Ich bin vielleicht etwas naiv, aber wenn ein Entwickler bei einer Firma wie Epic oder Respawn arbeitet, und dort mit untragbaren Arbeitsbedingungen geröstet wird, sollte der doch keine allzu großen Probleme dabei haben einen anderen Arbeitgeber zu finden.
Jemand der mit solchen Referenzen zu einem, eventuell etwas kleineren Studio spaziert wird doch sicher freudig empfangen. Natürlich wirds mit dem Gehalt nicht so gut aussehen wie bei einem riesigen Konzern, aber man wechselt ja um bessere Arbeitsbedingungen zu bekommen und nicht um mehr Kohle zu scheffeln.
Eine Zeit lang kann man Überstunden schon mitmachen, aber wenn es darauf hinausläuft, dass mein Privatleben und meine Gesundheit darunter leiden, dann würde ich den Stecker ziehen. Wenn mein Chef zu mir kommt und mich darum bittet dieses Monat etwas länger zu bleiben weil die Aufträge nur so reinsprudeln, kein Thema. Aber wenn das zum Dauerzustand wird, dann soll der doch bitte mehr Mitarbeiter einstellen und nicht die aktuelle Belegschaft in den Burnout treiben.
Seit Jahren können wir nun schon die Spiele-Branche dabei beobachten, wie sie sich selber ins Knie schießt. Spiele werden immer größer und umfangreicher, verschlingen immer mehr Ressourcen und Wartungsaufwand. Aber anstatt für größere Projekte mehr Entwicklungszeit anzuschlagen werden die Intervalle zwischen den jeweiligen Titeln immer kleiner.
Man hat sich mit diesem: "Alle 12 Monate muss ein neuer AAA raus" eine Kundschaft gezüchtet welche jetzt auch genau diesen Anspruch stellt. Die Spiele werden immer kurzweiliger weil in dem bisschen an Entwicklungszeit nur das notwendigste Implementiert wird und kaum ein Titel einen Wieder-Spiel Wert oder Langzeit Motivation bietet.
Auch wird aktiv daran gearbeitet, dass Spiele, welche eigentlich viel Potential hätten, dennoch nach recht kurzer Zeit wieder in der Versenkung verschwinden. Ein BF2 hat heute noch eine, in Relation zum Alter gesehen, sehr aktive Community. Ein BF3 ist quasi tot, eventuell kann Venice Unleashed den Wagen aus der Grube ziehen, dennoch wird das Spiel nie wieder in altem Glanz erstrahlen. Bis dahin haben wir schon ein BF6 welches sämtliche Fans wieder für so ein Jahr an sich bindet.
Das nächste Problem dieser engen Release-Zyklen ist die miese Qualität der Software. Ich hab schon aufgehört zu zählen, aber sämtliche AAA Titel die in den letzten Jahren rausgekommen sind waren nicht mal ansatzweise in einem fertigen Zustand. Bei FO76 dachte ich, dass man endlich den Vogel abgeschossen hat, trotzdem hat sich das Spiel verkauft, wenn auch nicht so gut wie sich die Analysten gewünscht haben.
Aber es ist wohl schon soweit, dass es den Spielern auch nicht mehr so wichtig ist, dass ein Spiel komplett ist. In absehbarer Zeit kommt ja eh der nächste Titel welcher den Vorgänger obsolet macht und die Katastrophe in Vergessenheit geraten lässt ob dem mörderischen Cinematic Teaser welcher ein Produkt ankündigt, dass so aussieht als ob es nun endlich der kompromisslose Titel schlechthin ist.
Die Publisher sind ja auch nicht blöd, die wissen ganz genau wie weit sie es treiben können. Und mittlerweile scheint eine gewisse Grenze erreicht zu sein. Um die Kundschaft weiterhin zu binden wird nun also mit Versprechungen gearbeitet wie: Wir machen ein Spiel, welches über die Monate hinweg weiter entwickelt und mit Content versorgt wird. Dadurch, dass die Kundschaft aber eh schon darauf getrimmt wurde, ständig neue Inhalte erwarten zu können, muss ein Titel ständig neue Anreize bieten um überhaupt wieder gestartet zu werden. Von dem her ist das ein notwendiges Übel und keine gut gemeinte Maßnahme. Dadurch, dass man die Spiele den Händen der Community entrissen wurden, ist es jetzt halt zwangsläufig notwendig, dass der Entwickler für den zusätzlichen Content sorgt. Selber Schuld.
Ich habe ja auch schon oft gelesen, dass jemand sagt:"Spiel XY bekommt neuen Content? Sorry, das ist viel zu spät, ich habs schon einmal durch und lange deinstalliert."
Ob dieser Teufelskreis noch durchbrochen werden kann? Ich weiß es nicht, eventuell bräuchte es mal einen Hard Reset (Cooles Spiel übrigens.) um sämtliche Beteiligten mal wieder auf den Boden zu holen. Aber so wie es momentan läuft wird ein EA oder Ubi nicht krachen gehen, dafür sind zu viele Spieler draußen welche beim nächsten Gau trotzdem gerne Geld gegen den Bildschirm werfen und "OMG, ein XY? Take my Money!" rufen.
Mir kommt bei einem Call for Money drölf oder einem Bugfield X nur mehr ein müdes Lächeln raus. Da starte ich lieber Rising Storm 2 welches zwar von der Performance her noch etwas Aufmerksamkeit benötigt, aber immer noch gepflegt wird. Da ist eine recht aktive Community die Maps erstellt und komplexes Gameplay welches für abwechslungsreiche Runden sorgt.
Die aktuellen Trends gehen völlig an mir vorbei, so mancher BR Titel war eine Zeit lang lustig, verliert aber schnell den Geschmack und wird öde, weil das Grundprinzip nicht meins ist, unabhängig davon wieviele neue Maps und Skins dafür gemacht werden.
Sämtliche Open-World Titel, bis auf ein paar wenige Ausnahmen, leiden an zu wenig Inhalt weil die Titel in gefühlt ein, zwei Jahren im Laden liegen müssen. Außerdem hat kaum ein Entwickler das Know-how um so ein Konzept ordentlich umzusetzen, was in einem unerträglichem Grind mündet.
Also werde ich wohl weiterhin TM2, AoE2 und Siedler IV spielen. Hin und wieder kommt ja noch was interessantes raus. Wobei das immer mehr zur Ausnahme wird, regen sich doch so viele Leute auf, dass ein Star Citizen, ein Cyberpunk oder ein Black Mesa zu lange in der Entwicklung ist.