Das ist der Punkt, an dem die meisten vernunftbegabten Lebewesen stutzig werden und sich fragen, ob da womöglich etwas dran sein könnte ...
Oder ob eine Falschaussage solange wiederholt wurde, bist genug daran glauben?
Es sind Open-World-Titel da gibt es kein "Durchspielen" und keinen Schluss. Du musst einfach nur auf den Abschluss einer Mission/Questline verzichten, kannst das Spiel aber frisch, fromm, fröhlich und frei weiterzocken.
Es gibt bei den 3D GTA Teilen eine Hauptgeschichte, die man durchspielen kann.
Und selbst wenn es so wäre, ist es immer noch die Entscheidung des Spielers, ob er das Spiel an Punkten beenden möchte, die mit seinen Wertvorstellungen nicht mehr vereinbar sind. Bei Rape Day müsste man bei vergleichbarem Wertekanon mit dem Spielen aufhören, bevor man überhaupt angefangen hat.
Wäre bei GTA V auch so. Schon im Prolog überfällt man eine Bank und muss zwingend einen Mord begehen. GTA V ist übrigens auf Platz 3 der am meistverkauften Spiele aller Zeiten.
Also soweit scheint es mit dem Wertekanon nicht zu sein, bei der Spielerschaft.
Und auch wenn es ermüdend wird, das zu wiederholen: Das alles wurde hier bereits angesprochen. Ja, in vielen Spielen spielt man fragwürdige Charaktere, und ja, manchmal hat man - außer durch Verzicht - keine Wahl, diese Talfahrt des Protagonisten/Spielercharakters mitzumachen oder sogar mitzugestalten. In aller Regel spielt man aber Figuren, die tatsächlich einen Charakter haben und deren krimineller Werdegang eine Geschichte (siehe auch: Subtext) erzählt.
Die Geschichte in GTA Teilen – übrigens ich bin kein Kritiker dieser Reihe, mir machen diese Spiele viel Spaß – ist grob gesagt, du arbeitest dich an die Spitze der jeweiligen Stadt und erlangst Geld und Macht. Und das alles über Verbrechen.
Ein Werdegang der – zurecht – im wahren Leben von den meisten Menschen verurteilt werden würde. Pablo Escobar war ein Mörder. Er hat auch zig andere Verbrechen begangen, aber ich denke, wir können uns darauf einigen, dass Mord am verwerflichsten ist.
Ich denke, jeder der hier anwesenden würde seinen Werdegang verurteilen und das Leid, dass er über viele Menschen gebracht hat, bedauern.
In GTA hingegen ein kriminelles Imperium aufbauen –auch Drogen – ist hingegen für die meisten Spieler ein Konzept, das aufgeht.
Was ist also der entscheidende Unterschied? Realität und Fiktion. Ich kann echte Verbrechen ablehnen und trotzdem meinen Spaß als Mörder und Dealer in GTA haben.
Also warum wird hier jetzt versucht eine Moraldebatte zu führen, wenn es dem Spieler sonst auch egal ist?
In Spielen wie "Rape Day" spielt man den sogenannten (Lucky) Bastard Guy ohne jeglichen charakterlichen Hintergrund oder erzählerische Einordnung, dessen einzige Funktion es ist dafür zu sorgen, dass der virtuelle P3nis nicht freischwebend ist. Sprich, das Ganze dient ausschließlich dafür, das Reptilienhirn zu bedienen.
Es gäbe für mich genau einen Grund „Rape Day“ abzulehnen. Wenn dabei echte Menschen zu Schaden kommen würden. Es ist ein Spiel. Es bleiben Einsen und Nullen.
Darüber hinaus, die Debatte die hier führst, ist nichts anderes, als die“ Killerspiel“ Debatte, nur mit einem anderen Hintergrund. Statt – wer solche Spiele spielt, trainiert für einen Amoklauf – ist es hier – wer solche Spiele spielt, hat ein Reptilienhirn -.
Ich dachte ja ernsthaft, wie wäre über solche einfachen Debatten hinaus.
Und wenn immer nur das Reptilienhirn bedient wird, sind keine höheren Hirnfunktionen beteiligt, die eventuell zu einem Hinterfragen führen könnten, ob das okay ist, was man da gerade macht, ob man sich damit (über den Lustgewinn hinaus) wohl fühlt und welche moralische Distanz man zur Spielfigur hat. Wie viel moralische Distanz kann man zu einer virtuellen Verlängerung des eigenen Dödels haben? - Eben..
Wie viel moralische Distanz kann man zu einem Mörder haben? 100 Millionen verkaufte Einheiten GTA V sprechen für sich. Ach oder ist das plötzlich was anderes?
Ach ja, bevor hier die nächste bereits geschlachtete Sau durch Dorf getrieben wird: Auch unter Ausschluss des moralischen Arguments, also rein utilitaristisch betrachtet, sind Tötungen und Vergewaltigung unterschiedlich zu bewerten. Eine Tötung ist - Moral und gesellschaftlichen Konsens außen vor - immer noch ein Mittel, um einen bestimmten Zweck zu erreichen (Widersacher oder Hindernisse ausschalten, Gefahren abwenden etc.) und man kann darüber diskutieren, ob der Einsatz dieses Mittels in der spezifischen (fiktiven) Situation irgendwie zu rechtfertigen ist.
Der erste Mord in GTA V dient dazu, einen Wachmann zu beseitigen, der das Gesicht eines Komplizen beim Raubüberfall gesehen hat. Sprich ein Mord, um ein anderes Verbrechen zu verdecken.
Darüber hinaus, ist ein Mord unumkehrbar und wird daher – zu Recht – in den meisten Rechtsstaaten das verwerflichste Verbrechen. Es hat seine Gründe, warum Mord längere Strafen nach sich zieht, als Vergewaltigung.
Wenn wir also jetzt Moral in Videospiele reinbringen wollen – warum man auch immer das tun sollte, es ist Fiktion, nicht die Realität – inwiefern, wäre das zu rechtfertigen?
Eine Vergewaltigung erfolgt um ihrer selbst willen und mit Töten nur zu vergleichen, wenn aus Lust am Töten getötet wird - weshalb wiederum Titel, in denen ohne Subtext gemeuchelt wird, ebenso betrachtet und behandelt werden wie "Rape Day".
Wenn wir weiter die Moralschiene für Einsen und Nullen führen wollen. Es ist sicher beruhigend zu wissen, dass der Wachmann in GTA V für einen Subtext ermordet wurde.
Fazit: Spiele sind Fiktion. Eine lange Aneinanderreihung von Einsen und Nullen. Dafür ist kein echter Mensch zu Schaden gekommen. Also sollten man – sofern im Vollbesitz seiner geistigen Fähigkeiten – den Unterschied zwischen Fiktion und Realität erkennen.
Wer das nicht kann, hat ganz andere Probleme. Unabhängig vom Spiel.