Wehrmachtsoffiziere spielten hier aus meiner Sicht keine Rolle, trotz des durchaus vorhandenen Widerstandes.
Grund:
Der Ehrenkodex war ungleich anders als in der heutigen Zeit und sogar die Widerständler haderten sehr mit sich selbst, weil sie einen Eid auf den Führer geschworen hatten.
Ungeachtet der von vielen realistisch eingeschätzten militärischen Lage fühlten sich diese Offiziere (die meisten Generäle wurden von 1900 geboren!), dem Eid und dem Vaterland verpflichtet und Eidbruch bedeutete für diese Soldaten Verrat an Deutschland.
Viele kritische Generäle waren 1944 schon ausgesiebt und der Rest um Hitler waren eher Ja-Sager.
Hätte das Ereigniss früher vor Barbarossa statt gefunden, glaube ich nun, dass es den Ostfeldzug nicht gegeben hätte, weil die zu diesem Zeitpunkt ausübende Generalität durchaus das Risiko kannte.
Der Eid auf den Führer wäre mit Tod des Führers Geschichte gewesen. Und Eide aufs Vaterland sind (aus Sicht von Nationalisten) toll, aber das Vaterland übernimmt nicht die Macht und gibt Befehle. Wenn der Politiker, der die Militärspitze eingesetzt hat, plötzlich weg ist und sich besagte Spitze mit seinem politischen Nachfolger streitet, dann wird die Loyalitätsfrage auf den tieferen Rängen durchaus interessant. Zumal zwei weitere Aspekte mit reinspielen: Den alten Militaristen in Deutschland waren Rückzug/Aufgeben zuwieder, erst recht nach 1918. In den politischen Zirkeln rund um den Wutzwerg gab es aber durchaus einige, die weitere Eroberungspläne als hochriskant ansahen und eher einen Teil des Errichten auf diplomatischem Wege zu festigen gesucht hätten. Das hätte durchaus gegenläufige Präferenzen bei der niederen Ränge zu Folge haben können, für die "Sieg oder Untergang" selten positive Folgen hat - und nach 3-4 Jahren Kriegserfahrung hatten die genug Lebensangst zu spüren bekommen, um nicht mehr blind Heldenbildern nachzueifern.
In meinen Augen geht diese ganze Frage aber schon viel zu weit. Hätte der Streit zwischen den potentiellen Nachfolgern länger angedauert und wäre öffentlich ausgetragen worden, wären die Folgen ungeachtet des Ausgangs eindeutig gewesen. Deutschlands Ressourcensituation verschlechterte sich stetig, im Westen und im Atlantik wurde die Gegenseite immer stärker und im Süden war auch nichts zu holen. Ohne geschlossene Führung war der Untergang nur eine Frage der Zeit, ein anhaltender Streit hätte diesen einfach nur beschleunigt mit ähnlichem Ausgang wie bekannt (d.h.: Einige Angehörige bestimmter Ethnien jenseits der deutsch-sowjetischen Grenze hätten natürlich massiv profitiert). Die einzigen Wege später noch etwas großartig rumzureißen wären dann eine Kooperation mit Stalin oder eine vorzeitige Kapitulation vor den (dann-rein-West-)Alliierten gewesen und das hätte niemand der bislang genannten in Erwägung gezogen.
Die eigentlich spannede Frage daher in meinen Augen:
Wer hätte in der Phase zwischen einem Attentat auf Hitler und dem bekanntwerden dessen Todes die Macht für sich sichern können?
Öffentliche Auftritte nahmen ja ab, wir reden also vermutlich von einem Attentat in geschlossener Gesellschaft, dessen stattfinden sich durchaus 1-2 Wochen vor dem Volk verstecken lässt. Wenn die prominenten Vertreter des inneren Zirkels mitspielen auch bis zu einem Monat. Das ist nicht wenig Zeit und in dieser ist alles erlaubt. Ein erfolgreicher zweiter Führer wäre nicht durch Militärunterstützung oder tausende politische Unterstützer an die Macht gelangt, sondern durch Unterstützung der richtigen Nazi-Eliten, während sein potentieller Herausforderer nur die Unterstützung der unerwartet jüngst verstorbenen ex-Nazi-Eliten nicht-gehabt hätte...
Die primäre Antwort auf diese Frage dürfte klar sein - es gab nur einen, der eine paramilitärische, skrupellose Organisation, eine Geheimpolizei und einen okultistischen (nicht-ganz-so-)Geheimbund unter seiner Kontrolle hatte und Erfahrung mit der schnellen, unauffälligen und/oder systematischen Entsorgung politischer Gegner und so engen und häufigen Kontakt mit Hitler, dass es schon eine sofortige Zusammenarbeit aller anderen im inneren Nazi-Zirkel gebraucht hätte, um ihn aufzuhalten.
Genau wegen diesem engeren Kontakt ergibt sich aber ein sekundäre Frage:
Was wäre, wenn das (Bomben-)Attentat neben Hitler auch Himmler ausgeschaltet hätte?