Adblocker: Axel Springer nimmt erneut gerichtlich Anlauf

Vorweg, bei nochmaligen Lesen meiner Antwort ist mir aufgefallen, dass sie sich womöglich aggressiver wirkt, als sie gemeint war. Sorry, wenn das falsch rübergekommen sein sollte.

Die Gründe dafür sind banal, aber nicht so einseitig verteilt, wie es oft dargestellt wird. Aufdringliche Werbearten sowie Maßnahmen zur Werbeabwehr gibt es seit den 90ern. Ich habe mit Thilo schon 2005 darüber gefachsimpelt, dass es so nicht weiter gehen kann; er hoffte damals auf weniger aufdringliche, Interaktivität anregende Formen die gerade in den USA aufkamen. Und dann ebenso schnell wieder in der Verdenkung verschwanden.

Jeder hat so seine Erfahrungen. Ich war ab Ende der 90er bis ungefähr 2008 mit wechselnder Intensität an verschieden Online-Projekten ohne Gewinnerzielungsabsicht beteiligt und deren Betriebskosten ließen sich in aller Regel mit einem einzigen (pro Seitenaufruf wechselnden) statischen Banner von rund 80 Pixeln Höhe decken. Und damals waren Webhoster noch vergleichsweise teuer. Klar, die Betriebskosten skalierten mit der benötigten Bandbreite und selbst ein gut laufendes Fanzine hat nicht unbedingt Millionenzugriffe, aber die Skalierung stimmte noch: Mehr Besucher verursachten mehr Kosten, brachten aber auch mehr Views, die wiederum höhere Einnahmen brachten. Und kein Schwein kam auf den Gedanken, ein dezentes Werbebanner zu blocken, obwohl es schon damals diverse Blocker gab.

Geblockt wird seit langem eben nicht nur neue, besonders störende Werbung, sondern grundsätzlich alles, dem man habhaft wird.

Allerdings ist selektive Blocken auch unglaublich aufwändiger als pauschal alles zu blocken, was man nicht sehen will. Die Quelltexte/Scripte für das Einblenden von Reklame sind absichtlich zigfach verschachtelt, chiffriert und container-in-container, um das Blocken per se zu erschweren, so dass es schon sehr viel Fairplay und Sachverstand seitens des Konsumenten erfordert, nur bestimmte Elemente herauszufriemeln.
Dass dann der Ottonormal-Konsument abwinkt und ohne jede Feineinstellung jeweils den Adblocker verwendet, der ihn am zuverlässigsten von der Belästigung befreit, darf man niemandem verdenken.

Aber ja, du hast recht, das macht den Weg frei für versteckte/verschleierte Werbung und die ist in aller Regel unseriös. Nichtsdestotrotz kann man auch als seriöser Anbieter davon lernen, in welcher Form Werbung nicht als störend empfunden wird und die grundlegende Methodik adaptieren, ohne die Intention zu übernehmen.
Es gibt Vertreter, die das vormachen: Es wird viel eher akzeptiert, wenn der Sprecher kurz die Nennung von Sponsoren einschiebt oder Produkte im Hintergrund platziert, als wenn ein Werbeclip das Programm unterbricht oder irgendwelche Banner umher tänzeln. Und so lange die Nennung der Sponsoren auch so bezeichnet und das Product Placement nicht verschleiert wird (und womöglich sogar nach Anbietern ausgewogen ist), kann man das auch moralisch und rechtlich nicht beanstanden.

Kurz, Menschen mögen keine harten Brüche, und schon gar nicht, wenn diese das unterbrechen, auf das sich jemand gerade konzentrieren möchte. Ein sanfter Exkurs, der als solcher erkennbar ist, wird jedoch akzeptiert. Durch das zunehmende Ende linear präsentierter Inhalte ist nicht einmal die Fraktion aufgebracht, die bei Werbeblöcken gerne eine Pinkel-/Snackpause einlegt, weil man ja jederzeit unterbrechen kann.
Anbieterseitig betrachtet hat ins Programm eingebundene Reklame den Vorteil, dass sie weder ausgeblendet noch geblockt werden kann. Das ist eine Win-Win-Situation: Der Eine wird nicht genervt, der Andere kann werbefinanziert arbeiten.

Aber: Als Anbieter muss man umdenken. Im Video mal kurz mit verschmitztem Tonfall zu erzählen, wer den Clip ermöglicht hat, ist noch relativ einfach; dasselbe in textlicher Präsentation zu leisten erfordert deutlich mehr handwerkliches Geschick. Das kann man aber - so nicht bereits vorhanden - erlernen und es hätte den nützlichen Nebeneffekt, dass sich das unsägliche Abschreiber-Syndrom verflüchtigt. Man kann nach wie vor News übernehmen, aber sie in das eigene Präsentation Konzept zu überführen erfordert deutlich mehr Kompetenz, als sie leicht (und oft falsch) unformuliert auf die Seite zu ballern, während rundherum Banner blinken.

Kompetenz entwickelt jedoch auch der Verbraucher. Wenn er erst einmal gemerkt hat, wie angenehm verantwortungsvolles Influencing ist, erkennt er zunehmend auch, wie unverantwortliches Influencing aussieht. Ganz davon zu schweigen, dass viele Gründe für verschämt-unseriöse Werbemaßnahmen wegfallen, wenn diese allgemein akzeptiert und die neue Normalität sind. <--- In der Hinsicht bin ich der Optimist. :)
 
Warum werden hier die Texte in den Postings immer länger es ist mühsam zu lesen , wo rum es geht ist ja allem Klar darüber weiter zu diskutieren bringt nichts, ein Verbot von Werbelockern wird es nie geben eher ein Verbot das sich da Firmen einkaufen wegen Wettbewerbsvorteile .
 
Warum werden hier die Texte in den Postings immer länger es ist mühsam zu lesen , wo rum es geht ist ja allem Klar darüber weiter zu diskutieren bringt nichts, ein Verbot von Werbelockern wird es nie geben eher ein Verbot das sich da Firmen einkaufen wegen Wettbewerbsvorteile .
Wenn das alles so klar ist, was suchst Du dann hier in dem Thread? Davon abgesehen gibt es hier Leute, denen mehr als 3 Zeilen Text nicht zuviel zugemutet sind und die sich dafür interessieren.
 
Offensichtlich mehr Text als einige zu lesen bereit sind :-)

Mit Bezug auf Fanprojekte magst du recht haben. Server- und heutzutage Traffic-Kosten sind das kleinste Problem. Wenn man ein eigenes Admin-, Entwickler- sowie zwecks Reichweitenerlangung SEO-Team, vor allem aber eine eigene Redaktion bezahlen muss, hat man ganz andere Kosten zu decken.

Ich kann (und würde) keine genauen Zahlen nennen, aber PCGH.de ist schon lange kein vom Print-Heft querfinanziertes Produkt mehr, das Geld fließt in Gegenrichtung respektive es gibt keine reinen "Print"-Redakteure mehr. Hinter dem Online-Angebot, dass die hier anwesenden offensichtlich gerne nutzen, stehen zehn Vollzeit-Redakteure, ein halbes dutzend freier Mitarbeiter und ein sechs bis acht Techniker. Letztere sind zwar Computec-weit aktiv, aber wir stellen eine der wichtigsten Seiten des Verlages und haben einen entsprechenden Anteil an der Arbeit. Auch wenn ZAMs xte "https kommt noch"-Entschuldigung und die Typo-Quote mancher News bei nicht eingeweihten Fragen an der Effizienz dieser Truppe aufkommen lassen, reden wir hier von einer ganzen Menge Arbeitsplätze, die finanziert werden wollen. Und das beinhaltet nicht nur das berüchtigte "gehalt" mit kleinem G, dass am Ende des Monats auf Konten ankommt, sondern auch die arbeinehmerseitigen Nebenkosten, die physischen Arbeitsplätze selbst und, auch das will niemand abstreiten, einen gewissen Gewinn der an die Muttergesellschaft/den Besitzer abzuführen ist.

Diese Summen erhält man nicht allein dafür, dass man kurz einen Herstellernamen erwähnt; schon gar nicht in Print. Auch wenn ich es ohne direkte, juristisch relevante Anschuldigungen nicht detailiert ausführen kann, gehe ich auch davon aus, dass du falsche Vorstellungen davon hast, für welche Werbeformen wieviel gezahlt wird und in welchem Ausmaß subversive Werbung praktiziert wird. Gerade bei Youtube-Influencern, sind der explizit mit Video eingeblendete oder ausdrücklich genannte Sponsor (wahrscheinlich) nur der Anfang. Im gesamten restlichen Video werden diverse Produkte gezeigt, genutzt und erwähnt. All das lässt sich vermarkten und für einige dieser integrierten Werbeformen wird mehr gezahlt als für eine plakative Anzeige, die wesentlich mehr Raum einnimmt, aber von jedem als solche erkannt wird. Von den Produkten, die im eigentlichen Zentrum des Beitrages stehen, ganz zu schweigen. Bei den großen Stars sollen vier, teilweise fünfstellige Summen dafür fließen, dass sie etwas nur in die Hand nehmen – was noch okay ist, solange sie im Anschluss frei und kompetent ihre Meinung dazu sagen. Andere Webseiten veröffentlichen täglich umfangreiche "Tests", obwohl sie in der Branche als 1-Mann-Unternehmen bekannt sind.

Offizielle Sponsoren sind nur eine Spitze am Eisberg. Wer eine zu kleine Zielgruppe erreicht, um anders über die Runden zu kommen, oder schlicht keinen Skrupel kennt, der findet weitaus lohnendere Einnahmequellen.
 
Diese Summen erhält man nicht allein dafür, dass man kurz einen Herstellernamen erwähnt; schon gar nicht in Print.

Den Bereich Print würde ich sogar erst einmal komplett außen vor lassen, zumal es dort keine Werbeeinblendungen gibt. Auch dass die (lobende) Erwähnung von Herstellernamen nur eine sehr überschaubare Vergütung erfährt, dürfte niemanden überraschen.

Auch wenn ich es ohne direkte, juristisch relevante Anschuldigungen nicht detailiert ausführen kann, gehe ich auch davon aus, dass du falsche Vorstellungen davon hast, für welche Werbeformen wieviel gezahlt wird und in welchem Ausmaß subversive Werbung praktiziert wird.

Du wärst vermutlich überrascht, wie weit meine diesbezüglichen Vorstellungskraft geht. :)
Ich möchte das aber gar nicht weiter vertiefen. Wie schon geschrieben, es geht um die Adaption von Verfahren, die offenkundig größere Akzeptanz seitens des Verbrauchers erfahren und legal sind und selbst den Presserat nicht aus dem Schlaf reißen.

Es ist ein offenes Geheimnis ist, dass ein wesentlicher Teil der Werbeeinnahmen nicht durch das entsteht, was im Browser angezeigt oder vom Verbraucher angeklickt wird, oder zu konkreten Transaktionen führt, sondern durch das, was im Hintergrund abläuft. Das ist gewissermaßen legale Subversivität und davon kann man auch die bei PCGH.de geschaltete Reklame nicht freisprechen.
In sofern weiß ich nicht, ob es zielführend ist, hier eine moralisch erhabene Position einzunehmen (Auch wenn deine Einstellung dich ehrt ...). Neben Wirtschaftlichkeit und Kundenakzeptanz interessiert letztlich nur die Legalität und die Wahrnehmung der journalistischen Sorgfaltspflicht.
Wie du schon sagst: Man kann Produkte in verschiedenster Form lobhudeln. So ziemlich alles davon wäre in Ordnung, so lange die etwaige sachliche Bewertung des Produkts davon unbenommen ist und der Leser nicht genervt ist.

Dass das Ganze dann teilweise schizophren wirkt ... Geschenkt. Dieses Problem ist keineswegs neu. Schon als Online-Content noch gar kein Thema war, kam nur sehr gelegentlich Verwunderung auf, wenn in einem reinen Print-Magazin ein Produkt getestet wurde und in der Anzeigenspalte daneben Werbung für dieses Produkt auftauchte, die mit dem Testergebnis - schonend formuliert - nur bedingt korrespondierte.

Bei den großen Stars sollen vier, teilweise fünfstellige Summen dafür fließen, dass sie etwas nur in die Hand nehmen – was noch okay ist, solange sie im Anschluss frei und kompetent ihre Meinung dazu sagen. Andere Webseiten veröffentlichen täglich umfangreiche "Tests", obwohl sie in der Branche als 1-Mann-Unternehmen bekannt sind.

Genau das. Werbung kann und darf subversiv sein. Entscheidend ist, dass die Rezipienten sie akzeptieren und sie weiterhin sauber von den redaktionelle Inhalten getrennt ist. Sachlich getrennt, nicht von der Präsentation her.

Wenn beispielsweise du ein Produkt in die Hand nimmst und dein Ruf geeignet ist, diesen Akt zu monetarisieren, dann ist dagegen nichts einzuwenden. Dein Ruf basiert ja gerade darauf, dass die Leser wissen, dass du das Produkt zwar als total sexy präsentierst, es aber trotzdem knallhart neutral bewerten wirst.
Worauf der Leser anschließend seine Kaufentscheidung fußen lässt, muss dich nichts angehen, denn du hast die Fakten geliefert.
 
Ihr beschreibt beide das Gleiche: Selektion durch den Nutzer. Darum geht es in der Springerklage aber gar nicht, sondern um Selektion durch den kommerziellen Anbieter Eyeo. Jeder hat die Möglichkeit und das Recht, durch Filterlisten seinen Zugang zum Internet selbst einzuschränken und durch Stylesheets die Darstellung seines Browsers zu beeinflussen. Personen mit Sehbehinderung sind zum Teil sogar dazu gezwungen.


Sorry Torsten, aber da liegst du einfach falsch.

Im Urheberrecht geht es eben nicht darum, ob jemand kommerziell oder nicht kommerziell handelt, das ist Sache des Wettbewerbsrechts und das hat der BGH gerade zugunsten von eyeo entschieden. Hier geht es um die Frage, ob der Nutzer eines mit beliebigem Adblocker konfigurierter Browsers gegen Urheberrecht verstößt, wenn er Skripte beim Besuch einer Webseite nicht lädt, oder eigene Formatierungen verwendet.

Lies mal § 69c UrhG. Die Frage ist allein, ob es ein Computerprogramm gibt und ob der Nutzer das illegal verändert mit seinem Browser. Wenn ja, ist er haftbar. Der Hersteller der Software (so wie z.B. im Filesharing auch) haftet dann nur nachrangig.
 
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