Wie die EU zur totalitären Bürokratendiktatur mutiert.

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Ist dir überhaupt klar was damit theorethisch möglich wird? Sollte sich einmal der Unmut über politische Zustände in friedlichen Massenprotesten entladen (Prager Frühling, 17. Juni 53 in Berlin Montagsdemos in Leipzig 89), wäre es ohne Probleme möglich die "Rädelsführer" an die Wand zu stellen.
Das ist für mich totalitär. Für mich wird die EU zu einer EUdssr.


Es steht jedem Staat frei, seinen Handlungsspielraum innerhalb der vom Vertrag gegebenen Grenzen weiter einzuschränken. Wenn im Vertrag steht, dass Aufstände durch Tötungen (nicht Todesstrafe! Da liegt ein großer Unterschied drin, auch wenn man kaum sagen mag, was schlimmer ist) niedergeschlagen werden können wenn das nötig ist (ich wüsste nicht, wieso es bei deinen Beispielen nötig sein sollte, die "Rädelsführer an die Wand zustellen" - sie von der Außenwelt abzuschotten reicht wohl mehr als aus), aber im Grundgesetz des Staates diese Möglichkeit verboten wird, dann gilt natürlich letzteres - genau wie jetzt. Nur dass die derzeitige vertragliche Situation der EU vermutlich nicht mal eine Regelung hat, die z.B. den Holocaust verbieten würde. (interessanter wäre an der Stelle die Frage, welcher Regierungschef diese Klausel im Vertrag erzwungen hat?)


Wie oben erwähnt: Die Regeln des Vertrages haben unschöne Lücken.
Aber wie kommt man eher zu einem gewünschten Ergebniss?
a) gar keine Regeln, gar keine (demokratischen) Mechanismen, um welche aufzustellen
b) Regeln mit Löchern, Mechanismen um neue Regeln zu erlassen
 
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Meine Meinung zu dem Thema: Die EU sollte über eine reine Freihandelszone eigentlich nie hinausgehen. Alles, was weiter geht, wird über kurz oder lang nur zu Konflikt und Streit führen. Was wir in 20 Jahren seit der Wiedervereinigung in einem Land nur mit Ach und Krach hingekriegt haben, wird in einem Gebilde, in dem mehrere Nationen zusammen eine enge Politik gestalten sollen, nur in die Hose gehen können. Charakter und Mentalität der einzelnen Völker sind einfach zu unterschiedlich. Ein Deutscher ist kein Spanier, und ein Franzose ist kein Lette. Alle wünschen sich was unterschiedliches und dabei divergieren die Meinungen teilweise sehr. Das läßt uns zwei Optionen: (1) Wir erfüllen die Wünsche von allen, bis jeder so in Regelungen erstickt, daß er sogar zum Luftholen eine Genehmigung einholen muß oder (2) wir lassen alle gewähren und sorgen in jedem Mitgliedsstaat lediglich für den kleinsten gemeinsamen Nenner, was aber in vielen Bereichen wie Umweltschutz, Arbeitsgesetzgebung, Finanzaufsicht etc. zu wesentlichen Rückschritten in den meisten Ländern auf dem ein oder anderen Gebiet führen wird. Beides scheint mir persönlich nicht erstrebenswert.

Eine weitere, aber ganz wesentliche, Frage einer im politischen Bereich immer mehr zusammengedrängten EU ist weiterhin offen und soll es offenbar auch bleiben: Nirgends scheint es bisher eine Regelung zu geben, die die Modalitäten für einen Austritt aus diesem Staatenbund definiert. Bloß weil wir jetzt der Meinung sind, die EU sei eine gute Sache, heißt das ja noch lange nicht, daß das jedes Mitglied in 10 oder 20 Jahren immer noch so sieht. Bevor man da in etwas eintritt, was sich später als unlösbarer Fehler herausstellen sollte, müßten da meines Erachtens Vorkehrungen getroffen werden.
 
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Meine Meinung zu dem Thema: Die EU sollte über eine reine Freihandelszone eigentlich nie hinausgehen. ... was aber in vielen Bereichen wie Umweltschutz, Arbeitsgesetzgebung, Finanzaufsicht ...

Gerade wegen diesen Bereichen wäre eine reine Freihandelszone eine Katastrophe. Bereits jetzt kann man sich kaum eine Ecke der Welt angucken, ohne zu sehen, was die (im Vergleich dazu noch stark limitierte) Globalisierung für Schäden anrichtet. Würde man das gänzlich ohne Regulierung auf so kleinem Raum wie der EU machen, hätte in 0, die Durchsetzung der Minimalstandards, die du fürchtest.
Denn wieso sollte sich irgend ein Unternehmen an deutsche Umwelt- oder Arbeitsschutzmaßnahmen halten? An Französischen Arbeitszeiten? etc.
wenige 100km weiter findet man Staaten, in denen man seine Chemieabwässer einfach in Flüsse leiten kann, Arbeiter im Tagesrythmus feuern (wenn sie nicht vorher von einer Maschiene zermalmt werden), etc.
Arbeitsplätze gäbe es nur noch in dem Staat, der die niedrigsten Standards verlangt.

Genau das ist ja auch einer der Gründe für Streitigkeiten und Probleme in der EU (und auch weltweit) und den Handlungszwang, der zu so halbgaren Dingen wie den Verträgen führt:
Ehe man Grenzen zwischen Gebieten öffnet, muss man eigentlich dafür sorgen, dass auf beiden Seiten der Grenzen die gleichen Zustände herrschen. Denn die jeweiligen Minima werden das Gesamtsystem so oder so dominieren.
In der EU wurde das z.B. mit dem Ergebniss veräumt, dass z.B. Handyfabriken von einem Land ins andere wandern, um die Gewinnspanne ein bißchen zu steigern.
Im Welthandel wurde das z.B. mit dem Ergebniss versäumt, dass deutsche Erfindungen unter chinesischem Patent-ähhhh""Schutz"" nachgebaut werden

Und wenn ich mir das Geschwafel unserer Politiker anhöre (insbesondere unserer neuesten Regierung...) dann hör ich irgendwie noch mehr von "Märkte öffnen" "Wettbewerb stärken" "Beziehungen und Handel ausbauen" - aber nur sehr, sehr wenig (eigentlich gar nichts) von "Standards durchsetzen".
:(


Eine weitere, aber ganz wesentliche, Frage einer im politischen Bereich immer mehr zusammengedrängten EU ist weiterhin offen und soll es offenbar auch bleiben: Nirgends scheint es bisher eine Regelung zu geben, die die Modalitäten für einen Austritt aus diesem Staatenbund definiert. Bloß weil wir jetzt der Meinung sind, die EU sei eine gute Sache, heißt das ja noch lange nicht, daß das jedes Mitglied in 10 oder 20 Jahren immer noch so sieht. Bevor man da in etwas eintritt, was sich später als unlösbarer Fehler herausstellen sollte, müßten da meines Erachtens Vorkehrungen getroffen werden.

Da die Staaten der EU ihre Souverintät behalten, sollten sie jederzeit in der Lage sein, sämtliche Verträge zu kündigen. Wird aber vermutlich keiner machen, da unterm Strich zuviele Interessen von der Mitgliedschaft profitieren.
Was afaik wirklich fehlt, ist ein Maßnahmenkatalog, wie mit Staaten zu verfahren ist, die sich vertraglichen Pflichten wiedersetzen. Aber bislang war der auch nicht wirklich nötig, da die EU de facto eh eine Oligarchie der Regierungschefs war und somit keine einzige Regelung durchkam, die für irgend ein Land wirklich problematisch war.
Mit dem Vertrag soll das endlich möglich werden (damit überhaupt noch Beschlüsse gefasst werden können mit soviel Mitgliedern) und zumindest in der Verfassung war afaik auch vorgesehen, dass die EU Strafen verhängen kann,... . (wie es mit der Eintreibung aussieht oder obs mitlerweile rausgespült wurde, weiß ich nicht)
 
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Mit dem Vertrag soll das endlich möglich werden (damit überhaupt noch Beschlüsse gefasst werden können mit soviel Mitgliedern) und zumindest in der Verfassung war afaik auch vorgesehen, dass die EU Strafen verhängen kann,... . (wie es mit der Eintreibung aussieht oder obs mitlerweile rausgespült wurde, weiß ich nicht)

Guck! Das ist doch schon ein Riesenproblem. Wie kann es ein Staat denn mit seinem Stolz vereinbaren, an irgendeinen anderen Staat oder Staatenbund eine Strafe zu zahlen, weil letzterer der Meinung ist, man müsse irgendwas anders machen als es seit Jahrzehnten in ersterem Land gemacht wird? Bei sowas rollen sich mir - und vielen anderen - die Fußnägel auf. Es gibt schon einen ganz klaren Grund, warum man in Deutschland die Bevölkerung nicht über diesen Vertrag hat abstimmten lassen. Das wäre nämlich mit Sicherheit ganz anders ausgefallen, als die Politik es sich gewünscht hätte.
 
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Wie kann ein Staat so dumm sein, sich aus Stolz zu isolieren? Das kann sich nicht einmal mehr China leisten.

Ist wirklich unwürdig, einen Vertrag einzugehen, der mit Konventional-Strafen sanktioniert wird?

Die politische Idee des überhöhten Nationalstolzes hat sich als sicheren Weg in die Schützengräben "bewährt".

Die einzige Strafe, die Deutschland übrigens im Moment droht, ist eine wegen zu hoher Schuldenaufnahme im Verhältnis zum Bruttosozialprodukt.

Und wer war hinter dieser Regelung die treibende Kraft? Ein Land, das einen Euro haben wollte, der genauso stabil wie die D-Mark ist.

Solange in den Nationalstaaten noch jede Menge nationaler Egoisten mit aufgerollten Fussnägeln herumrennen, ist ein europäischer Vertrag ohne Sanktionen wertlos. Gesunder Egoismus und dumpfes Regionaldenken sind da nicht das Gleiche. Wer verlangt, dass gemeinsame Verträge nur auf guten Willen beruhen und gleichzeitig aus Stolz den Status Quo bewahren will, sollte die Bretter vor dem Kopf auch vor dem Mund nageln.
 
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Wer verlangt, dass gemeinsame Verträge nur auf guten Willen beruhen und gleichzeitig aus Stolz den Status Quo bewahren will, sollte die Bretter vor dem Kopf auch vor dem Mund nageln.

Gutes Wortspiel! Aber schau Dir halt mal die Schweiz an. Die gehen den Weg, den wir schon vor vielen Jahren hätten einschlagen sollen. Uns könnte es, wenn wir wollten, genauso gut gehen wie den Schweizern. Aus unerfindlichen Gründen scheinen wir das nur nicht zu wollen.
 
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Die Schweiz hat sich im laufe der letzten Jahre einem internationalen Abkommen/Verein nach dem anderen geöffnet (z.B. UN, Schengen) nachdem sie einsehen musste, dass sie sonst in einer globalisierten Welt vollkommen abgehängt wird.
 
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Schengen und UN sorgen aber noch nicht dafür, daß einem andere in die eigenen Belange reinquatschen. Oder wenigstens können sie das nur in einem sehr begrenzten und für den Bürger kaum schädlichen Bereich und Ausmaß. (Wobei sich die Frage stellt, was die UN überhaupt kann. Eigentlich nämlich gar nichts.)
 
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Die UN kann einiges, solange sich der Sicherheitsrat einig ist - okay, ist er selten, aber es ist eine Einschränkung der nationalen Souverenität. Schengen bedeutet die Aufhebung der Kontrolle über die eigenen Grenzen, was wohl ein sehr heftiger Einschnitt ist.
Afaik wird derzeit über eine weitere Annäherung an die EU mit dem Fernziel des Beitritts nachgedacht. Die Schweiz geht den gleichen Weg, wie der Rest Europas - sie startet nur von sehr, sehr weit hinten.
 
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Das wäre so ziemlich das Dümmste, was die Schweiz machen könnte, weil es mit massiven Wohlfahrtsverlusten verbunden wäre. Für so blöd halte ich die eigentlich nicht.

Was die UN kann, haben wir ja gesehen, als es kein Mandat für den amerikanischen Einmarsch in den Irak gab, dieser aber trotzdem stattfand. Seitdem hat die UN ein massives Legitimationsproblem, weil sich dort erstmals gezeigt hat, daß sie ein völlig zahnloser Papiertiger ist, der keine Möglichkeiten hat, Verstöße gegen seine Beschlüsse zu ahnden.
 
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Möglich. Aber massive Verluste können akzeptabel sein, wenn ihnen massive Gewinne gegenüber stehen. Und Gewinnquellen werden für die Schweiz zunehmend zu einem Problem, denn der Finanzmarkt ist zunehmend internationalisiert, wer illegale Transaktionen in großem Stil absichert, wird schnell zum 53. Bundesstaat und die Einnahmequellen aus Luxusgütern sind beschränkt, vor allem wenn man im Ausland mit dort heimischen Unternehmen konkurieren muss, denen gegenüber man zusätzlich noch durch z.B. Zölle benachteiligt wird.
Sonst hat die Schweiz aber nichts -> entweder begibt man sich auf das Niveau eines selbstständigen Agrarstaates herab, oder man nimmt an einem großen Markt teil. Und die EU lässt einen nicht nach gutdünken Produkte und Dienstleistungen verkaufen, ohne dafür Gegenleistungen zu verlangen.


Wie gesagt: Sobald sich der Sicherheitsrat einig ist, kann die UN einiges machen. Dummerweise bedeutet das, dass China, die USA und Russland einer Meinung sein müssen -> US-Einmärsche sind schon mal nicht betroffen.
Es gibt aber Bestrebungen, die Verfahrensweise endlich mal anzupassen. Dummerweise versucht da (wie so oft in der Politik) jeder das maximale für sich rauszuholen, anstatt eine zukunftstaugliches, faires Gesamtpaket zu schnüren. (Deutschland und afaik Brasilien drängen z.B. eher darauf, dass sie selbst ständige Mitglieder im Sicherheitsrat werden und verschwenden relativ wenig Energie darauf, dass Veto-System endlich mal abzuschaffen.)
 
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Naja, schau Dir das mal an: Reiche Briten verlassen ihr Land - Nachrichten welt_print - Wirtschaft - WELT ONLINE

Ich glaube, die Schweiz wird besser dran sein, wenn sie weiterhin erfolgreiche, intelligente und gut ausgebildete Leute aus anderen europäischen Ländern im großen Stil durch einen gesunden Steuerwettbewerb abziehen kann, als wenn sie sich die relativ verkorksten Systeme der anderen europäischen Länder zu eigen macht. Wenn diverse international oder wenigstens europaweit agierende Firmen ihre Zentralen auf Mitarbeiterwunsch in die Schweiz verlegen, sollte denen auch ein möglicher Wettbewerbsnachteil durch Zölle oder ähnliches egal sein können, weil sie ja nicht gezwungen sind, in der Schweiz auch zu produzieren, ihre Produkte demnach auch nicht aus der Schweiz stammen. Die Produktion kann ja weiterhin in GB, Spanien, der Tschechei oder sonstwo stattfinden. Da die Schweiz allerdings Mitglied der WTO ist, die auf dem GATT aufbaut, das alle Vertragsparteien zum Abbau von Handelshemmnissen verpflichtet und eine generelle Gleichbehandlung verlangt, ist die Fantasiererei von Schutzzöllen gegenüber Produkten aus der Schweiz wohl bestenfalls Wunschdenken, das sich, ohne Vertragsbruch zu begehen, wohl nicht in eine nationale oder EU-weite Politik umsetzen lassen wird.

Nachtrag: Wenn Zusammensetzung und Abstimmungs- bzw. Beschlußfassungsprinzipien der UN deutlich liberalisiert werden sollten, so daß dort kein Staat mehr eine Vormachtstellung ausnutzen kann, wird dieser ganze Koloss aufgrund der Vielzahl widerstreitender internationaler Interessen aller Länder und Bündnisse nur noch handlungsunfähiger werden.
 
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Auch im Rahmen von GATT und WTO sind Zölle möglich, wie gerade die EU gerne beweißt. Die Verlagerung von Firmensitzen in die Schweiz mag steuerlich attraktiv sein, bringt aber das Problem mit sich, dass auch die Löhne und Unterhaltskosten ziemlich hoch sind. Da gibts weltweit genug andere Steuerparadise, bei denen das nicht so ist und die Arbeit selbst lagert man ja mitlerweile bevorzugt in Länder mit deutlich niedrigeren Löhnen (z.B. Indien) aus.
Naja - muss die Schweiz selbst wissen, ich bin kein Experte. Aber "hoffen, dass andere Geld ins Land tragen" erscheint mir einfach nicht zukunftstauglich und wie gesagt, die Schweiz selbst scheint ja auch nach Alternativen zu schauen.
(zumal sie sich ja diese Woche von den nicht unerheblichen Geldquellen des arabischen Raumes und Teilen Südostasiens abgeschottet haben ;) )


bezüglich UN:
Zur Zeit kann niemand seine Vormachtsstellung ausnutzen, um ein Ziel zu erreichen. Man kann sie nur nutzen, um zu verhindern, dass andere ihre Ziele erreichen - und das wird gern und häufig gemacht. Wenn in Zukunft nur noch einfach eine Mehrheit nötig ist, ist zwar ggf. noch schwierig, eine solche zu erzielen - aber selbst das ist noch eine deutliche Verbesserung gegenüber heute.
 
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Auch im Rahmen von GATT und WTO sind Zölle möglich, wie gerade die EU gerne beweißt.

Natürlich sind Zölle möglich. Sie können nur nicht gegen ein spezifisches Land verhängt werden. Will heißen: Belegen wir den Import von Milch aus der Schweiz mit Zöllen, müssen wir automatisch die Milch jeden anderen WTO-Mitgliedslandes mit demselben Satz belegen. Dies wäre der Umkerschluß aus dem Meistbegünstigungsprinzip. Die EU könnte sich zwar darauf berufen, daß sie als regionales Bündnis die Handelsvorteile ihres Binnenmarktes keinem Drittstaat gewähren muß, aber Zölle auf bestimmte Waren würden dann immer noch den Import aus allen Nicht-EU-Ländern betreffen.

Abgesehen davon zeigt die Geschichte, daß tarifäre wie auch nichttarifäre Handelshemmnisse immer auch zum Nachteil desjenigen Landes wirken, das sie verhängt. Gutes Beispiel sind die USA in der Zwischenkriegszeit mit ihrer Wirtschaftskrise, die sich nicht zuletzt so dramatisch ausweitete, weil wegen hoher Handelshemmnisse nach Smoot-Hawley für amerikanische Produkte kein aufnahmefähiger Markt mehr gewinnbringend erschlossen werden konnte ("Vergeltungszölle"), was in der Folge einen Einbruch des Handels nach sich zog, zu Entlassungen führte, die übermäßig verschuldeten Leute zu Spekulationszwecken aufgenommene Kredite zurückzahlen mußten (was sie nicht konnten) und kleine Banken Kredite an große zurückzahlen mußten (was sie nicht konnten) und die ganze Sache im Endeffekt zusammenbrach. Nötig wäre in der Lage schnell verfügbares Geld gewesen, das zu niedrigen Zinsen geliehen werden konnte, um umzuschulden und sich aus dem Gröbsten zu retten. Da zu der Zeit aber noch der Goldstandard galt, konnte auch die FED kein Geld mehr ausgeben, da keine ausreichende Deckung durch tatsächlich vorhandenes Gold mehr gegeben war. Dies brachte den Konsum in den USA endgültig zum Erliegen, was zu der ironischen Situation führte, daß man in Waren ertrank, die de facto niemand mehr bezahlen konnte. Logischerweise forderten US-Bürger und der amerikanische Staat Kredite, die während des 1. WK großzügig vergeben worden waren, zurück, was die Finanzmärkte in anderen (vornehmlich europäischen) Ländern in dieselbe Bedrängnis brachte.

Die Verlagerung von Firmensitzen in die Schweiz mag steuerlich attraktiv sein, bringt aber das Problem mit sich, dass auch die Löhne und Unterhaltskosten ziemlich hoch sind. Da gibts weltweit genug andere Steuerparadise, bei denen das nicht so ist und die Arbeit selbst lagert man ja mitlerweile bevorzugt in Länder mit deutlich niedrigeren Löhnen (z.B. Indien) aus.
Naja - muss die Schweiz selbst wissen, ich bin kein Experte. Aber "hoffen, dass andere Geld ins Land tragen" erscheint mir einfach nicht zukunftstauglich und wie gesagt, die Schweiz selbst scheint ja auch nach Alternativen zu schauen.
(zumal sie sich ja diese Woche von den nicht unerheblichen Geldquellen des arabischen Raumes und Teilen Südostasiens abgeschottet haben ;) )
Es ist nur die Frage, ob man die qualifizierte Belegschaft eines europäischen Unternehmens davon überzeugen kann, nach Bali oder weiß Gott wohin zu ziehen. Und ob ich meinen Leuten jetzt 150.000 GBP oder 250.000 CHF p.a. zahle, sollte ziemlich egal sein, zumal ich niedrigere Unternehmenssteuern habe. Und die Lebenshaltungskosten sind in der Schweiz mit absoluter Sicherheit niedriger als in GB. Ich weiß ja nicht, ob Du in einem der beiden Länder schonmal warst, aber als durchschnittlicher Deutscher kann man in England nur die Ohren anlegen. Gegen London erscheint selbst Zürich wie ein Discounterparadies.

Daß sich die Schweiz von irgendwelchen arabischen oder südostasiatischen Geldquellen abgeschnitten hat, glaube ich übrigens auch nicht. Den klar denkenden Herren wird es ziemlich rotzegal sein, ob das, was selbst bei denen im Land der Pöbel ist, irgendwo ein Türmchen an eine Gebetshalle klatschen darf oder nicht.

bezüglich UN:
Zur Zeit kann niemand seine Vormachtsstellung ausnutzen, um ein Ziel zu erreichen. Man kann sie nur nutzen, um zu verhindern, dass andere ihre Ziele erreichen - und das wird gern und häufig gemacht. Wenn in Zukunft nur noch einfach eine Mehrheit nötig ist, ist zwar ggf. noch schwierig, eine solche zu erzielen - aber selbst das ist noch eine deutliche Verbesserung gegenüber heute.
Wenn die fremden Ziele den eigenen entgegenstehen, ist das auch nur verständlich. So würde jeder handeln, der die entsprechende Position hat. Abgesehen davon kann man natürlich über eine Umstrukturierung in diesem Gremium sprechen. Aber ich denke nicht, daß dabei viel herumkommt, denn sobald sich abzeichnet, daß die wirklich "mächtigen" Länder ihren Willen nicht mehr durchsetzen können, werden sie logischerweise über Kurz oder Lang eine solche Organisation geschlossen verlassen und etwas neues gründen. Das, was dann von den Vereinten Nationen übrig bliebe, wäre zwar bestimmt viel demokratischer, aber auch reichlich belanglos.
 
AW: Wie die EU zur totalitären Bürokratendiktatur mutiert.

Natürlich sind Zölle möglich. Sie können nur nicht gegen ein spezifisches Land verhängt werden. Will heißen: Belegen wir den Import von Milch aus der Schweiz mit Zöllen, müssen wir automatisch die Milch jeden anderen WTO-Mitgliedslandes mit demselben Satz belegen. Dies wäre der Umkerschluß aus dem Meistbegünstigungsprinzip. Die EU könnte sich zwar darauf berufen, daß sie als regionales Bündnis die Handelsvorteile ihres Binnenmarktes keinem Drittstaat gewähren muß, aber Zölle auf bestimmte Waren würden dann immer noch den Import aus allen Nicht-EU-Ländern betreffen.

Ok, verstehe was du sagen wolltest.
Für die Schweiz machen die inner-/außereuropäischen Zölle aber einen sehr großen Unterschied, da man nunmal nur sehr wenige Sorten von Waren ohne EU-Zwischenland handeln kann. (gibt es eigentlich zollfreie Transitsysteme in die Schweiz, z.B. von Seehäfen?)


Bezüglich der Handelshemnisse: Immer eine Frage der Machtposition. Selbst die USA kann sich nicht alles gegenüber der gesamten Welt erlauben. Aber die EU kann sich schon einiges gegenüber der dritten Welt rausnehmen.
Die Schweiz kann fast gar nichts, weil sie alleine zu klein ist.

Es ist nur die Frage, ob man die qualifizierte Belegschaft eines europäischen Unternehmens davon überzeugen kann, nach Bali oder weiß Gott wohin zu ziehen.

Höchstqualifizierte Belegschaft ist zahlenmäßig klein und dem tropischen Klima ggf. gar nicht abgeneigt, sobald sie erfährt,, dass der Preis des Züricher Penthouses in Goa für eine Villa mit 3-4ha Anwesen und 2-3 köpfigen Personal reicht ;)
Die höher qualifizierten dagegen sind über mehrere Jahre hinweg gesehen durchaus ersetzbar, unzählige outsourcing-Projekte machen vor, wie wenig einer Belegschaft wirklich zum "Stamm" gehört.

Und ob ich meinen Leuten jetzt 150.000 GBP oder 250.000 CHF p.a. zahle, sollte ziemlich egal sein, zumal ich niedrigere Unternehmenssteuern habe. Und die Lebenshaltungskosten sind in der Schweiz mit absoluter Sicherheit niedriger als in GB. Ich weiß ja nicht, ob Du in einem der beiden Länder schonmal warst, aber als durchschnittlicher Deutscher kann man in England nur die Ohren anlegen. Gegen London erscheint selbst Zürich wie ein Discounterparadies.

Okay. In London war ich nur mal im Rahmen eines Schülerpraktikum und habe, abgesehen von Fahrkarten, McDonald's und typischen Touristen-Ecken wenig von Preisen mitbekommen. Aus der Schweiz kann ich mir dagegen von bekannten des öfteren anhören, dass die Preise im Verhältniss zum "hohen" Lohn kein bißchen besser sind, als in Deutschland. (London selbst versucht sich aber bekanntermaßen auch, mit Sonderregelungen als Finanzparadies darzustellen ;) )

Daß sich die Schweiz von irgendwelchen arabischen oder südostasiatischen Geldquellen abgeschnitten hat, glaube ich übrigens auch nicht. Den klar denkenden Herren wird es ziemlich rotzegal sein, ob das, was selbst bei denen im Land der Pöbel ist, irgendwo ein Türmchen an eine Gebetshalle klatschen darf oder nicht.

Abwarten. Die Luxusklientel im arabischen Raum weckt zwar auch bei mir nicht den Eindruck, als würde sie alle als gleichwertig betrachten, allerdings wird z.T. sehr viel Wert auf traditionell islamische Regeln gelegt und wenn man sich anguckt, wieviel Milliarden in finanziell nicht gerade sinnvolle Projekte fließen, dann halte ich auch einen Einfluss der subjektiven Meinung auf die Verteilung von Finanzmitteln im Ausland für möglich.

Das, was dann von den Vereinten Nationen übrig bliebe, wäre zwar bestimmt viel demokratischer, aber auch reichlich belanglos.

Man die mächtigen nicht dazu zwingen, dass die Welt gerechter wird - das stimmt. Das ist letztendlich DIE Bedeutung von "Macht". Deswegen hängt das ganze ja an der Bereitschaft der großen, die Sache mit zu tragen.
 
AW: Wie die EU zur totalitären Bürokratendiktatur mutiert.

Ok, verstehe was du sagen wolltest.
Für die Schweiz machen die inner-/außereuropäischen Zölle aber einen sehr großen Unterschied, da man nunmal nur sehr wenige Sorten von Waren ohne EU-Zwischenland handeln kann. (gibt es eigentlich zollfreie Transitsysteme in die Schweiz, z.B. von Seehäfen?)

Transitware ist prinzipiell zollfrei, egal, über welchen Weg sie vom Sende- ins Empfängerland gelangt. Zölle werden nur bei der Einfuhr von Waren in das endgültige Bestimmungsland fällig, sofern dieses denn Zölle erhebt.

Bezüglich der Handelshemnisse: Immer eine Frage der Machtposition. Selbst die USA kann sich nicht alles gegenüber der gesamten Welt erlauben. Aber die EU kann sich schon einiges gegenüber der dritten Welt rausnehmen.
Die Schweiz kann fast gar nichts, weil sie alleine zu klein ist.
In der Tat, das können die USA nicht, weil sie als Hochtechnologieland sehr von ihren Exporten abhängig sind und sich Zölle auf amerikanische Waren in anderen Ländern sehr schlecht auf ihre (ohnehin nicht glänzende) Außenhandelsbilanz auswirken werden. In der Tat sind hohe Zölle überhaupt nicht im Interesse der Industriestaaten, wie die Vergangenheit anschaulich gezeigt hat. Ob hohe Einfuhrzölle Entwicklungs- oder Schwellenländern nützen können, ist fraglich. Möglicherweise können sie da ein kurzfristig sinnvolles Element sein, um eine gerade entstehende Wirtschaft in der verletzlichen Anfangsphase vor internationaler Konkurrenz zu schützen. Für Entwicklungsländer gelten nach WTO-Regeln aber auch Ausnahmebestimmungen, sodaß sie da möglicherweise größeren Gestaltungsspielraum und weniger negative Folgen zu befürchten haben.


Höchstqualifizierte Belegschaft ist zahlenmäßig klein und dem tropischen Klima ggf. gar nicht abgeneigt, sobald sie erfährt,, dass der Preis des Züricher Penthouses in Goa für eine Villa mit 3-4ha Anwesen und 2-3 köpfigen Personal reicht ;)
Diese Leute wollen aber oftmals überhaupt nicht aus Europa weg, weil sie hier Familie haben und das Leben mit all seinen Annehmlichkeiten schätzen. Ich persönlich kenne jedenfalls überhaupt niemanden, der selbst für viel Geld und gute Worte nach Indien wollen würde. Allerdings kenne ich auch nicht so sehr viele Personen, die ein solches Einkommen beziehen und die, die das tun bzw. getan haben, sind mittlerweile alle im Ruhestand.

Die höher qualifizierten dagegen sind über mehrere Jahre hinweg gesehen durchaus ersetzbar, unzählige outsourcing-Projekte machen vor, wie wenig einer Belegschaft wirklich zum "Stamm" gehört.
Um die geht es ja auch nicht wirklich. Es geht um die, die ab 150.000 GBP p.a. verdienen. Natürlich würden auch ein paar Andere mitkommen, weil das eben so ist, wenn eine Firma ihre Zentrale verlegt. Man will sich ja nicht von 0 ausgehend eine neue Belegschaft aufbauen. Aber die Einkommensränge darunter hätten ja auch gar keinen so phänomenalen Vorteil von diesem Umzug. Das ist natürlich nur für Bezieher hoher Einkommen wirklich interessant, obwohl sich die Allermeisten unterm Strich dort besser stehen dürften.


Okay. In London war ich nur mal im Rahmen eines Schülerpraktikum und habe, abgesehen von Fahrkarten, McDonald's und typischen Touristen-Ecken wenig von Preisen mitbekommen. Aus der Schweiz kann ich mir dagegen von bekannten des öfteren anhören, dass die Preise im Verhältniss zum "hohen" Lohn kein bißchen besser sind, als in Deutschland.
Das hat auch keiner behauptet. Das Optimum ist natürlich, in der Schweiz zu arbeiten und in Deutschland zu wohnen. Gerade der Bodensee eignet sich für sowas und ist dazu noch landschaftlich außerordentlich reizvoll. Aber das Preisniveau in der Schweiz ist wirklich noch was ganz anderes als in England. Zugegeben, mittlerweile ist das Pfund ja wohl relativ schwach und deswegen dürfte es im Moment erträglich sein, aber das kann sich auch bald wieder ändern. Ich habe vor ein paar Jahren jedenfalls heftig geschluckt, als ich in einem stinknormalen Pub für ein Pint 4 GBP zahlen mußte. Das sind 6 Euro. Oder 12(!) Mark. Für etwas über einen halben Liter Bier. Herzlichen Dank. Und im Supermarkt kriegt man das Zeug aus der Büchse keineswegs billiger. Und so verhält sich das da mit fast allem. Wurst und Käse sind auch extrem teuer. Entweder müssen Engländer phänomenal verdienen, oder sehr niedrige Einkommenssteuern haben (was ja offenbar nicht der Fall ist), oder alle bis über beide Ohren verschuldet sein. Ich habe wirklich keine Ahnung, wie die es schaffen, da dauerhaft zu leben. So sehr ich das Land liebe und so schön ich es finde, es ist beinahe unerschwinglich.

Abwarten. Die Luxusklientel im arabischen Raum weckt zwar auch bei mir nicht den Eindruck, als würde sie alle als gleichwertig betrachten, allerdings wird z.T. sehr viel Wert auf traditionell islamische Regeln gelegt und wenn man sich anguckt, wieviel Milliarden in finanziell nicht gerade sinnvolle Projekte fließen, dann halte ich auch einen Einfluss der subjektiven Meinung auf die Verteilung von Finanzmitteln im Ausland für möglich.
Was anderes als abwarten kann man nicht. Und... gibt es im Islam nicht ohnehin ein Zinsverbot? So furchtbar genau können die, die jetzt schon ihr Geld in der Schweiz haben, es mit diesen Regeln ja dann wohl nicht nehmen.
 
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AW: Wie die EU zur totalitären Bürokratendiktatur mutiert.

Nochmal kurz zum Thema zahnloser Tiger UN:

Natürlich ist die UN im Moment ein hilfloser Debattier-Club, wo jeder sinnvoller Beschluss mit echten Auswirkungen eine Sternstunde darstellt.

Wenn sich allerdings die Entwicklung der UN mit der von Einzelstaaten vergleicht, wird deutlich, dass man vielleicht etwas mehr Geduld mitbringen sollte.


Wieviel Jahrhunderte hat es gedauert, aus einem Konglomerat von Kleinstaaten und Fürstentümern einen deutschen Staat entstehen zu lassen?

Wieviel Jahrhunderte hat es gedauert, bis über Monarchie, Oligarchie und Diktatur in Deutschland eine echte Demokratie entstanden ist.


Die Aufgabe, die UN so zu konstruieren, dass sie einerseits eine demokratische Organisation ist, andererseits die Schwachen vor den Starken schützt und dass sie wirksame Interventionsmöglichkeiten hat, ist bestimmt nicht einfacher.


Ich denke, zu meinen Lebzeiten werde ich kein Forumsthema mehr lesen, das lautet:

Wie die UN zur totalitären Bürokratendiktatur mutiert.

..was dann der Beweis wäre, dass die UN echte Macht bekommen hätte :ugly:
 
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