Fragwürdige Theorie. Ganz abgesehen davon, dass HL1 nicht als 3D-FPS auffiel. Schon allein die Übernahme der Engine von einem bestehenden 3D-FPS sollte klarstellen, dass das nichts neues war. Das besondere an HL1 war die Einbindung einer Story durch gescriptete Ereignisse in einen FPS.
Würde sogar weiter gehen und sagen, dass selbst DAS in der ganzen Branche am Horizont geschrieben stand, wenn man sich die FPS-Konkurrenztitel des gleichen Jahres ansieht: "Jurassic Park: Trespasser", "Shogo:MAD" und "S.I.N.". Nur "Unreal" hat in dem Jahr noch das klassische "nur Level, keine Story" Schema verfolgt. Selbst "Turok 2" war da schon weiter mit den Cutscenes.
Ich würde sogar behaupten, das SIN die Sache mit der Story am besten gelöst hat, aber das was Half Life besonders machte war das sog. "world building" und die Immersion und Exposition am Anfang: Man bleibt über das komplette Spiel "in character" und es gibt keinen Bruch durch Schauplatzechsel "off screen" oder gar eine Cutscene. So in der Form hat das im gleichen Jahr nur der komplette Flop "JP:T" versucht.
HL2 wiederum hat nur einen einzige Physikmechanismus ins Gameplay integriert und der war jetzt weder eine komplett neue Idee noch hat er eine Revolution ausgelöst.
Doom 3 hat schon in in frühen Entwicklung den "Grabber"(ähnlich "Gravity Gun") gehabt, man hatte nur mit der technischen Umsetzung Probleme, daher kam das Teil dort erst im Addon(und so nach HL2). Den folgenden Physik-Hype kann man aber kaum abstreiten: "Crysis", "Far Cry2", "Mafia 2", "Supreme Commander", selbst in "AOE3" brüstete man sich, dass der Rauch aus Schornsteinen und jeder Trümmer bei Explosionen "korrekt" fliegt dank Physikengine. Wer in den Jahren direkt nach Half Life 2 keine Physik-Enginge hatte, der wurde regelrecht als altbacken angesehen. Erst mit dem Wiedererstarken des Konsolengaming versank das dann in der Bedeutungslosigkeit.
Valve hat hier wie bei HL1 nur das richtige Gespür für den Zeitpunkt gehabt, ganz gemäß dem G-Man: "the right man in the wrong place can make all the difference...". Was Valve aber auszeichnet ist wie du sagst:
Das war einfach eine gute Implementation einer guten Idee durch Valve in ein sehr gutes Spiel, dass auch ohne dieses Element gut gewesen wäre. Episode 1 und Episode 2 brachten dem gegenüber gar keine technischen Neuerungen mehr, sondern "nur" weiteres sehr gutes Gameplay und das wurde auch für Episode 3 versprochen, die bis heute nicht erschienen ist.
Der Schlüssel ist hier wie Valve in der Doku vor ein paar Jahren durchscheinen ließ: Testen, Testen, Testen. "Portal" ist meiner Ansicht nach die Hommage schlechthin an deren Entwicklungskultur
. Das Ergebnis ist ein branchenweit nur sehr selten erreichtes hohes Qualitätsniveau und zusammen mit dem erstklassigen "world building" der Grund, warum die Spiele auch heute noch mit der Grafik als einziger Ausnahme Referenztitel sind.
Ähnlich innovationslos, aber schön, waren zuvor Opposing Force und Blue Shift gewesen.
"OF" war für mich vom Gameplay her HL ohne die "Anfängerfehler" des Originaltitels(z.B. Plattforming). Beide sind aber nicht von Valve selber, sondern von Gearbox glaube ich(die haben damals viel Auftragszeug gemacht).
Umgekehrt bietet Portal mehr Innovation als alle "Half Life"-Veröffentlichungen zwischen dem Original und Alyx zusammengenommen, wurde aber nur durch Andeutungen mit dem Half-Life-Universum verknüpft und Left4Dead hat eine komplette Welle ähnlicher Spiele losgetreten. (Von Counter Strike und DOTA 2 ganz zu schweigen, aber da hat Valve ja bestehende Mods übernommen.)
Stimme hier zu.
Was "Portal"(1) besonders gut macht ist meiner Meinung nach das Tutorial: Ein erzwungenes Tutorial so zu gestalten, dass es alle Anforderungen an ein Tutorial erfüllt, auch komplette PC-Spiel-Neulinge anlernt und erfahrenen Spielern quasi nicht auffällt, ist schon eine Meisterleistung.
Portals Story-Grundgerüst erinnert hingegen stark an "SystemShock" und eine überzeugende Portal-Technik hat schon "Prey(2006)" eingeführt(nur halt ohne freies Setzen der selben). Da war es nur eine Frage der Zeit. Wie schon bei allem anderen: Alles durchdacht, ausgiebig getestet und bis nahe an die Perfektion verfeinert. Was nicht als gut genug erachtet wird, wird gestrichen, wie HL2:EP3.
Das Ganze hat ein Problem verursacht: Man selber ist Verflucht, weil die Erwartungen quasi unerfüllbar werden und falls man sie doch erfüllt die Messlatte mindestens für sich selber weiter anhebt. Mit HL2, L4D2 und Portal2 hat man das geschafft.
Mit "Alyx" hat man einen Präzedenzfall geschaffen: Ich würde sogar behaupten, dass "Alyx" das VR-Genre zumindest im AAA-Markt eigenhändig mit quietschenden Reifen zum Stillstand gebracht hat. Seitdem hört man kaum mehr etwas von neuen VR-Titeln, die bis zu "Alyx" noch regelmäßig angekündigt wurden. Kein Entwickler geht das Risiko des Vergleichs mit "Alyx" ein um dann ziemlich sicher zu scheitern, wo schon die Anschaffung der Hardware für den Kunden eine größere Investition darstellt und zusätzliche Überzeugungskraft erfordert. Nur VR-Addons(wie z.B. in "Hitman:WoA") bei günstigen Systemkosten, wie PS-VR haben noch Chancen.
PS: "HL - more than 2, but less than 4 - when?"