So, ich muss einmal die Lanze *für* das Kino brechen, obwohl das wahrscheinlich einige aus der Sicht eines Besuchers überhaupt nicht verstehen können. Zum einem ist erst einmal wichtig, in was für ein Kino man geht - bei der technischen Ausstattung eines Kinos gibt es genauso Qualitätsunterschiede wie bei Autos, Bildschirmen usw. Wenn man in lieblos hingerotztes BWL-ler Kinocenter geht, dann kann es schon mal durchaus passieren, das die Technik nicht so geil ist und man trotzdem schön zur Kasse gebeten wird. Zumindest was die Bildqualität betrifft, kann man durchaus vorher feststellen was einen erwartet - die meisten Kinos haben ihre technischen Daten online verfügbar. Für mich ist die derzeit beste verfügbare Projektion mit Sony 4K-Projektoren zu finden, oder Christie (in Deutschland eher selten). Bei Sony hat man z.B. den Vorteil, dass der Projektor mehrere Lampen verwendet statt einer zentralen, daher ist die Leinwand von Rand bis Mitte gleichmäßig ausgeleuchtet, die Farben sind lebendig und die Kontraste stark. Beim Ton ist es ein bisschen schwieriger, da findet man selten genaue Infos. Die Leute im Saal sind halt leider mitunter wirklich ein Problem, aber das ist die Gesellschaft...
Als Kinobetreiber hat man es schwer: Man sitzt zwischen den Stühlen, auf der einen Seite hat man tolle, teure Technik, die man nicht voll nutzen kann, weil der entsprechende Content durch die Studios nicht kommt. Auf der anderen Seite sind die Gäste, die etwas geboten bekommen wollen - inzwischen gibt es aber fast nur noch Superheldenblockbuster, wo andere Filme kaum eine Chance haben. Das zusammen mit dem enormen Kostendruck ist tatsächlich schwierig. Ich kenne im größeren Umkreis inzwischen viele Kinoleute, die ihre Kinos mit Herzblut betreiben, aber es immer schwerer haben und auch nicht wissen, was die Zukunft bringt.
Aber ich gehe mal auf ein paar Sachen aus diesem Thread aus meiner Sicht als technischer Mitarbeiter eines kleinen mittelständischen Kinos ein:
Die erste Ebene ist vollkommen legitime, zudem war es in der Vergangenheit so, dass die Kinobetreiber in den USA die Hälfte der Einnahmen für sich behalten durften, diese fetten Jahre sind vorbei.
Die Aussage: "Dabei bringen mehrere kleine Produktionen bei gleicher Besucherzahl den Kinobetreibern deutlich mehr ein, als ein Blockbuster." ist eine Milch-Mädchen-Rechnung, wenn es so einfach wäre, dann hätten die großen Filmstudios es schon längst gemacht. Nicht jeder hat so viel Zeit und Muße und geht ständig ins Kino, es gibt noch abseits der Kinos ein anderes Leben.
Das stimmt teilweise, es ist "schlimmer" als früher, aber noch nicht dermaßen derb. Die Verleihsätze bewegen sich in Deutschland derzeit zwischen 38% bis 52% Abgabe pro Ticket an den Filmverleih, dazu kommt eine Mindestgarantie pro Spielwoche die gezahlt werden muss wenn zu wenig Besucher kommen. Sobald die Ticketabgabe die Mindestgarantie überschreitet, muss dieser Anteil gezahlt werden. Heißt aber auch: Die Blockbuster halten das Kino am Leben, denn andere Filme ziehen seit Jahren kaum genug Besucher. Bei einem Film mit wenig Besuchern kann der Betreiber durchaus draufzahlen.
Wenn ich zu Hause sitze und mir nen Film anschaue habe ich einen größeren Bildausschnitt (Bildschirmdiagonale pro Sitzabstand) bei mindestens gleicher (4K) Qualität und mindestens gleicher Tonqualität (DTS, EssenceOne, HD800).
...
Ehrlich gesagt fällt mir abgesehen von der sozialen Komponente wenn man mit ner Gruppe zusammen geht wrklich kein einziges stichhaltiges Argument mehr ein überhaupt noch ins Kino zu gehen wenn man zu Hause eine passende Ausstattung hat zum Filme schauen (und Netflix und prime usw.) und aktuell eben noch der Zeitvorteil falls relevant.
Kurz: Nein, hast du nicht. Klar, mit einer tollen, wertigen Anlage zuhause kann subjektiv man viel erreichen, aber nicht mal mit einer Bluray kommt an die Qualität einer Kinovorführung heran - mit dem minderwertigen Content den die Streaming-Dienstleister einem als 4K verkaufen schon gar nicht. Ein Kinofilm (=DCP, Digital Cinema Package) besteht aus einzelnen Frames, ebenso die Tonspuren. Zumal die Blurays und Netflix und Co. zumeist Kundenverarsche sind, da die entsprechenden Kinofilme in 2K kommen und die Blurays und Streaming-4K nur Upscales sind. Wirkliche 4K Filme gibt es nur wenige pro Jahr, da zu teuer im Postprocessing/CGI. Anbei mal ein Screenshots der digital ausgelieferten DCPs - man beachte die Dateigröße. Deswegen gibt es im Kino selten Klötzchen oder Colorbanding u.Ä. zu sehen.
Das Soundsystem und die Klangkulisse eines größeren Saals habe ich völlig problemlos hier auch. Ich würde sogar behaupten dass mein Klangerlebnis besser ist da völlig Frei von Nebengeräuschen und perfekt abgestimmt. Vergleichbar mit im Kino am besten Platz der Abmischung (also genau in der Mitte) sitzen - und zwar alleine. Wenn du mal Kopfhörer für deutlich über 1000€ plus die entsprechenden Vorgeräte (DAC/KHV) benutzt hast wirst du feststellen, dass Kinoklang schlechter ist als das was man zu Hause haben kann, auch wenn das marketing natürlich das Gegenteil behauptet.
Das mag für Surround gerade noch so hinhauen, aber spätestens beim "Bass" (LFE), dem Schalldruck sowie dem Volumen das du in einem guten Kino bekommst, fehlen dann die Auswirkungen von gutem Sound auf dem ganzen Körper. Ein Film soll nicht laut sein, aber man muss ihn auch spüren können.
Es gäbe übrigens technisch eine Sache, wegen der ich einen Untergang von Kinos als Massenphänomen befürworten würde und das ist das unsägliche Festhalten an 24FPS. Im Heimkino gibt es einfach weniger Hürden.
Das ist wie bei 4K eine Kostenfrage - ist den Studios zu teuer (Datenmenge, Postprocessing/CGI) und liegt nicht an den Kinos. Nahezu alle Projektoren neuer als 2012/2013 können mindestens HFR mit 48 FPS. Sprich, die Möglichkeiten sind da, sie nutzt nur keiner. Serien wie Filme sind auch alle 24/25 FPS, wenn nicht, dann von 24/25 FPS auf X hochinterpoliert. Selbiges mit HDR - gibt es, alle Projektoren können es, keiner machts.
Ein großer Eimer ungepopptes Popcorn kostet nur 25 € und reicht für rund 100 Portionen á 5-8 € Kaufpreis im Kino. Dazu dann etwas Fett und Zucker oder Salz, was auch nur Centbeträge sind.
Viele lassen sich das bereits fertig liefern, das ist dann teurer. Beim selber ****** kommt noch Arbeitszeit / Personalkosten drauf. Aber, wie bereits angeführt, an den Filmen ist nicht mehr gut zu verdienen für die Betreiber - die Investitionskosten für einen Saal mit digitaler Projektion liegen zwischen 100-200k €, die laufenden Kosten (Strom, Wartung, ...) sind auch nicht ohne. Und das möchte alles finanziert werden. Dafür gibt es die Snacks, da hast du als Betreiber kaum eine Wahl. Wobei manche natürlich übertreiben.
Fun Fact: In der Systemgastronomie, wie z.B. der goldenen Möwe sind die Margen noch viel höher, z.B. bei den Getränken - da hat die 0,5l Cola einen tatsächlichen Wert von wenigen Cent (Sirup + Wasser, und der Sirup kostet kaum).
Die Technik in 90% der Kinos ist alter Schrott.
Das wage ich zu bezweifeln. Digitalisiert wurde in großem Rahmen ab 2010 bis ca. 2014. Währenddessen wurde in der Regel die Tonanlage auch erneuert, zumindest die Soundprozessoren. Korrekt gewartete Lautsprecher und Bässe, die auch für den Kinoeinsatz vorgesehen sind, haben einen deutlich längeren Lebenszyklus indem sie nicht schlechter werden. Ausnahmen gibts natürlich immer, aber in der Regel wird auf den Kram sehr geachtet, weil teuer. Inzwischen wurden bei den Projektoren auch schon neuere Generationen nachgeschoben, Abschreibungen und so...
Den Kinogang würde ich mir erst dann sparen, wenn es zeitgleich die 4K UHD Bluray zu kaufen gäbe.
Was den Kinos allerdings wirklich an Attraktivität nimmt, ist meiner Meinung nach die veraltete Technik, da man mittlerweile bessere Bildqualität mit fast jedem 4K TV bekommt. Hier müsste man derzeit eigentlich die Kino Besucher mit 8K zum staunen bringen, Technik die für den Heimgebrauch noch viel zu teuer ist.
Wie oben, du bräuchtest erst einmal eine *echte* 4k-Bluray. 8K wäre tatsächlich ein Ding für die Leinwand - das braucht keiner daheim. Aber, was will man mit 8K, wenn die Studios nicht mal 4K produzieren, obwohl das schon seit 5-6 Jahren flächendeckend eingeführt ist ?