Iran besitzt rund 90 Mio Einwohner und wichtig sind zB Rohstoffe. Natürlich Öl und Gas, aber
"Der Bergbau und die Weiterverarbeitung der abgebauten Rohstoffe tragen weitere 14,2 % zum BIP des Iran bei. Zu den wichtigsten dieser Rohstoffe gehören Kohle (1,3 Millionen Tonnen 2012), Eisen (24 Millionen Tonnen), Kupfer (260.000 Tonnen), Aluminium (230.000 Tonnen), Blei (40.000 Tonnen) und Mangan (70.000 Tonnen). Die Minen sind teils in privatem Besitz, teils werden sie über das staatliche Unternehmen
IMIDRO von der Regierung kontrolliert.
[505]"
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Der Iran hat, schon allein durch seine Größe, wesentlich mehr Rohstoffvorkommen als Israel. Aber seine Verarbeitungskapazitäten sind begrenzt, selbst bei so naheliegenden Dingen wie Rohölraffineration kann er iirc nicht einmal den zivilen Eigenbedarf decken. Verglichen mit Israel dürfte er daher soger stärker vom Import vorverarbeiteter Produkte abhängig sein, obwohl er die Ausgangssubstanzen für selbige teils seinerseits exportiert. Zugleich hat er wegen der Sanktionen weitaus weniger Handelspartner zur Auswahl und kaum Devisen, um diese zu bezahlen. Alle bekanntgewordenen, größeren Importe des Irans waren darauf angewiesen, dass irgend jemand anders iranisches Öl als Zahlungsmittel akzeptiert und den resultierenden Stress mit EU und USA hinnimmt. Das machen aber nicht viele.
Die größere Bevölkerung ist dabei sogar eher ein Nachteil für den Iran: Auch wenn einige Regierungschefs dieser Welt mental im 19. Jhd. feststecken, leben wir wirtschaftlich im 21.. Menschen sind keine unverzichtbaren Produktionsmittel mehr, sondern Verbraucher, deren Versorgung man gewährleisten muss. Und da hört man aus dem Iran immer wieder von größeren Problemen an allen Ecken und Enden. Egal ob Benzin, Nahrungsmittel oder Medikamente.
Was hat die Größe der Hamas damit zu tun? Sie ist scheinbar in der Lage Terror zu verbreiten und Israel empfindlich zu schaden.
Ja, mit einem bewaffneten Arm von 30000 vor dem 7. Oktober war sie in der Lage, Terror zu verbreiten. Zu was wäre sie wohl in der Lage, wenn sie nach einem Popularitätsanstieg 300000 unter Waffen versammeln könnte? Und in Gegenrichtung: Wie hoch ist Quote von Hamas-Tätern, die man erwischt, wenn man Aktionen gegen alle Palästinenser durchzieht? 1:100? 1:1000? Wieviele unschuldige Kollateralopfer sind noch "okay"?
Größe ist der Unterschied zwischen Ärgernis und Problem. Größe ist der Unterschied zwischen entschuldbar und Genozid. Größe ist alles in einem Krieg, denn gäbe es nichts großes darin, wäre es gar kein Krieg, sondern nur vereinzelte Kampfhandlungen.
Eine Freilassung der Geiseln wäre auf jeden Fall erstmal deeskalierend. Und würde vielleicht einen zumindest vorrübergehenden Waffenstillstand ermöglichen. So das die Bevölkerung in Gaza vernünftig versorgt werden kann.
"Vielleicht". Und "deeskalierend" ist auch wachsweich: Totale Vernichtung in Jahren statt in Wochen ist auch eine Deeskalation. Aber für die zu vernichtenden kein allzu großer Forschritt.
Ich würde es auch begrüßen, wenn die Geiseln freigelassen werden. Aber aus Perspektive der Hamas sehe ich tatsächlich keinen einzigen guten Grund, warum sie das machen sollten. Netanjahu hat der Hamas den Krieg bis zur Auslöschung erklärt, hat die Hamas-Mitglieder als Tiere ohne Menschenrechte eingestuft. Mehrfach. Öffentlich. In großen Reden. Und einige seiner Kabinettsmitglieder haben das auf ganz Palästina ausgedehnt, fordern die Vertreibung der gesamenten Bevölkerung und israelische Besiedlung. Nichts davon wurde bislang zurückgenommen, im Austausch für die Geiseln wurden 0 langfristige Garantien für gar nichts angeboten.
Das absolute einzige, was für die Freilassung der Geiseln spricht, sind Humanismus und Nächstenliebe. Also genau das, was die Hamas definitiv nicht hat. Nicht einmal gegenüber Palästinensern, geschweige denn gegenüber Israelis.
Natürlich kann sie das. Netanjahu hätte nach Meinung der Bevölkerung das Ziel erreicht und Wahlen gibt es immer, da muss er schauen, wo er bleibt. Weiter auf die Auslöschen pochen würde ihm keine Pluspunkte bringen.
Wenn er so einsichtig wäre, sollte der Hamas mal ein entsprechendes Angebot machen. Anstatt Gespräche zu verweigern, wenn irgend jemand anderes die Initiative ergreift.
Reguläre Wahlen sind jedenfalls erst in zwei Jahren (während die Vernichtung der Hamas binnen Wochen bis Monaten erfolgen soll), die aktuelle Regierung wurde explizit für aggressives Vorgehen gegen Palästinenser gewählt und ganz allgemein ist die Hamas nicht gerade dafür bekannt, was von Demokratie zu verstehen oder etwas anderes als blanken Hass in jedem Israeli zu sehen. Also wird sie nicht von einem baldigen Wahlsieg Palästina-freundlicher Israelis ausgehen, sondern sich bestenfalls durch belastbare Zusagen überzeugen lassen.
(Ich persönlich habe so meine Zweifel, dass sie selbst dann einen Komplettaustausch akzeptieren würde. Zu verlockend, den Preis bei den letzten 3-4 dutzend exponentiell eskalieren zu lassen, zumal es bei den Bedingungen im Gaza-Streifen ohnehin ein Wunder und verdammt viel Fürsorge seitens Hamas -
- bräuchte, damit noch alle Geiseln am Leben wären. Aber genau deswegen wäre es, mit Blick auf die arabische Welt, so wichtig, dass die israelische Regierung mit Angeboten statt Blockade auftritt: Dann wäre es nämlich die Hamas, die sich dem Frieden verweigern müsste, anstatt sich weiter als rein passiv getriebenes Opfer darzustellen.)
Gibt es eigentlich Zahlen, was der Angriff dem Iran gekostet hat?
Ich habe inzwischen von Militärexperten gehört, dass der Iran einen solchen Angriff nicht nochmal durchführen kann, weils einerseits sehr teuer war und andererseits, dass sie nicht mehr genug militärisches Geräte haen, also nicht genug Raketen, etc.
Kenne keine Zahlen, aber wer auch immer was von Kosten UND Gerät erzählt, erzählt imho Bullshit.
Iran ist seit Jahrzehnten derart isoliert, dass fast alles im Land selbst hergestellt wird. Insbesondere das Raketenprogramm hat man komplett selbst hochgezogen und bei denen Drohnen wird auch nur etwas Steuerungselektronik importiert. In einer staatlich gelenkten Wirtschaft von "Kosten" für heimische Produkte zu sprechen, ist irreführend. Der Iran hat Bestände und er hat Produktionskapazitäten. Die kann er nutzen oder nicht, dadurch steigen die Ausgaben aber nicht nenneswert an, sondern es werden allenfalls ein paar Posten umgebucht. Als echte Kosten würde nur zählen, was gegen Devisen importiert werden muss oder im Export wegbricht.
Nachdem Russland die Drohnen längst in Lizenz selbst fertigt, wird das verschossene Material aber nicht exportrelevant gewesen sein und was der Iran für die chinesische Elektronik zahlt, die er offiziell gar nicht bekommt, kann wohl kaum jemand von außen verlässlich hochrechnen. Dafür müsste man direkte Einsicht haben, denn in der aktuellen geopolitischen Lage wird die chinesische Regierung keine kostenorientierten, sondern rein politisch festgesetzte Preise machen - ggf. bis runter auf 0 €.
Ebenso würde ich übrigens bezweifeln, dass es eine Schnittmenge gibt zwischen "Leuten, die die iranischen Bestände kennen" und "Leuten, die in den Medien über iranische Bestände reden". Das iranische Rüstungsprogramm ist, wie bereits geschrieben, sehr bestrebt sich vor amerikanischen Luftangriffen oder auch nur Überwachungsversuchen zu schützen. Wenn sich jemand vor US-Geheimdiensten zu verstecken versucht, bleiben für gewöhnlich wenig Hinweise für dahergelaufene Journalisten übrig. Aus den Schnipseln mit Sicherheit ableiten zu wollen, sie könnten nicht nochmal, spricht nicht für eine seriöse Analyse.
Ich persönlich würde rein aus dem Verhalten des Irans heraus sogar wetten, dass sie nur einen sehr kleinen Teil ihres Arsenals zum Einsatz gebracht haben: Sie hatten keinen Grund, gerade mit der letztlich gewählten Anzahl an Drohnen und Raketen anzugreifen. Der Schaden war minimal und irrelevant; kein geplanter Erfolg. Die primäre Wirkung war einfach nur die öffentliche Meldung "Iran greift Israel erstmals direkt an." Diese Meldung hätte es auch gegeben, wenn man statt hunderten nur dutzende Geschosse losgeschickt und die restlichen als Sicherheitsreserve behalten hätte. Hat man aber nicht und daher würde ich annehmen, dass man andere Sicherheitsreserven in 1000er oder gar 10000er Größe hat. Denn eins ist klar: Israel in einer Dimension zu beschießen, die nicht wirklich Schaden anrichtet, schützt einen nicht vor israelischen Angriffen, sondern macht diese nur noch wahrscheinlicher. Das weiß auch der Iran und muss darauf vorbreitet gewesen sein, also zu weiteren Angriffen von deutlich größerer Härte in der Lage sein.
(Die einzige andere Interpretation wäre eine ganz bewusste Dimensionierung so, dass Israel gerade eben nur einen Schreck erhält, aber nicht wirklich was, wofür sie sich rächen müssten. Also eine präzise Angriffsplanung in einer Dimension, die innenpolitisch ein Erfolg ist und außenpolitisch 0 Eskalationspotential hat. Aber sollte der Iran die israelische Luftabwehr und die Zusammenarbeit mit den Nachbarländern derart gut kennen, dass er das so präzise dimensionieren kann, dann sollten wir das in einem getrennten Thread weiterbesprechen. Denn dann steht Israel nackig da und hat ein verdammt großes Problem. Glaube ich aber ehrlich gesagt nicht.)