Es muss gezeigt werden, warum das Erschießen von Leuten nun für Seven eine bevorzugte Möglichkeit ist Probleme zu lösen.
Das stimmt. Allerdings muss es nicht sofort gezeigt werden, denn geballte Rückblenden, die ins Detail erklären, durch welche Ereignisse Seven so desillusioniert ist, tun einer Serie auch nicht gut. Da müssen erst einmal ein paar Andeutungen darüber genügen, dass sie der aussichtslose Kampf als Ranger desillusioniert hat, bzw. die Ursachen dafür, warum es überhaupt Vigilanten geben muss, weil es sonst in einigen Ecken der Galaxie gar kein Recht gäbe.
Den Punkt angesprochen, ist es womöglich dieser, welcher mich - abgesehen von der vor sich hin mäandernden und den doch etwas dürftigen Production Values - am meisten stört.
Ich habe absolut nichts dagegen, wenn die Charaktere ihre Probleme haben und wenn diese auch mal etwas härter sind als in einer Science-Fiction-Vorabendserie der 80/90er-Jahre. Aber mich piept es an, dass immer alles auf maximales Drama und maximalen Konflikt gebürstet sein muss und es praktisch *keinen einzigen* Charakter in Picards bunter Posse gibt, der einfach mal mit sich, dem Universum und dem ganzen Rest halbwegs im Reinen ist. Die sind *alle* desillusioniert und/oder traumatisiert und haben keinerlei Perspektive, außer einem alten Mann auf seiner Mission zu helfen, mit der dieser auch nur seine Schuldkomplexe bekämpft.
Das ist seit einigen Jahren der käsige Trend in Serien, aber es ist mindestens ebenso unrealistisch und unbefriedigend wie die Grinsebacken früher, die kein Problem hatten, welches sich nicht innerhalb einer Episode zu allseitiger Zufriedenheit lösen ließ.
So funktionieren Menschen einfach nicht. Jeder kaputte Typ, der sich nicht schon längst einen Strick genommen hat, hat irgend etwas, was ihn aufrecht hält; irgendwelche Dinge, die Sinn und Freude stiften. DAS gelegentlich zu zeigen halte ich - sowohl für die Story als auch die Emotionen der Zuschauer - für wichtiger.
Und gerade bei Star Trek geht es doch darum, dass Konflikte/Probleme gelöst werden. Die neuen Serien bauen sie jedoch nur bis zur Unerträglichkeit auf und lösen sie vielleicht irgendwann einmal, sofern den Drehbuchschreiberlingen nicht vorher die Puste ausgeht oder sie sich verzetteln. Und wenn es geschieht, meistens erst dann, wenn es die Zuschauer gar nicht mehr interessiert bzw. die Auflösung so weit hinausgeschoben wurde, dass sie gar nicht mehr so wirksam sein kann, wie sie es an diesem Punkt sein müsste - weshalb sie zwangsläufig als unbefriedigend wahrgenommen wird.
Sorry für die ausufernde Meta-Analyse, was meines Erachtens in der heutigen Serienlandschaft falsch läuft, aber "Picard" ist durch den direkten Vergleich mit seinen Vorgängern ein zu verlockendes Beispiel, um es nicht durchzuexerzieren.