Interessant zu sehen ist dies ja auch im Vergleich mit den USA. Würden deutsche Parteien dort mit ihren Programmen antreten, so würden sie alle (selbst die CDU) als ziemlich weit links eingestuft werden, während im Umkehrschluss die dortige "linke" Demokratische Partei sich im deutschen Parteienspektrum irgendwo rechts der CDU einfinden könnte.
Aber solche kuriosen Vergleiche kann man mit jedem anderen Land veranstalten...
Aufgrund des amerikanischen Zweiparteien-Systems sind die Programme imho endgültig zu komplex, um sie sinnvoll in das deutsche links/rechts-Schema einzusortieren. Je nachdem, welches Thema du priorisierst, erhälst du da unterschiedliche Ergebnisse, weil sowohl Republikaner wie Demokraten mal "linke" und mal "rechte" Ansichten vertreten. Eine sinnvollere Trennung findet sich auf der Achse liberal/instutitionalisiert.
Nein. Natürlich kann eine rechte Partei auf demokratischem Wege regieren und weiter als rechts gelten. Wenn man schon das Links-Rechts-Spektrum überhaupt zu Charakterisierung von Parteien nutzen möchte, dann sollte man es so tun, daß eben nicht pure Mehrheiten das Spektrum verschieben. Sonst ist es nämlich noch wertloser, als es ohnehin schon ist.
Ich bin der erste, der dieses Bezeichnungsystem als absolut unzureichend bezeichnet. Aber man muss akzeptieren, dass die Medien und Leute es benutzen - und zwar in der von mir beschriebenen, dynamischen Weise. Das die von sozialwissenschaftlichen Begriffsverwendungen abweicht, stimmt. Aber das stimmt nach meiner Erfahrung für quasi alle sozialwissenschaftlichen Begriffe, die aus der Alltagssprache entlehnt wurden - denn letztere ist nun einmal nicht statisch.
Du meinst sicher die gerne verwendete Floskel "in der Mitte der Gesellschaft angekommen". Das hat aber nichts mit politischer Ausrichtung zu tun. Auch eine knallrechte oder -linke Partei könne dort ankommen, ohne ihr politisches Spektrum zu verändern.
Ich meine es so, wie ich es geschrieben und gelesen habe und sehr wohl auch in Kontexten, in denen es politisch gemeint war.
Also wenn die Grünen eins ganz gewiß nicht sind, dann liberal. Eine autoritärere und anti-liberalere Partei hat die deutsche Politiklandschaft momentan kaum zu bieten.
"Liberal" bedeutet ja nicht "weder rechts noch links", sondern - kurz gesagt - so permissiv wie möglich, so restriktiv wie nötig.
Jup. Und genau da haben die Grünen einiges zu bieten, da sie vielfach lenkende Mechanismen anstatt von restriktiven Grenzen befürworten (z.B.: Ökosteuer statt Ausstoßgrenzwerten. Sich langsam anpassende Abnahmepreise für Ökostrom, anstelle einzelner Förderprogramme. ). Aber ich will hier nicht das Program der Grünen breittreten - es geht darum, wie sie von der Gesellschaft aufgenommen und den Medien bezeichnet werden. Und da fehlt seit dem Niedergang der FDP eben häufiger die Bezeichnung "neue Liberale". Im Vergleich zu Gewerkschaftlern der SPD und den Grenzsetzern der Union (oder gar der Linken) ist es imho auch wirklich leicht, als liberal zu erscheinen. Verstehe da ehrlich gesagt nicht, wie du zum gegenteiligen Ergebnis kommst. Keine andere Partei setzt imho so selten auf direkte Eingriffe.
Rechts von der CDU ist heutzutage leider noch sehr viel Platz im demokratischen Spektrum, der bedauerlicherweise von keiner ernstzunehmenden Partei gefüllt wird.
Auch das stimmt nicht. Die CDU von heute ist wesentlich weiter links aufgestellt als die CDU unter Kohl oder gar Adenauer. Wie sonst sollte auch rechts davon dieses Vakuum entstanden sein?
Diese Frage musst du beantworten, da du behauptest, das es existiert. Die Union selbst und, soweit ich das überlicke, auch die Medien, sehen es so, wie von mir beschrieben.
Wieso sollte die CDU sonst bei jeder Wahl immer schlechter abschneiden? Der laufen die Wähler am rechten Rand, und nur zum kleinsten Teil die irgendwo in der Mitte, weg.
Auch hier finde ich gegenteiliges.
Die Wählerwanderung im Nordosten | NDR.de - Fernsehen - Sendungen A - Z - Nordmagazin - media
Das verlang ich ja auch gar nicht.
Ich meinte damit eher, das wir ein bisschen besser auf unseren kaputten Haushalt aufpassen sollten. Wir können bzw. sollten einfach nicht überall die Kasse aufmachen, wenn jemand jault. Fakt ist nun mal: Wenn irgendwo Geld gebraucht wird, dann zahlt Deutschland als erstes.
Genau das ist imho eben nicht Fakt. Nenn doch mal ein paar größere Posten der vergangenen Jahre, in denen nur Deutschland gezahlt bzw. andere erst sehr viel später mitgemacht haben. Meiner Beobachtung nach ist Deutschland international überwiegend im Rahmen von Gemeinschaftsprojekten unterwegs und wenn es mal um irgendwelche Nothilfen geht, bei denen die Zeit für Absprachen fehlt, dann ist Deutschland -seit Niebel- sogar oftmals spät dran. Da sollte man sich nicht davon täuschen lassen, dass deutsche Beiträge in deutschen Medien ein Vielfaches der Aufmerksamkeit anderer Länder erhalten.
Was natürlich stimmt: Deutschland zahlt, gerade bei EU-Sachen, oft am meisten. Aber genau darauf spiele ich eben mit den Exportbedingungen, sprich den internationalen Beziehungen Deutschlands an. Wer die viertgrößte Wirtschaftsmacht der Erde ist, die größte der EU, das Land, das für sich die meisten Stimmen in internationalen Grämien beansprucht, das diverse Entscheidungen maßgeblich im Interesse der eigenen Wirtschaft hinbiegt, die Nation, die -in Koalition mit Frankreich- fast schon durchregiert, dann muss man eben auch dann Größe zeigen, wenn es ans zahlen geht.
Stimmt!
Aber langsam gehen einem die Alternativen aus. Wenn man es genau nimmt, kann man von den ganzen Sprüchemachern niemanden mehr wählen.
Das ist halt das Problem mit den phlegmatischen, egoistischen, deutschen Wählern. Es gab und gibt immer wieder kleinere Parteien, die durchaus neue Wege einschlagen und andere Prioritäten setzen wollen, als die weitere Steigerung des Lebensstandard (z.T. aller, z.T. einiger...) zu Lasten künftiger Generationen. Aber mit Ausnahme der Grünen (und der NPD - wegen ihrer Polemik) hat es in den letzten Jahrzehnten keine dieser Partei geschafft, Aufmerksamkeit zu erregen, einfach weil selbst die Unzufriedenen lieber das "kleinere Übel" unter den beiden großen Parteien wählen, als ihre Stimme einer Partei zu geben, die sowieso keine Regierungsschance hat. So kann Demokratie aber nicht funktionieren bzw. endet im Stillstand (in dem Fall an einer unhaltbaren Stelle...). Das Kleingemüse sollte zwar objektiv betrachtet nie Verantwortung übernehmen, weil es das gar nicht kann, aber es wichtig, um die etablierten Parteien aufzurütteln und auf neue Richtungen aufmerksam zu machen. Ein Volk, dass zu 60-70% (Zweitstimme vermutlich >98%) den Einheitsbrei aus SPD/Union wählt, das teilt den Politikern nunmal mit, dass es diesen Einheitsbrei weiterhin will. Wohin sowas führen kann, sieht man im (imho nahezu reformunfähigen) Zweiparteiensystem der USA. Wir können da noch von Glück reden, das wir wenigstens auf Länderebene noch zwei weitere Parteien mit z.T. stellenweise großem Potential haben.