Man löse sich von den Rollen, die er bisher gespielt hat und sehe: einen brillianten Schauspieler.
Sicherlich. Aber wenn man alle Schauspieler, die andere Rollen gut gespielt haben, für Bond in Betracht zieht, dann wird das eine lange Liste. Ich würde es Cumberbatch gönnen, sich mal in etwas ganz anderem zu beweisen, aber ich würde es auch vielen anderen in gleichem Maße gönnen. Meinem Wissen nach hat Cumberbatch bislang nicht bewiesen, dass sein überdurchschnittliches Talent auch primär physisch handelnde, reaktive Charaktere mit einem gewissen Hang zu Lebensfreunden und (zumindest von Moore bis Brosnan) Humor einschließt, wie Bond es eine wäre. Den nötigen Körperbau müsste er sich auf alle Fälle erst noch zulegen.
In der Rubrik "für anderes berühmte, aber allgemein talentierte Schauspieler" würde ich eher Johnny Depp nominieren. Der hat in
seinem anderen 2003er Film schon eine sehr gute Performance in einer voll-Bond-kompatiblen Rolle hingelegt. Leider hat ihn seit einem gewissen gleichzeitig in den Kinos laufenden, anderen Streifen, gefühlt niemand mehr nüchtern vor Kameras bekommen. Auch für viel Geld nicht.
Kommt auch auf die Generation an.
Roger Moore ist bei mir auch sehr weit oben.
Craig ist ok, aber mehr Actionheld.
Brosnan steht bei mir an erster Stelle, aber damit steh ich auch relativ alleine.
Mit Brosnan dürftest du tatsächlich fast so einsam dastehen, wie die Latzenby-Fans (wenn es einen gibt). Ich mag zwar Goldeneye als Film sehr. Aber Brosnans Anteil besteht eher darin, dass er vieles mit sich machen lässt. Getragen wird der Film von einem guten Bond-Plott und seinen nahezu durchweg sehr gut gelungen Nebenfiguren. Natalya ist einer der wenigen Bond-Sidekicks, die tatsächlich eine Bereichung darstellen, Ourumow einer der besten Bond-Wiedersacher nach Blofeld, selbst Onatop bleibt ganz knapp unter der Grenze zur Selbstparodie, Zukovsky ist kurz aber passend, M sowieso legendär – in dem Film passt einfach so viel (der Titelsong!). Da reicht es schon aus, wenn der Hauptdarsteller sich nicht in den Vordergrund stellt und manchmal im richtigen Moment grinst oder einen coolen Spruch vom Stapel lässt. Das Bond über weite Strecken als Relikt einer vergangenen Zeit vorgeführt wird, der die Situation nicht mehr unter Kontrolle hat, passt aber auch insgesamt gut zu Brosnan, dem man eine immer-Herr-der-Lage-Connery-Rolle schon rein physisch nicht abgenommen hätte. (Siehe die folgenden drei Filme.^^)
Moore dagegen hat durchaus viele Fans. Er hat den bei Connery weitestgehend fehlenden Witz in die Filme gebracht, was zwar eine krasse Abweichung von den Romanen darstellt, aber zwecks Abwechslung bitter nötig war. Anstatt ein statisches Konzept bis zum Erbrechen zu wiederholen, konnte Bond in der Moore-Ausführung auch selbstironisch auf die Schwächen der Serie blicken oder sich bis an die Grenze zur Parodie selbst übersteigern. Auch die Überlegenheit des Hauptdarstellers nicht nur durch immer krassere Kämpfe zu betonen, sondern einfach dadurch, dass Bond trotz allem noch Zeit für ein paar Albernheiten und Annehmlichkeiten hat, war ein stilistisch guter Schachzug. Das mag nicht jeder, aber es hat für viele Filme funktioniert (nicht für ganz so viele, wie gedreht wurden
) und umgekehrt gibt es eben auch Leute, die den relativ simplen Hau-Drauf-Bond von Connery nicht perfekt finden.
Als weiter Boni hat Moore einfach mit die besten Requisiten, Sets und Locations, einige der besten Story Lines und eine exzellente Reihe von Antagonisten auf seiner Seite. Das ist zwar nicht sein Verdienst, aber wenn man sich Ablauf und Settings von Diamantenfieber anguckt oder die Storyline von Ein Quantum Trost, dann ist es wirklich nicht schwer, einen besseren Bond abzuliefern. Einzig Man lebt nur zweimal und Golden Eye können in meinen Augen (das ist sicherlich ein sehr subjektives Thema) eine so gelungen Komposition wie Leben und sterben lassen, Der Mann mit dem goldenen Colt oder Der Spion der mich liebte bieten, und In tödlicher Mission ist schon wieder verdammt nah dran. Mit Dalton wären einige der Moore-Bonds gegebenenfalls noch besser geworden, aber sie waren mit/trotz Moore einfach gut.
Vor allem The Living Daylights hatte ein richtig intelligentes Skript was man vorher nicht kannte von einem Bond. Dass es keinen simples gegenpoliges Ego zu Bond gab, sondern auf das Gesamtkonstrukt geachtet wurde, ist damals wie du sagtest aus der Zeit gefallen, aber nicht ohne Grund wird er heute in der Nachbetrachtung als einer der besten Bonds gesehen unter Fans und Kritikern. Für manche sogar der Beste.
Er ist ein sehr guter Agentenfilm. Aber eben genau deswegen kein typischer/besonders guter Bond – so absurd das für
den Geheimagenten zunächst klingen mag, aber eigentlich sind Bond und seine Tätigkeiten fast ein perfektes Gegenbeispiel für einen solchen. Hauch des Todes weicht dies zu erstaunlich großen Teilen auf und sticht so aus der Reihe hervor – entweder man mag diesen Film besonders oder einen Großteil der Bond-Werkes. Aber zusammenpassen tut das nicht wirklich.