Sieht auch gar nicht so rosig aus für die russischen Streitkräfte.
Putins Achillesferse – so kann die Ukraine den Krieg noch gewinnen
Die russische Armee kann in der Ukraine langsam vorrücken, verzeichnet aber hohe Verluste. Die ukrainischen Verteidiger sind teilweise auf dem Rückzug, während sie auf Hilfen aus dem Westen warten. Was bedeutet das für den Krieg?
Als eine russische Kolonne mit 48 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen am Samstag von Tonenke in Richtung Umanske im Osten der
Ukraine fährt, gerät sie in einen ukrainischen Hinterhalt. Videoaufnahmen, die auf ukrainischen und russischen Telegramkanälen geteilt werden, zeigen explodierende Panzer. Insgesamt 16 gepanzerte Fahrzeuge soll
Russland an diesem Tag durch ukrainischen Beschuss mit Artillerie und mit Panzerabwehrwaffen verloren haben – ein
Desaster für Russland.
Vor allem russische Militärblogger kritisieren die Naivität, mit der die russische Armee in diese Falle getappt ist. Es sind Bilder, die seit Kriegsbeginn eher selten geworden sind. Sie dokumentieren die Sorglosigkeit, mit der russische Verbände teilweise in der Nähe der Front operieren.
Dabei ist es eine Stärke der Ukraine, sich auch gegen eine russische Übermacht mit kleinen, flexiblen Einheiten verteidigen zu können. Diese Art zu kämpfen, haben ukrainische Soldaten schon Jahre vor Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 trainiert, es ist eine Strategie der schmerzhaften Nadelstiche.
Experten erwarten neuen Fleischwolf
Auf den ersten Blick ist die Lage für die Ukraine düster. Aber dennoch kann Kreml-Chef Wladimir Putin in Moskau noch nicht die Korken knallen lassen – das wäre verfrüht. Denn auch seine Armee tut sich derzeit schwer.
Russland will Sieg durch Erschöpfung
Dabei geht es Moskau nicht um einen Durchbruch oder um schnelle Geländegewinne, weil die russische Armee in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten hatte, ihre Gewinne zu konsolidieren. Das bedeutet: Wenn Russland Gelände gewinnt, wird dadurch die Front länger, weil die russische Armee die Flanken der Geländegewinne zusätzlich verteidigen muss. Das bietet wiederum der Ukraine die Möglichkeit für Hinterhalte mit vergleichbar wenigen Kräften, um russische Versorgungslinien zu kappen.
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International
Analyse
Putins Achillesferse – so kann die Ukraine den Krieg noch gewinnen
ANALYSE
Putins Achillesferse – so kann die Ukraine den Krieg noch gewinnen
Die russische Armee kann in der Ukraine langsam vorrücken, verzeichnet aber hohe Verluste. Die ukrainischen Verteidiger sind teilweise auf dem Rückzug, während sie auf Hilfen aus dem Westen warten. Was bedeutet das für den Krieg?
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03.04.2024, 22:4104.04.2024, 09:00
patrick diekmann / t-online
Ein Artikel von
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Als eine russische Kolonne mit 48 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen am Samstag von Tonenke in Richtung Umanske im Osten der
Ukraine fährt, gerät sie in einen ukrainischen Hinterhalt. Videoaufnahmen, die auf ukrainischen und russischen Telegramkanälen geteilt werden, zeigen explodierende Panzer. Insgesamt 16 gepanzerte Fahrzeuge soll
Russland an diesem Tag durch ukrainischen Beschuss mit Artillerie und mit Panzerabwehrwaffen verloren haben – ein Desaster für Russland.
Mehr zu dem Vorfall liest du hier.
Vor allem russische Militärblogger kritisieren die Naivität, mit der die russische Armee in diese Falle getappt ist. Es sind Bilder, die seit Kriegsbeginn eher selten geworden sind. Sie dokumentieren die Sorglosigkeit, mit der russische Verbände teilweise in der Nähe der Front operieren.
Dabei ist es eine Stärke der Ukraine, sich auch gegen eine russische Übermacht mit kleinen, flexiblen Einheiten verteidigen zu können. Diese Art zu kämpfen, haben ukrainische Soldaten schon Jahre vor Beginn des russischen Angriffskrieges im Februar 2022 trainiert, es ist eine Strategie der schmerzhaften Nadelstiche.
Doch ebendiese Gefechte zeigen auch, wie ernst die Lage für die Ukraine gegenwärtig ist. Die Verteidiger leiden unter Munitionsmangel und müssen auf Hinterhalte zurückgreifen, um den russischen Vormarsch zumindest zu verlangsamen.
Das funktioniert zwar bislang gut, aber die ukrainische Armee spielt damit lediglich auf Zeit. Wenn der Westen seine Uneinigkeiten bezüglich Waffen- und Munitionslieferungen nicht überwindet, sieht es für die Verteidiger düster aus. Und auch für die NATO wird es nun ernst.
Selenskyj greift zu unpopulären Massnahmen
Die ukrainische Führung tut gegenwärtig viel, um die politischen Prozesse im Westen für die Lieferung weiterer Munition und Waffensysteme zu beschleunigen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wandte sich am Freitag in einem Interview mit der «Washington Post» an die
USA.
«Wenn es keine US-Unterstützung gibt, bedeutet das, dass wir keine Flugabwehr haben, keine Patriot-Raketen, keine Störsender für die elektronische Kriegsführung, keine 155-Millimeter-Artilleriegeschosse», erklärte er. «Das bedeutet, dass wir zurückweichen, uns zurückziehen, Schritt für Schritt, in kleinen Schritten.»
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Ein ukrainischer Soldat im Einsatz: Die Ukraine verteidigt sich seit mehr als zwei Jahren gegen den russischen Angriffskrieg.bild: keystone
Rückzug. Dieses Wort kam Selenskyj lange Zeit nicht über die Lippen. Im Gegenteil: Aus strategischen Gründen warb er stets um Unterstützung im Westen, um weitere Gegenoffensiven zu ermöglichen. Deshalb legte sich unter anderem mit dem früheren Armeechef Walerij Saluschnyj an,
als dieser im November des vergangenen Jahres von einer Pattsituation sprach.
Doch nun geht es nicht mehr um Gegenoffensiven, zumindest im Jahr 2024 nicht mehr. Sondern die Ukraine muss vor allem eines: standhalten. Zumindest so lange, bis die langfristige Unterstützung aus dem Westen gesichert ist.
Die ukrainische Führung tut derweil das, was sie aus eigenen Kräften tun kann. Selenskyj senkte etwa das Mindestalter für Mobilisierungen von 27 auf 25 Jahre, was der ukrainischen Armee 400'000 neue Rekruten bringen soll. Gegen diesen Schritt hatte er sich lange gewehrt, auch weil das in der Bevölkerung unpopulär ist. Doch für die Ukraine scheint es keinen anderen Weg zu geben. Sie braucht mehr Soldaten, auch weil sie den kämpfenden Truppen an der Front per Rotation Pausen geben muss. Denn die Erschöpfung ist auch auf der ukrainischen Seite gross.
Experten erwarten neuen Fleischwolf
Auf den ersten Blick ist die Lage für die Ukraine düster. Aber dennoch kann Kreml-Chef
Wladimir Putin in
Moskau noch nicht die Korken knallen lassen – das wäre verfrüht. Denn auch seine Armee tut sich derzeit schwer.
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bild: t-online
Russland gewinnt momentan vor allem im Raum Awdijiwka langsam an Boden. Zur Erinnerung: Die Kleinstadt im Südosten des Landes wurde im Februar 2024 von der russischen Armee erobert. Hier können Putins Truppen auch deshalb noch Raumgewinne erzielen, weil die ukrainischen Verteidigungsstellungen nach dem Verlust der Stadt eher improvisiert sind. Sie mussten teilweise von den ukrainischen Soldaten selbst ausgehoben werden und sind nicht vergleichbar mit anderen Stellungen, die die Ukraine seit 2014 auf- und stetig ausgebaut hat.
Dadurch werden geringfügige Geländegewinne der russischen Armee möglich. Der Mangel an Flugabwehrraketen auf ukrainischer Seite führt ausserdem dazu, dass Putin seine
Luftwaffe mittlerweile in unmittelbarer Frontnähe einsetzen kann. Russische Kampfjets werfen Gleitbomben mit viel Sprengstoff auf ukrainische Stellungen und können meistens eben nicht von der ukrainischen Flugabwehr erfasst werden, weil
Kiew diese Systeme auf der über 2000 Kilometer langen Front nur punktuell einsetzen kann. Insbesondere, weil die Ukraine auch die eigenen Städte vor russischen Raketen- und Drohnenangriffen schützen muss.
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bild: t-online
Experten erwarten nun, dass Tschassiw Jar bei Bachmut der nächste Schauplatz für erbitterte Kämpfe sein wird. Der Ort wird von der Ukraine gehalten, gilt als wichtiger Verkehrsknotenpunkt. Im Gegensatz zum Raum Awdijiwka sind hier die Verteidigungsstellungen besser ausgebaut. Es droht das nächste Blutbad, auch weil der Kreml seine Soldaten ohne Rücksicht auf Verluste in diesen nächsten Fleischwolf schicken wird.
Russland will Sieg durch Erschöpfung
Dabei geht es Moskau nicht um einen Durchbruch oder um schnelle Geländegewinne, weil die russische Armee in der Vergangenheit immer wieder Schwierigkeiten hatte, ihre Gewinne zu konsolidieren. Das bedeutet: Wenn Russland Gelände gewinnt, wird dadurch die Front länger, weil die russische Armee die Flanken der Geländegewinne zusätzlich verteidigen muss. Das bietet wiederum der Ukraine die Möglichkeit für Hinterhalte mit vergleichbar wenigen Kräften, um russische Versorgungslinien zu kappen.
Je mehr Gebiet Russland also einnimmt, desto mehr Kräfte muss es aufwenden, um es zu verteidigen. Auch gegen die ukrainische Bevölkerung, aus der teilweise Partisanen aktiv im Untergrund kämpfen. Für Russland ist das auf lange Sicht eigentlich eine
katastrophale Situation, die momentan allerdings vom Mangel der Ukraine in den Schatten gestellt wird.
Darin sieht Putin seine Chance. Der bisherige Kriegsverlauf zeigt:
Dem Kremlchef sind seine Panzer wichtiger als seine Soldaten. Aber auch weil die russische Armee mit ihrem Gerät haushalten muss, verfolgt der Kreml die Strategie, die Ukraine langsam zu erdrücken. Deshalb verwickelt Russland die Verteidiger in Artilleriegefechte, stürmt an, bis den Verteidigern die Munition ausgeht und sie sich zurückziehen müssen. Diese Entwicklung ist derzeit an einigen Frontabschnitten zu beobachten.
Russland setzt also auf einen Sieg durch Erschöpfung der Ukraine, grosse Durchbrüche sind dafür nicht unbedingt notwendig. Es ist ein Abnutzungskrieg.
Die russische Armee kann vorrücken, die ukrainischen Verteidiger sind teilweise auf dem Rückzug. Was bedeutet das für den Krieg?
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