Ich weiß mittlerweile gar nicht mehr, was mich mehr ankotzt:
Der deutsche Staat mit seinen selbsternannten „Jugendschützern“, deren etablierte Lösungsmodelle vom Internet hoffnungslos überrannt worden sind und die sich in ihrem behördlichen Selbsterhaltungstrieb an alles klammern, was auch nur entfernt nach einer Existenzberechtigung aussieht?
Oder Valve, das immer den bequemsten Weg wählt und lieber seine gesamte erwachsene Kundschaft des einwohnerreichsten EU-Staats gegenüber dem Rest der freien Welt unsäglich benachteiligt als eine funktionierende Alterskontrolle einzuführen? Jeder andere Anbieter bekommt es hin. Ausweisscans finde ich jetzt nicht zuletzt aus Datenschutzgründen nicht besonders attraktiv, aber was ist so schwer daran, einen Postident-Coupon auf einen Account auszustellen, den Kunden sein Alter bei der nächsten Postfiliale verifizieren zu lassen und fertig ist die Laube? Mittlerweile muss man dafür nicht mal mehr irgendein Papier quer durch die Republik schicken.
Dann müsste man auch nicht extra nur für Deutschland die ganzen anzüglichen NSFW- und Hentai-Spiele filtern, die ja aus Sicht der selbsternannten „Jugendschützer“ sooo viel schlimmer sind als jedes Call of Duty, das auf Steam mit wenigen Klicks gekauft werden kann – frei nach dem Motto: „Was die Amis machen, machen wir zuverlässig mit ein paar Jährchen Verzögerung nach!“ Ob man grundsätzlich solche Spiele kaufen will/sollte, wenn man dafür seine persönlichen Daten hinterlegen musste (was man bei Steam sowieso bei jedem Kauf tun muss) und sich obendrei per Ausweis verifiziert hat, steht auf einem anderen Blatt. Aber die Entscheidung will ich selbst treffen. Egal, ob wir über perverse Hentai-Spielchen oder über ausländische Propagandamedien sprechen: Mir stinkt es hochgradig, wenn sich irgendwer „da oben“ anmaßt, mir als erwachsenem Menschen vorzuschreiben, was ich sehen darf und was nicht. Da braucht es schon eine ganz offensichtliche, verfassungsrechtlich wasserdichte Rechtfertigung für (Verletzung von Persönlichkeitsrechten, reale Aufnahmen von Gewalt gegen Menschen, insbesondere gegen Kinder), dass ich mich damit abfinde, und das ist ganz sicher nicht der Fall, wenn die Begründung „Jugendschutz“ lautet, der mich nur noch insoweit zu betreffen hat, als dass ich gegenüber meinen eigenen Kindern in der Verantwortung bin, ihnen nicht unkontrolliert auf alles Zugriff zu geben.
Überhaupt habe ich – ob bei Spielen oder bei Überwachung (Chatkontrolle) – bisher noch nicht so recht ausknobeln können, mit welchem mathematischen Kniff und wie viel Litern Alkohol man ein System für verhältnismäßig halten soll, das Menschen 18 Jahre lang „schützt“ und sie dann bis zu viermal so lang kontrolliert und ihre Grundrechte ohne wirkliche Rechtfertigung beschneidet, weil die Menschen, die darüber entscheiden, im besten Fall zu inkompetent oder unwillig sind, sich echte Lösungen zu überlegen, im schlimmsten Fall einfach genießen, andere Menschen zu kontrollieren. Anderen vorzuschreiben, was sie lesen, sehen oder hören dürfen, war schon immer ein Instrument kleiner, unbedeutender, böser Menschen, um Macht über andere auszuüben, weil es ihnen ein Gefühl von Größe gibt. Und Valve macht da sich schon seit Langem zum Komplizen staatlicher Zensur, indem es aus rein eigennützigen Gründen – „Preisflucht“ nach Russland oder Argentinien auf Kundenseite bekämpfen – den Usern jede Möglichkeit verbaut hat, mittels VPN o. ä. mal eben auf einen ausländischen Steam-Store zuzugreifen. Selber sind sie sich natürlich nicht dafür zu fein, ihre gesamten EU-Gewinne in Luxemburg zu versteuern, wo es – welch Überraschung – viel günstiger ist als in den Ländern, in denen die Gewinne erwirtschaftet wurden. Aber das gemeine Konsumvieh hat gefälligst zu fressen, was auf den Tisch kommt, zu den Konditionen, welche Valve und die Publisher diktieren. Quod licet Iovi, non licet bovi.
Und dieses Unternehmen ist der ewige „Good Guy“, welcher von PC-Gamern™ bis aufs Blut verteidigt wird.
Soweit ich das verfolgt habe, mit Spielen, Altersbeschränkung und Einstufung und all das
haben wir es den Gerichten zu verdanken das Spiele in Deutschland Geogeblockt werden.
Obwohl das laut EU Vorgabe als Illegal gilt.
Da muss ich dich und alle, die das bisher geglaubt haben, leider enttäuschen. Ich habe nämlich lustigerweise wegen der Zensur der NSFW-Titel mal bei der Bundesnetzagentur eine Beschwerde wegen des Geoblockings eingereicht und nach vielen Monaten sogar eine Antwort bekommen:
Bundesnetzagentur schrieb:
Die Bundesnetzagentur ist für die Anwendung der Verordnung (EU) 2018/302 (Geoblocking-Verordnung) zuständig. Sie regelt den – im Hinblick auf Wohnsitz, Ort der Niederlassung oder Staatsangehörigkeit des Kunden – diskriminierungsfreien grenzüberschreitenden Handel von Waren und Dienstleistungen innerhalb der EU.
Laut Artikel 1 Absatz 5 Geoblocking-Verordnung ist diese jedoch nicht auf grenzüberschreitende Bestellungen von urheberrechtlich geschützten Werken anwendbar. Die Produkte, die auf der Steam-Plattform angeboten werden, stellen grundsätzlich urheberrechtlich geschützte Werke dar. Ebenfalls handelte es sich möglicherweise um eine gemäß Artikel 4 Absatz 5 Geoblocking-Verordnung zulässige Einschränkung des Zugangs zu bestimmten Produkten aufgrund der Einhaltung nationaler Vorschriften (wie etwa dem Jugendschutzgesetz). Aus diesen Gründen können wir bei dieser Fallkonstellation mithilfe der Geoblocking-Verordnung keine Abhilfe leisten.
In der Zwischenzeit ist jedoch die Europäische Kommission gegen das Unternehmen vorgegangen und hat aufgrund festgestellter Praktiken zur Beschränkung eines grenzüberschreitenden Verkaufs innerhalb der EU hohe Geldbußen gegen Valve und fünf Spieleverlage verhängt. Die EU Kommission hat dafür das EU-Kartellrecht angewendet.
Die dazugehörige Pressemitteilung finden Sie hier:
(Link veraltet und entfernt)
Die Contentmafia hat zuverlässig wie immer dafür gesorgt, dass sie gleicher bleibt als alle anderen. Und in dem Fall hatte sie noch Unterstützung von den selbsternannten „Jugendschützern“, die ihre dahinsiechende Autorität nicht noch von der EU euthanasiert sehen wollten. Wo kämen wir denn da hin, wenn die EU hier wirklich etwas für ihre Bevölkerung täte und die Plebejer sich den Binnenmarkt wie auch die Globalisierung in gleichem Maße zunutze machen dürften wie die Unternehmen?