Werbefreie Alternativen zum konventionellen Fernsehen anzubieten ist keine neue Idee. Premiere hat das schon vor einem Vierteljahrhundert praktiziert – wie tragbar dieses Geschäftsmodell war, sollte bekannt sein.
Ich kann nur Einzelbeispiele finden, aber denen zu Folge kostet Werbung beispielsweise in einem Formel-1-Rennen mit 4,5 Millionen Zuschauern um die 150.000 Euro pro 30-Sekunden-Spot. Werbetreibende sind also bereit, pro Sekunde Aufmerksamkeit eines Zuschauers rund 0,1 Cent zu zahlen. Wenn jemand täglich Netflix schaut und man ihm pro Tag einen normalen 5-Minuten-Block vorsetzt, sind das schon 9 Euro im Monat. Fünf derartige Blöcke über gut zwei Stunden verteilt, also das normale Free(net)-TV-Pensum für einen Film oder zwei Serienfolgen pro Tag, entsprächen 45 Euro pro Nutzer. Netflix dürfte sogar noch bessere Preise erzielen, weil sie die Nutzungsgewohnheiten jedes Zuschauers genau kennen und Werbung Zielgruppengerecht ausliefern können. Die gleichen Einnahmen wie mit Werbung durch höhere Gebühren zu erreichen ist also kaum möglich, nur wenige würde so eine Preiserhöhung akzeptieren. Im Gegensatz zu Pay-TV-Anbietern der 90er Jahre könnte Netflix natürlich auch eine kleine Zahl werbefreier Premium-Accounts zu deutlich höheren Preisen anbieten, aber das jetzige Konzept mit "wenig Werbung für alle" ist letztlich Dumping um mehr Nutzer zu gewinnen. Langfristig würde sich dieses Modell nur tragen, wenn man Content deutlich günstiger als die konventionelle Konkurrenz einkauft – und das ist in Zeiten zunehmender Streaming-Anbieter nicht mehr der Fall.
tl;dr: Wer "lieber höhere Preise statt Werbung" fordert, sollte sich darüber im klaren sein, dass er möglicherweise von mehreren hundert Euro im Jahr spricht.