Intel gibt bekannt: Geschäftsaktivitäten in Russland werden ab sofort eingestellt

Könnte man die Diskussion über die Sanktionen und insbesondere Russland allgemein bitte in den bestehenden Threads zu diesen Themen belassen? Die Moderation leidet derzeit schon genug darunter, diesen einen Sack Flöhe hüten zu müssen. Hier geht es um eine Entscheidung Intels und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den CPU-Markt. Nicht um den Preis von Weizenimporten.


Nur dort oder auch dort?

Nur dort. CPUs sind viel zu komplex als das man sie einfach in den Prozess eines anderen Herstellers pasten könnte. Selbst wenn man nicht auf Intel-10-nm setzt, vergehen vom Abschluss der theoretischen Planung (die, wenn es ein mäßig aussichtsreiches Design ohne händische Optimierungen ist, möglicherweise in die Tools eines anderen Herstellers transferiert werden kann) bis zur Marktreife oft noch ein bis zwei Jahre, in denen man an Prototypen und der Fertigung herumdoktort. Ein Großteil dieser Arbeit wäre bei einem neuen Hersteller erneut nötig, selbst wenn er in gleiche Qualität fertigt. Bei anderer Qualität kann man beinahe von Null anfangen.

Im Falle von Elbrus kommt noch das Softwareproblem hinzu. Zwar sollen die Dinger x86 emulieren können, aber eine effizienzte x86-Emulation gilt nicht ohne Grund als Stein der Weisen in der CPU-Entwicklung und die Leistung der Prozessoren reicht nicht aus, um sich eine ineffiziente Emulation leisten könnte. (Auch russische Banken kamen Ende letzten Jahres zu dem Schluss, dass der aktuelleste Elbrus selbst bei optimierter Software nur rund die Hälfte der Leistung eines ähnlich großen Intel-Systems mit 2015er Architektur erreicht und bei generischen Java-Applets sogar nur ein 25tel: https://www.tomshardware.com/news/russias-biggest-bank-tests-elbrus-cpu-finds-it-unacceptable)

Russische Regierungsstellen, die aus Sicherheitsgründen sowieso eigene Programme entwickeln sollen, können damit natürlich immer noch besser arbeiten als ganz ohne Computer – was aber, wie mehrfach erwähnt, ohne Importe aus Taiwan ebenfalls unmöglich ist. Für russiche Endanwender, Bürokunden und andere Nutzer ohne Möglichkeit zu proprietären Software-Anpassungen wäre es vermutlich selbst bei Verfügbarkeit sinnvoller, 10-15 Jahre alte AMD- und Intel-Hardware von afrikanischen Schrottverwertern zu kaufen.


Warum macht ein gewinnorientiertes Unternehmen das?
Warum werden die Einwohner Russlands "bestraft"?


Nein!

Die moralische Antwort: Intel ist Bereit, bei Sanktionen gegen die russische Wirtschaft und die Angriffskriege führende russische Regierung auch negative Auswirkungen auf die russiche Bevölkerung in Kauf zu nehmen, weil diese ohnehin mehrheitlich den Regierungskurs unterstützt. Also keine unschuldigen dritte sind, sondern legitimes Ziel von Sanktionen. (Sanktionen sind übrigens keine Strafen für vergangene Straftaten, darüber werden die Gerichte erst in Zukunft entscheiden, sondern sollen Motivation geben, weitere Straftaten zu unterlassen.)

Die banale Antwort: Aufgrund der Finanzsanktionen gegen Russland ist internationaler Handel sowieso nur noch mit großem Aufwand möglich, was ihn weniger lukrativ macht, und die rapide abnehmende Kaufkraft im Land nimmt dem Handel auch noch seine Bedeutung. Intel (und andere Firmen, die sich zurückziehen), stellt hier werbewirksam eine Tätigkeit ein, die ihnen ohnehin kaum Geld eingebracht hätte.
 
Der Iran steht doch ebenfalls seit Jahren unter Sanktionen?
Wie bekommen die ihre Projekte hin?

Kurz: so gut wie garnicht.

Der Iran hat seinen Geheimdienst weltweit im Einsatz, um die benötigten Teile einzukaufen. Da der Erfolg ist allerdings eher gering. Das meiste davon geht ans Militär, aber an eine normale Produktion, wir wir sie für selbstverständlich halten, ist nicht zu denken. Da werden dann weltweit extra Unternehmen gegründet, um bestimmte Dinge einzukaufen. Etwa Ultrahochdruckdruckpumpen, die man etwa für Raketen benötigt. Die Geheimdienste, allen voran der USA und Israels, wissen natürlich genau, was benötigt wird und nehmen jeder Firma auf diesem Planeten genau unter die Lupe. Manchmal funktioniert es, manchmal nicht und manchmal werden auch Spione festgenommen.

Die Iraner haben auch noch Kampfflugzeuge aus der Zeit des Schah. Dummerweise haben die US Techniker, die die Dinger warten sollen, etliche F14 sabotiert. Seit über 40 Jahren versucht der Iran an Ersatzteile heranzukommen, ohne Erfolg.

Gewisse Dinge können sie über solche Kanäle besorgen, aber die sind dann extrem teuer, die Lieferung ist unzuverlässig (da der Lieferant jederzeit wegbrechen kann und das Geld dann meist futsch ist). Eine normale Produktion der Industrie, wie wir sie gewohnt sind, ist damit nicht im Ansatz aufrecht zu erhalten.

Ich erinnere mich auch noch an die heitere Episode, als der Irak damals, über dunkle Kanäle, haufenweise PS2 besorgt hat und auch schon etliche geliefert bekam. Die westlichen Geheimdienste vermuteten sofort, dass der Hochleistungsprozessor für die Steuerung der Raketen verwendet werden sollt. In Wirklichkeit landeten die Dinger in irakischen Jugendclubs. Oder Aluminiumrohre, die ein essentieller Baustein für das irakische Atomproramm gewesen sein sollten (und von Colin Powell vor der UN auch so präsentiert wurden). Es stellte sich am Ende heraus, dass sie ihr trauriges Dasein als gewöhnliche Abwasserrohre fristeten, nichts mit Atomprogramm.

Wenn sie aufwachen und nicht mehr auf die Propaganda reinfallen dann nicht .
Dann wissen sie das Putin für die Probleme verantwortlich ist und nicht der achso böse Westen.

Die Propaganda wurzelt sehr tief. Der absolute Großteil informiert sich ausschließlich über die Staatsmedien und hat kein Problem damit, dass man die westlichen Medien nicht empfangen kann (in der DDR war es z.B. anders).

Von daher erwarte ich da in den nächsten 5-10 Jahren keinen Umschwung. Im Gegenteil, es könnte Putin vorgeworfen werden, dass er nicht hart genug ist. das ist momentan auch die größte Gefahr für ihn.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich wüsste nicht, dass Intel überhaupt jemals eine Niederlassung im Iran hatte. Also was hat das mit dem Thema hier zu tun?
Ob es möglich ist anderweitig an den Kram ranzukommen.

OK, erledigt.

Woran scheitert es eigentlich in vielen Ländern eine eigene Fertigung aufzubauen? An Patenten, oder ist der Bau dieser Anlagen so kompliziert ?
 
Woran scheitert es eigentlich in vielen Ländern eine eigene Fertigung aufzubauen? An Patenten, oder ist der Bau dieser Anlagen so kompliziert ?

Die DDR hat es am Ende versucht und mußte insgesamt 20 Mrd DM investieren (das entspricht heute etwa 20 Mrd €). das ist eine absolute Mammutaufgabe, ganz besonders wenn deine Chips dann relativ mies und extrem teuer sind.

Aber der DDR Wirtschaftsminister hat es auf den Punkt gebracht: die Mikrochips sind überall verbaut und keiner möchte mehr Industrieanlagen (da war die DDR Industrie sehr gut) ohne digitale Steuerung kaufen. Also mußte man diesen Schritt gehen.


Insgesamt hat diese massive Investition die DDR Wirtschaft nachhaltig ruiniert. Da sind wir schon beim großen Problem: so eine (großteilige) Eigenentwicklung ist irre teuer, weshalb es sich kaum ein Staat, mit Embargo, leisten kann.
 
Ob es möglich ist anderweitig an den Kram ranzukommen.

OK, erledigt.

Woran scheitert es eigentlich in vielen Ländern eine eigene Fertigung aufzubauen? An Patenten, oder ist der Bau dieser Anlagen so kompliziert ?

Im Falle von Mikroelektronik und anderer Hochtechnologie liegt es in der Regel an der Komplexität beziehungsweise an den Kosten. Patentrechtliche Aspekte sind zum Teil schon China egal und auch Indien hat einige Male den Schutz im medizinischen Bereich eigenmächtig aufgehoben; Länder wie Iran, Nordkorea und künftig eventuell Russland kümmern sich gar nicht darum. Wer selbst die Menschenrechtscharta ignoriert, hat selten Angst vor der WTO. Aber ohne internationale Partner muss man eben bei Null anfangen, sich alles selbst beibringen und auch selbst weiterentwickeln. Chinas Regierung, mit der 10-fachen Wirtschaftskraft des Vorkriegsrusslands, fokussiert den Halbleiterbereich seit 1-2 Jahrzehnten einschließlich CPU-Entwicklung und wenn sie so weitermachen, könnten sie in weiteren 10-20 Jahren auf Augenhöhe mit Samsung, Intel oder gar TSMC stehen. Aber selbst das geschieht nicht in internationaler Isolation, sondern unter Nutzung von ASML-Anlagen, AMD-Architekturen und ähnlicher Hilfen.

Solange Russland Gründe liefert, die Sanktionen aufrecht zu erhalten, gibt es also nur eine Reaktion auf den Lieferstopp AMDs und Intels:
Damit leben.
Einschließlich aller Folgeschäden für andere Industriezweige. Der deutlich größere Ostblock rund um die Sowjetunion hat eine selbst gewählte, deutlich schwächere Isolation dieser Art immerhin 40 Jahre durchgehalten. Damals lief die technische Entwicklung aber auch im Rest der Welt noch deutlich langsamer. Russland dürfte in 10, spätestens 20 Jahren ein 3. Welt Land sein, wenn sie nicht reumütig in die internationale Gemeinschaft zurückkehren.
 
Welche Rolle spielt bei der Produktion Neon und Palladium ?

könnten die und höhere Energiepreise, den Bau der Anlage in Sachsen- Anhalt erschweren, oder verhindern ?

Wie weit ist auch Indien ein Lieferant von Chips? Ich finde da nicht so richtig viel.
 
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Neon und Palladium sollten für die Elektronikindustrie kein Problem sein. Palladiumlegierungen werden meinem Wissen nach nur als Billigalternative zu Gold eingesetzt (Palladium selbst ist nur pro Gramm, aber nicht pro Volumen billiger und außerdem legiert man es eben noch) und ehrlich gesagt habe ich das noch nie bewusst gesehen. Alle Kontakte, die ich so kenne, nehmen ohnehin schon Gold (oder, wenn es im externen Audio-Bereich ganz billig sein soll oder bei der Stromversorgung, Nickel ohne Palladium). Neon ist nicht ersetzbar, aber zum einen wird es nur für den Bau neuer Laser benötigt und zum anderen hat ASML bereits Entwarnung gegeben: Die bisherigen Lieferverträge kamen nur zu einem kleinen Teil aus der Ukraine oder Russland.

Für beide Stoffe gilt zudem, dass die Elektronik sie in viel kleineren Mengen und nur als Nebensache benötigt, verglichen mit der chemischen Industrie respektive Beleuchtung. Das heißt wenn die Knappheit für eine Vervielfachung der Neon- oder Palladiumpreise sorgt, machen anderen Firmen schon zu, bevor Chiphersteller auch nur den Preis ihrer Endprodukte anheben müssen.
 
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Könnte man die Diskussion über die Sanktionen und insbesondere Russland allgemein bitte in den bestehenden Threads zu diesen Themen belassen? Die Moderation leidet derzeit schon genug darunter, diesen einen Sack Flöhe hüten zu müssen. Hier geht es um eine Entscheidung Intels und die daraus resultierenden Auswirkungen auf den CPU-Markt. Nicht um den Preis von Weizenimporten.

Liegt vielleicht daran, dass sich die Redaktion/Mutterkonzern nicht klar positioniert. Die Zeiten von "..wir machen nur PC Hardware-News und sind voll unpolitisch.." sind vorbei. Die ganze PC-Hardware- und Software läßt sich ja auch vortrefflich für andere Sachen nutzen.
Seit Jahren okkupieren AfDler, Putinversteher und Querdenker jeden noch so nichtigen Beitrag hier, sei er noch so an der Haaren herbei gezogen um ihren Glauben hier zu verbreiten.

btt: Find ich jut.
 
Seit Jahren okkupieren AfDler, Putinversteher und Querdenker AMD-Fanboys, Intel-Liebhaber und NVidia-Vergötterer jeden noch so nichtigen Beitrag hier, sei er noch so an der Haaren herbei gezogen um ihren Glauben hier zu verbreiten.
Zumindest der moderative Aufwand hat sich nicht geändert... :ka:

Hab grad keine Lust hier aufzuräumen, also bitte bleibt beim Thema :kaffee:
 
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