Spielablauf steigenden Steuern, wenn die mühsam fabrizierten Handelswaren aus Übersee verkauft werden. Sobald sich Ausreisewillige im Hafen einfinden, wird man vom Computer darüber informiert. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt, kann man dem Emigranten-Drang auch etwas nachhelfen und auf diese Weise neue Opfer für die eigenen Expansionsgelüste anwerben - außerdem sorgt die Produktion von Kreuzen durch Kirchenbauten und Predigereinsätze für beschleunigten Siedlernachschub.
Aufbau West
Die ersten Spieljahrzehnte dienen städtebaulichen Maßnahmen, der Produktion von Handelsgütern und dem Erkunden der umliegenden Landschaften. Dabei trifft man zwangsläufig auf die amerikanischen Ureinwohner, die sich abhängig vom eigenen Verhalten mehr oder weniger dankbar zeigen. Ein Konfrontationskurs kann die eigene Kasse klingeln lassen, provoziert aber Gegenangriffe und bringt in der Punkteabrechnung eventuell Abzüge ein. Verlegt man das Verhältnis zu den Indianern auf die Handels- und Missionarsschiene, kann man ein Handelsnetz ohne lästige Überfahrten oder die königliche Steuerschraube aufziehen und nebenbei konvertierte Indianer als Siedler einsetzen. Die kluge Wahl von Gründervätern für die amerikanische Regierung sorgt für entsprechende Vorteile in Handels-, Militär-, Politik-, Erkundungs- und Religionsbelangen.
Für den gezielten Ausbau der Kolonie stehen eine große Anzahl Gebäude zur Verfügung, die abhängig von der Bevölkerungszahl auch erweitert werden können. Dazu weist man einem Siedler den Beruf des Schreiners zu und läßt einen anderen Siedler das nötige Kleinholz hacken; größere Gebäude erfordern auch eine bestimmte Anzahl von Werkzeugen, die ein Schmied aus Erzen erstellt. Der Einsatz von Spezialisten erhöht dabei die Rohstoffgewinnung und die Produktion von Handelsgütern, weshalb diese nicht für einfache Arbeiten eingesetzt werden sollten. Mit den Jahren werden weitere Kolonien gegründet und auf diese Weise möglichst unterschiedliche Güter hergestellt, die gewinnbringend verscherbelt werden können. Mit dem verdienten Geld werden vermehrt Soldaten und Schiffe gekauft, da eine expansive Kolonialisierungspolitik zu Spannungen mit den übrigen europäischen Staaten führt. Außerdem steht nach der Unabhängigkeitserklärung noch der Kampf gegen die erfahrenen königlichen Truppen bevor. Voraussetzung dafür ist die Einstellung der eigenen Spielfiguren zu den Freiheitsbestrebungen (was mit der Produktion von Freiheitsglocken gesteuert wird): sind mehr als 50% für die Unabhängigkeit der Kolonien, kann die Revolution den Gang der Geschichte antreten.
Das Finale
Was das Handbuch nicht hergibt, erfährt der Spieler online mittels der Colonipädie. Hier werden alle Gebäude- und Berufs-Einheiten ausführlich dargestellt, und auch die Geländebeschreibungen mit zugehöriger Ressourcenanalyse sind auf Wunsch abrufbar. Um im mitunter etwas unübersichtlichen Spielegeschehen noch den Überblick zu behalten, kann man die Hilfe von Beratern in Anspruch nehmen. Auf diese Weise erhält man zum Beispiel Informationen über die aktuellen Preise im Heimathafen, die Beziehungen zu den übrigen Großmächten und die Stimmung bei den Indianerstämmen.
Colonization richtet sich an alle Freunde gepflegter Strategiekost und beschränkt sich nicht nur auf Spieleprofis. Die leicht erlernbare Benutzerführung und der einstellbare Schwierigkeitsgrad erlauben es auch dem Einsteiger, schnell in das Spielgeschehen einzugreifen. Civilization-Veteranen können auf alle Fälle bedenkenlos ihr Geld investieren.
Bewertungskasten
- VGA
- Roland / General Midi
- Mindestens: 386 SX, 1 MB RAM
- Empfohlen: 386 DX (33 Mhz), 4 MB RAM
- Multiplayer: in Vorbereitung
- Handbuch: 130 Seiten + technisches Begleitheft
- Sprache: deutsch
- Kopierschutz: keiner
- Komponenten: 35 % Aufbau, 30 % Taktik, 35 % Wirtschaft
Extrakasten 1 (Das Microprose-Sortiment)
Betrachtet man das Microprose-Programm der letzten Jahre, so fällt der kritische Blick auf drei weitere Titel, die ein ähnliches Spielprinzip wie Colonization aufweisen. Der Klassiker unter den Strategie-Spielen ist Civilization, das nicht nur durch die Namensgebung, sondern auch durch das Gameplay gravierende Ähnlichkeiten mit dem Testkandidaten besitzt. Während Civilization jedoch großen Wert auf Forschungsaktivitäten und daraus resultierende Erfindungen legt, stehen bei Colonization ausgeklügelte Handelsmöglichkeiten und das detaillierte Berufesystem im Vordergrund. Master of Orion verlegt das civilization-kompatible Geschehen kurzerhand in den Weltraum und erlaubt das Besiedeln von Planeten und den Bau ausgefallener Raumschiffe. Master of Magic richtet sich schließlich an Fantasy-Freaks mit mehr oder weniger latentem Hang zur Zauberspruch-Entwicklung und komplexen Pixel-Kloppereien.
Extrakasten 2 (Bug-Report)
Colonization macht leider keine Ausnahme, was die gegenwärtige Patchpolitik der Firmen angeht: während Käufer des Originals Version 3.0 bestaunen (incl. offiziellem Cheat-Menü und Karten-Editor), darf sich unsereins noch mit Programm-Bugs vergnügen. Hier nur eine kleine Auswahl: boykottieren Sie die Steuerpolitik des Königs, versagt die Maus beim Ausladen der Waren zwar ihren Dienst - ein Griff zur Tastatur bringt jedoch den gewünschten Erfolg. Ein Graphik-Bug im Spiel verhilft den Bildschirmtexten zu mehr Schriftgröße - Weitsichtige werden dankbar sein, auch wenn das Spiel danach schon einmal abstürzt. Und schließlich sackt der Steuersatz mitten im Spiel ins Bodenlose - um dann mit großen Schritten wieder anzusteigen.
Schöne Neue Welt
Colonization
Seit Civilization 1991 neue Maßstäbe im Strategiegenre setzte, haben sich viele Spiele mehr oder weniger erfolgreich darum bemüht, es mit Sid Meiers Meisterwerk aufzunehmen. Der Altmeister selbst schlägt nun mit Colonization zurück: anstatt die ganze Welt zu erobern, geht es hier lediglich um die Besiedlung Amerikas.
Als Christoph Columbus 1492 (unwissentlich) Amerika entdeckte, konnte er wohl kaum ahnen, welche Folgen sich daraus für die Menscheit ergeben würden. Mit der Entdeckung der Neuen Welt nahm eines der bedeutsamsten Kapitel der Weltgeschichte seinen Anfang, und nicht immer verlief die Besiedlung Amerikas so romantisch, wie es in diversen Wildwest-Pionier-Filmen geschildert wird. Doch gerade diese Problematik liefert den Stoff für eines der spannendsten Strategiespiele, die in der letzten Zeit auf den Markt gekommen sind. Kein Geringerer als der Altmeister Sid Meier hat es sich zum Ziel gemacht, Computer-Fans die Entdeckung und Besiedlung Amerikas spielerisch zu vermitteln. Colonization knüpft dabei ganz bewußt an grundlegende Features von Civilization an und ist für Kenner des Klassikers vom Spielprinzip her relativ schnell zu durchschauen.
Sesam, öffne Dich!
Die Box von Colonization erweist sich glücklicherweise nicht als Mogelpackung. Neben drei Installationsdisketten wartet ein Monsterhandbuch mit weit über 100 Seiten sowie zwei Hilfskarten mit den Bedeutungen der Spielsysmbole auf den Käufer des Spiels. Das Handbuch geht sehr ausführlich auf einzelne Aspekte des Spiels ein, gewinnt jedoch keinen Übersichtlichkeitspreis und ist im Umgang mit der deutschen Sprache mitunter etwas unbeholfen. Sehr schön und nützlich sind die Hilfskarten, die alle Gebäude, Berufsgruppen und Geländeeigenschaften präsentieren - lästiges Blättern in der Handbuch-Schwarte gehören damit der Vergangenheit an.
Die Hardware-Voraussetzungen sind für heutige Maßstäbe geradezu spartanisch gehalten, so daß Colonization auch für Besitzer langsamerer PCs durchaus interessant ist. Die VGA-Auflösung sorgt dabei lediglich für eine zweckmäßige, zuweilen etwas karge graphische Gestaltung. Besitzer von Roland- oder General-Midi-Karten dürfen sich hingegen über höchst gelungene musikalische Darbietungen freuen, die auf einen Fundus von amerikanischen Volksliedern zurückgreifen. Die Steuerung von Colonization sollte durch eine Kombination von Maus und Tastatatur erfolgen, da manche Standard-Aktionen über Hotkeys wesentlich schneller auszuführen sind.
Reichhaltige Spieloptionen
Nach Start des Programms stehen grundsätzlich drei Spiel-Varianten zur Auswahl, die Einfluß auf die zu entdeckende Spielwelt haben. Zuerst einmal wird sicherlich das historische Amerika interessant sein, später kann man jedoch auch eine zufällig generierte Welt besiedeln. Hierzu gibt man dem Computer Landmasse, geographische Eigenheiten, Temperatur und Klima an - schon zimmert dieser eine neue Spielwelt zusammen. Im nächsten Schritt legt man den Schwierigkeitsgrad fest (profaner Entdecker oder lieber gleich Vizekönig?) und widmet sich dann der Auswahl der Nationalität (im Sortiment sind Engländer, Franzosen, Spanier und Holländer). Letztere Aktion sollte gut bedacht werden, da sie einen gewissen Einfluß auf die Spieltaktik hat. Es zeugt beispielsweise von wenig Hirnschmalz, mit den Franzosen auf Plünderungstournee bei den Indianern zu gehen, da diese im diplomatischen Umgang mit den Ureinwohnern besondere Fähigkeiten besitzen. Schnell noch einen originellen Namen überlegt - und ehe man sich versieht, sitzt man in einer Nußschale von Boot und steht kurz davor, als Entdecker Amerikas in die (Computer-)Geschichte einzugehen.
Der zeitliche Rahmen von Colonization bewegt sich zwischen 1500 und 1800; kann die Unabhängigkeitserklärung vor dem Jahre 1800 proklamiert werden, erhält der Entdecker eine Nachspielzeit von 50 Jahren. Idealerweise endet der durch die Erklärung ausgelöste Unabhängigkeitskrieg siegreich für den Spieler - was jedoch angesichts der königlichen Truppen nicht ganz einfach ist. Von der ersten Kolonie bis zum gutgehenden Handelsimperium ist es jedenfalls ein weiter und entbehrungsreicher Weg, da man schließlich nicht allein auf dem Kontinent werkelt.
Erste Schritte
Mit den beiden zur Verfügung stehenden Spielfiguren macht man sich an den Aufbau der ersten Stadt, wobei zu Beginn die Nahrungsversorgung im Vordergrund der Siedlungsaktivitäten stehen sollte. Es ist dabei zweckmäßig, auf ausreichend Wald in den angrenzenden Feldern zu achten, da Holz für den weiteren Ausbau der Kolonie von elementarer Bedeutung ist. Spezial-Ressourcen im Einzugsbereich der Stadt sorgen außerdem für einen netten Produktionsbonus. Während also erste Nahrungs- und Holzvorräte gehortet werden, schippert die alte Karavelle wieder nach Europa und läuft in den Heimathafen ein. Hier werden alle Rekrutierungsvorgänge und Handelsaktivitäten mit der Alten Welt geregelt - und hier kassiert unser werter König auch die im Spielablauf steigenden Steuern, wenn die mühsam fabrizierten Handelswaren aus Übersee verkauft werden. Sobald sich Ausreisewillige im Hafen einfinden, wird man vom Computer darüber informiert. Das nötige Kleingeld vorausgesetzt, kann man dem Emigranten-Drang auch etwas nachhelfen und auf diese Weise neue Opfer für die eigenen Expansionsgelüste anwerben - außerdem sorgt die Produktion von Kreuzen durch Kirchenbauten und Predigereinsätze für beschleunigten Siedlernachschub.
Aufbau West
Die ersten Spieljahrzehnte dienen städtebaulichen Maßnahmen, der Produktion von Handelsgütern und dem Erkunden der umliegenden Landschaften. Dabei trifft man zwangsläufig auf die amerikanischen Ureinwohner, die sich abhängig vom eigenen Verhalten mehr oder weniger dankbar zeigen. Ein Konfrontationskurs kann die eigene Kasse klingeln lassen, provoziert aber Gegenangriffe und bringt in der Punkteabrechnung eventuell Abzüge ein. Verlegt man das Verhältnis zu den Indianern auf die Handels- und Missionarsschiene, kann man ein Handelsnetz ohne lästige Überfahrten oder die königliche Steuerschraube aufziehen und nebenbei konvertierte Indianer als Siedler einsetzen. Die kluge Wahl von Gründervätern für die amerikanische Regierung sorgt für entsprechende Vorteile in Handels-, Militär-, Politik-, Erkundungs- und Religionsbelangen.
Für den gezielten Ausbau der Kolonie stehen eine große Anzahl Gebäude zur Verfügung, die abhängig von der Bevölkerungszahl auch erweitert werden können. Dazu weist man einem Siedler den Beruf des Schreiners zu und läßt einen anderen Siedler das nötige Kleinholz hacken; größere Gebäude erfordern auch eine bestimmte Anzahl von Werkzeugen, die ein Schmied aus Erzen erstellt. Der Einsatz von Spezialisten erhöht dabei die Rohstoffgewinnung und die Produktion von Handelsgütern, weshalb diese nicht für einfache Arbeiten eingesetzt werden sollten. Mit den Jahren werden weitere Kolonien gegründet und auf diese Weise möglichst unterschiedliche Güter hergestellt, die gewinnbringend verscherbelt werden können. Mit dem verdienten Geld werden vermehrt Soldaten und Schiffe gekauft, da eine expansive Kolonialisierungspolitik zu Spannungen mit den übrigen europäischen Staaten führt. Außerdem steht nach der Unabhängigkeitserklärung noch der Kampf gegen die erfahrenen königlichen Truppen bevor. Voraussetzung dafür ist die Einstellung der eigenen Spielfiguren zu den Freiheitsbestrebungen (was mit der Produktion von Freiheitsglocken gesteuert wird): sind mehr als 50% für die Unabhängigkeit der Kolonien, kann die Revolution den Gang der Geschichte antreten.
Das Finale
Was das Handbuch nicht hergibt, erfährt der Spieler online mittels der Colonipädie. Hier werden alle Gebäude- und Berufs-Einheiten ausführlich dargestellt, und auch die Geländebeschreibungen mit zugehöriger Ressourcenanalyse sind auf Wunsch abrufbar. Um im mitunter etwas unübersichtlichen Spielegeschehen noch den Überblick zu behalten, kann man die Hilfe von Beratern in Anspruch nehmen. Auf diese Weise erhält man zum Beispiel Informationen über die aktuellen Preise im Heimathafen, die Beziehungen zu den übrigen Großmächten und die Stimmung bei den Indianerstämmen.
Colonization richtet sich an alle Freunde gepflegter Strategiekost und beschränkt sich nicht nur auf Spieleprofis. Die leicht erlernbare Benutzerführung und der einstellbare Schwierigkeitsgrad erlauben es auch dem Einsteiger, schnell in das Spielgeschehen einzugreifen. Civilization-Veteranen können auf alle Fälle bedenkenlos ihr Geld investieren.
Bewertungskasten
- VGA
- Roland / General Midi
- Mindestens: 386 SX, 1 MB RAM
- Empfohlen: 386 DX (33 Mhz), 4 MB RAM
- Multiplayer: in Vorbereitung
- Handbuch: 130 Seiten + technisches Begleitheft
- Sprache: deutsch
- Kopierschutz: keiner
- Komponenten: 35 % Aufbau, 30 % Taktik, 35 % Wirtschaft
Extrakasten 1 (Das Microprose-Sortiment)
Betrachtet man das Microprose-Programm der letzten Jahre, so fällt der kritische Blick auf drei weitere Titel, die ein ähnliches Spielprinzip wie Colonization aufweisen. Der Klassiker unter den Strategie-Spielen ist Civilization, das nicht nur durch die Namensgebung, sondern auch durch das Gameplay gravierende Ähnlichkeiten mit dem Testkandidaten besitzt. Während Civilization jedoch großen Wert auf Forschungsaktivitäten und daraus resultierende Erfindungen legt, stehen bei Colonization ausgeklügelte Handelsmöglichkeiten und das detaillierte Berufesystem im Vordergrund. Master of Orion verlegt das civilization-kompatible Geschehen kurzerhand in den Weltraum und erlaubt das Besiedeln von Planeten und den Bau ausgefallener Raumschiffe. Master of Magic richtet sich schließlich an Fantasy-Freaks mit mehr oder weniger latentem Hang zur Zauberspruch-Entwicklung und komplexen Pixel-Kloppereien.
Extrakasten 2 (Bug-Report)
Colonization macht leider keine Ausnahme, was die gegenwärtige Patchpolitik der Firmen angeht: während Käufer des Originals Version 3.0 bestaunen (incl. offiziellem Cheat-Menü und Karten-Editor), darf sich unsereins noch mit Programm-Bugs vergnügen. Hier nur eine kleine Auswahl: boykottieren Sie die Steuerpolitik des Königs, versagt die Maus beim Ausladen der Waren zwar ihren Dienst - ein Griff zur Tastatur bringt jedoch den gewünschten Erfolg. Ein Graphik-Bug im Spiel verhilft den Bildschirmtexten zu mehr Schriftgröße - Weitsichtige werden dankbar sein, auch wenn das Spiel danach schon einmal abstürzt. Und schließlich sackt der Steuersatz mitten im Spiel ins Bodenlose - um dann mit großen Schritten wieder anzusteigen.
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