Nein das stimmt so nicht. Es ist nicht nur ein Problem von "Reichen", es ist viel mehr ein Problem der gesamten Gesellschaft und des deutschen Bildungssystems. Es mag ja sein, dass Tim K. ein Sohn eines Unternehmers war, der viel Geld hatte und dass Tim K. fast alles bekam was er sich wünschen konnte, aber andere Amokläufer waren nicht unbedingt so gut betucht. Es wäre also ein Fehler, zu sagen, dass nur bestimmte Schichten der Gesellschaft davon betroffen sind. Das wäre eine Verallgemeinerung, die nicht stimmt. Man muss immer den Einzelfall betrachten, denn es gibt auch Unterschiede, zwischen den Amokläufern, jeder Mensch ist ein Individuum, bei jedem führte etwas anderes letzten endes zum Amoklauf. Damals in Erfurt lag es an der Schule, der damalige Amokläufer bekam keinen Abschluss und fühlte sich ungerecht behandelt, hatte keine Perspektive und verzweifelte schließlich, was zum Amoklauf führte. Bei Tim K. waren es Ausgrenzung und Mobbing, das Fehlen von Freunden, das Gefühl unerwünscht zu sein. Man kann also nicht sagen, dass es nur "Reiche" betrifft. Es sind verschiedene Ursachen und Probleme, die in der Gesellschaft zu suchen sind, die zu großen Teilen im chronisch unterfinanzierten Schulsystem liegen. Man muss sich einmal vorstellen, dass es an den meisten Schulen Klassen gibt, die mindestens 25 Schüler, wenn nicht mehr haben und dass Lehrer, neben Ihrem Lehrberuf oftmals auch noch administrative Aufgaben erfüllen müssen, beispielsweise für die Schulcomputer o.Ä. Da liegt es nahe, dass viele Lehrer schlicht überforder sind und sich nicht genügend um Schüler kümmern können, die offensichtlich Probleme haben, sich aber nicht trauen etwas zu sagen. Dazu kommt ein gravierender Mangel an Schulpsychologen und Sozialarbeitern an Schulen, die nötig wären, um Probleme abseits des Unterrichts zu lösen. Außerdem sind viele Lehrer für den Beruf nicht oder nur schlecht geeignet und dazu schlecht geschult und unsensibel. An vielen Berufsgymnasien unterrichten nicht mal wirkliche Lehrer, sondern Ingenieure, die eine Weiterbildung gemacht haben, um Unerrichten zu dürfen. Da die Bundesländer in Sachen Bildung aber sehr geizig sind, werden dringend benötigte Lehrerstellen nicht besetzt, was zur Überlastung der vorhandenen Lehrer führt. So bleiben viele Schüler, die eigentlich Förderung nötig hätte, auf der Strecke und nur die Guten kommen weiter. Außerdem verhindern hohe Studiengebühren, dass viele studiumswillige Schüler nicht studieren können, weil sie es sich nicht leisten können, oder sie anstrengende Jobs annehmen müssen, bis hin zur Prostitution.
Es liegt aber auch daran, dass die Gesellschaft zunehmend intolerant und gleichgültig wird. Es geht nur noch um Aussehen, Coolness und Anerkennung. Jugendliche werden immer verantwortungsloser, saufen sich ins Koma, liefern sich Gewaltexzesse, nehmen Drogen, haben viel zu früh Sex und tuen eben Dinge, die sonst nur Erwachsene tun. Das alles wird von den Medien angeregt, MTV, Pro7 usw., wo es in Castings um Superstars und Topmodels geht, wo Shows wie Pilze aus der Erdie schießen, wo Menschen umgemodelt und an die Gesellschaft angepasst werden sollen. Der Jugend wird quasi aufgezwungen, cool zu sein. Da ist es kein Wunder, dass die Jugend immer Oberflächlicher wird und andere ausgrenzt, die nicht auf Ihrer Trendwelle mitschwimmen oder etwas sonderbar sind. Wo früher Schüler nur ausgelacht wurde, oder kleine Streiche gespielt wurden, gibt es heute Abziehn und Zusammenschlagen, angefeuert von außenstehenden Gaffern, alles per Handy gefilmt und auf YouTube zur endgültigen Demütigung veröffentlicht. Mobbing hat heute ganz offensichtlich andere Qualitäten als nocht vor ein paar Jahren. Es wird schlimmer und härter und die Gesellschaft wird mit jedem Tag intoleranter.
Ich sage ja nicht, dass man Musik, Mode und das alles verbieten sollte, aber die Jugend scheint nicht zu begreifen, dass Aussehen und Coolness nicht alles im Leben sind. Man muss der Jugend klar machen, dass es falsch ist, seine Mitmenschen fertig zu machen, nur weil diese vielleicht anderst sind als man selbst. Man muss Ihnen beibringen, tolerant zu sein, nicht nur gegenüber Ausländern oder anderen Religionen o.Ä., sondern gegenüber jedem Mitmenschen. Es kann nicht sein, dass fünf Schüler einen Klassenkameraden fertig machen, nur weil dieser keine Markenklamotten trägt, und alle anderen stehen dumm außen rum und feuern die Mobber auch noch an, geschweige denn dass sie auf die Idee kämen, dem Gemobbten zu helfen. Das ist ein Fehler der Gesellschaft. Man muss den Kindern und Jugendlichen von Anfang an beibringen, tolerant zu sein, anderen zu helfen, niemanden fertig zu machen, der etwas anderst is.
Und die Politik muss endlich begreifen, dass man durch Verbote und Gesetzesverschärfungen keine Amokläufe verhindern kann. Über ein Verbot von Gewalt-Compuerspielen zu reden und der Bevölkerung zu sagen, dass dadurch alles besser wird, ist nicht nur eine Lüge, sondern auch Betrug. Man täuscht die Menschen, in dem man sagt, dass diese Maßnahmen Amokläufe verhindern, was aber nicht stimmt. Die Politiker sind aber zu stolz, zuzugeben, dass der Fehler auch im Bildungssystem liegt. Sie sagen, es werden Milliarden von Euros in die Bildung investiert, aber davon merkt man nichts. Weder werden nötige Lehere eingestellt, noch werden Schulen saniert oder Personal eingestellt. Damit die Politik diesen Fehler nicht zugeben muss, geht man eben auf "Killerspiele" los und versucht diese zu verbieten, um am Ende beim Wähler nicht blöd da zu stehen.