1.) Das ist auch ein bischen hart, so schlecht [...]
"so schlecht" waren sie zweifelsfrei nicht, aber auch nicht konkurrenzfähig und selbst bei den ersten Ryzen's kam AMD nicht umhin mehr Kerne für weniger Geld anzubieten (
was keine "Nettigkeit" o. ä. war, sondern eine marktstrategische Notwendigkeit), weil das Design mit Intels Architektur noch nich mithalten konnte. Bereits mit dem 8700K konnte Intel den ersten Ryzen-Launch sehr gut kontern mit Blick auf Mainstream-Workloads (
und bspw. Naples war trotz schöner Zahlen auf dem Papier weitestgehend uninteressant, da er nur in einigen Spezialfällen punkten konnte und im allgemeinen leistungstechnisch unterlag, sodass am Ende nur der Preis bliebt, jedoch auch die klar unausgereiftere Plattform). Der Durchbruch erfolgte erst Mitte 2019 mit der Veröffentlichung von Zen2 und dafür hatte AMD am Ende rund 7 Jahre gebraucht. (
Btw. Ryzen konnte seine Performance ggü. dem 2 Jahre älteren 6700K nicht "mehr als verdoppeln", konkret nicht einmal ansatzweise: 1800X: ~ 3550 / 378 Punkte, 6700K: ~ 2070 / 418 Punkte, d. h. im MT +71 %, im ST -10 %.)
Rocket Lake ermöglich derzeit keine wirklichen Einschätzungsmöglichkeiten. Hierbei handelt es sich lediglich um ein Engineering Sample, das anfänglich mit Bugs versetzt ist und mit deutlich niedrigerem Takt läuft. Für eine halbwegs sinnvolle Vorabschätzung bräuchte man hier mindestens so etwas wie ein Qualification Sample. Und darüber hinaus kann man davon ausgehen, dass derartige, sehr frühe Leaks unmittelbar direkt von den Herstellern stammen und gezielt eingesetzt werden um dann und wann ein Lebenszeichen und etwas Futter für die Presse zu liefern. Die werden sich sehr genau überlegen, welche Werte sie da im Vorfeld durchsichern lassen und das könnten auch mal durchaus konservative Werte sein. Derzeit kann man da nicht wirklich was sagen. Fest steht lediglich, dass die CPU mit einer Beschränkung auf 8 Kerne nicht mit AMDs 12- und 16-Kernern konkurrieren wird, aber das ist für den Großteil des Marktes eh nicht relevant. Bezüglich Mainstream-Workloads würde ich vermuten, dass AMD sich diesmal mit Zen3 etwas weiter von Intel absetzen können wird (
was ihnen mit Zen2 dagegen nicht wirklich gelang trotz 7nm). Darüber hinaus würde ich jedoch ebenso davon ausgehen, dass sie Intel auch dieses mal wieder nicht weit abgeschlagen hinter sich lassen können, wenn man Vermutungen anstellen darf bzgl. dem zusätzlich betriebenen Aufwand durch den Backport der neueren Architektur auf den alten 14nm-Node und plattformtechnisch wird diese zudem ebenfalls die wesentlichen Lücken schließen.
Dennoch dürfte die AMD-Plattform weiterhin die attraktivere bleiben, selbst wenn man sich nur einige "Sicherheiten" offen halten will. Bei einem RKL-Board mit dem 8-Kerner ist das Ende erreicht. Bei einem halbswegs aktuellen Ryzen-Board ist man mit dieser Generation zwar auch am Ende angekommen, aber wenn aktuell vorerst absehbar 8 Kerne reichen (wie ein 4700X/4800X), dann hätte man zumindest noch Ende 2021 bzw. in 2022 die Möglichkeit einen 4900X oder 4950X einzustecken und könnte noch einmal für ein ordentliches Leistungsplus sorgen auf der alten Plattform. Ob man das will, ist natürlich eine andere Frage, denn zu der Zeit werden DDR5, Zen4 und Alder Lake aktuell sein (
PCIe5 im Consumer-Segment wohl eher nicht), aber man kann sich damit zumindest seine Optionen offenhalten.
Dass AMD im Consumer-Segment in nächster Zeit über 16 Kerne hinausgeht ist wenig wahrscheinlich (wenn auch nicht vollkommen ausgeschlossen). Konkret wird AMD mit wachsender Etablierung im Markt die Preis anziehen, um die Marge zu erhöhen; das erklärte man schon im letzten Jahr den Investoren und nichts anderes kann man von einer AG erwarten. Mit bspw. 24 oder 32 Kernen würde AMD schlicht Geld auf der Straße liegen lassen. Für Consumer werden derartig hochkernige CPUs auch in 2022 weitestgehend irrelevant sein; auf einer HEDT-Plattform könnte AMD hier weitaus sinnvoller wirtschaften.
Beispielsweise Intel bot seinen ersten echten 8-Kerner "fürs Volk" auf seiner HEDT-Plattform bereits 3 Jahre vor AMD an, aber das Produkt war nicht umsonst dort platziert und hochpreisig, schlicht weil der Markt und Bedarf nur extrem klein war.
Mit Zen3 wird es, u. a. aufgrund der weiterhin verwendeten 7 nm, zweifelsfrei kein Kern-Update im Consumer-Segment geben, aber selbst mit 5 nm würde ich aktuell keine echte oder signifikante *) Erhöhung erwarten, schlicht weil die Workloads fehlen und weil AMD hier Geld verschenken würde.
*)
Zu berücksichten bleibt natürlich immer dass AMD nicht nur produkttechnisch entscheidet, sondern auch vertriebstechnisch so etwas wie Halo-Produkte braucht, um weitere Marktanteile zu gewinnen (nichts anderes war bereits der aktuelle 16-Kerner). Vielleicht wird man der Meinung sein, dass man Ende 2021 bzw. 2022 einen medienwirksamen "Knall" braucht und erhöht auf 24 Kerne am oberen Ende der Consumer-Plattform, aber selbst darauf würde ich nicht wetten und eine derartige CPU wird dann noch mehr ein Nischendasein führen. (Für einige Videotranskodierer, Renderer, etc. wäre das ein Glücksfall, aber für bspw. 500 € wird es so eine CPU zweifelsfrei nicht geben und den breiten Mainstream wird ein so hochpreisiges Produkt erneut wenig bis gar nicht interessieren.)
Intel Server sind Cooper Lake (
14nm+++), Ice Lake (
10nm++), Sapphire Rapids (
10nm+++) und Granite Rapids (
7nm+, wenn es nach Plan geht). Rocket Lake und Alder Lake haben mit der Server-Architektur nichts zu tun. Bereits in 2022/23 könnte Intel mit Granite Rapids fertigungstechnisch auf Augenhöhe kontern; dann kann man erstmals einen 1:1-Vergleich anstellen gegen Zen4/Epyc (in TSMCs N5P) und kann sich architektonische und designtechnische Entscheidungen im Detail ansehen.
Eine offene Frage ist bspw., ob Granite Rapids ggf. ein MCM-Design wird. Sapphire Rapids scheint noch weiterhin ein monolithisches Design zu sein.