[Review] Alte Netzteile von Forenmitgliedern im Test, Teil 4: be quiet! Dark Power Pro P6 600W

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[font='Verdana, Helvetica, sans-serif']Alte Netzteile von Forenmitgliedern im Test, Teil 4: be quiet! Dark Power Pro P6 600W

Autor: _chiller_

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Hier im Forum wird ein Netzteilwechsel nach durchschnittlich 5 Jahren empfohlen. Was passiert wenn man dieses Haltbarkeitsdatum deutlich überschreitet?
1. Intro

Noch immer bekomme ich fast täglich Anfragen von Forenmitgliedern die ihr altes Netzteil abgeben wollen. Für das Interesse möchte ich mich herzlich bedanken, aber ich bin aktuell so gut mit Testmustern versorgt, dass ich leider keine weiteren Netzteile mehr annehmen kann ;)

Das heutige Netzteil wurde von NuVirus gesponsert, wofür ich mich herzlich bedanken möchte!

In der Netzteilecke dieses Forums gibt es eine Faustregel: Hat ein (Marken-)Netzteil das Alter von fünf Jahren erreicht, so sollte es bei der nächsten größeren Aufrüstung des Systems gegen ein aktuelles Modell ersetzt werden. Neben der Alterung der internen Komponenten spielen auch die gestiegenen Anforderungen an das Netzteil eine Rolle. Im Gegensatz zu den älteren Generationen besitzen aktuelle Grafikkarten sehr aggressive Stromsparmodi, welche die Elektronik älterer Netzteile überfordern können. Das Ergebnis können z.B. Spulenfiepen des Netzteils oder Systeminstabilitäten sein. Was passiert nun mit Netzteilen die wesentlich länger als die empfohlenen fünf Jahre genutzt werden? Das möchte ich heute einmal herausfinden!​
2. Ein Interview mit dem Besitzer

Bevor wir uns das Netzteil anschauen, möchte ich zuerst einmal die Geschichte dazu erfahren. Wie ist der Besitzer genau auf dieses Netzteil gekommen? War er mit dem Produkt zufrieden? Welches Netzteil besitzt er nun? Dazu habe ich NuVirus einige Fragen gestellt:

Frage:
Wie alt ist das Netzteil ungefähr? Ist es in der Zeitspanne viel gelaufen und/oder hoch belastet worden?
Antwort:
April/Mai 2006 gekauft, es war durchgängig als mein Haupt PC bis Anfang 2014 im Einsatz.
Interessant war das ich eigl die 530W Version gekauft habe es aber scheinbar die 600W Version laut Aufkleber ist.
Es lief häufig den Tag über nach Schule und Arbeit, ich habe früher viel gespielt und gerade ab Ende 2009 wohl stark belastet durch stromhungrige Komponenten.

Frage:
Welche Hardware hast du mit dem Netzteil befeuert?
Antwort:
Folgende grobe PC Konfigurationen wurden betrieben:
1. AMD Athlon 64 3700+, X1800XT, 1GB RAM, 1-2 HDDs 1 Laufwerk, später Aufrüstung auf X2 4200+ jeweils mit etwas OC.
2. 2008 Intel E8400, 4GB RAM, HD3850 später HD3870 Custom mit etwas OC, CPU Oced auf 3,6Ghz bei ca. 1,25V
3. Seit Ende 2009 Sockel 1366, 6GB RAM, i7 920@3,6-3,8Ghz D0 Stepping evtl am Anfang Standardtakt und HD3870 Custom, Juni 2010-Juni 2012 GTX 470 danach Gigabyte Windforce 3X GTX 670 OC
-> Anfang Februar 2014 als ich mich mit dem Thema Netzteilen mehr beschäftigt habe dann gegen ein E9 480W getauscht es lief bis dahin absolut problemlos.

Die Festplatten sind mit der Zeit auf 4-5 Stück gewachsen und 1 SSD.


Frage:
Was war damals die Kaufentscheidung, genau dieses Netzteil zu wählen? Oder hat das eine ganz andere Hintergrundgeschichte?
Antwort:
2006 habe ich mir meinen ersten eigenen PC zusammengestellt und be quiet! war damals schon eine bekannte Marke.

Frage:
Was hat dir am Netzteil gut gefallen, was nicht? Warst du insgesamt damit zufrieden?
Antwort:
Es lief eigentlich durchgängig problemlos, insgesamt ein sehr guter Kauf. Wenn ich nicht wieder nach längerer Inaktivität im Forum aktiv geworden wäre, würde es wohl jetzt noch laufen falls ich mir keinen neuen PC gekauft hätte.
Im Nachhinein ist mit dem neuen Netzteil einige Monate nach Tausch eine Festplatte kaputt gegangen aufgrund SMART Fehler bei Beschleunigungszeit - zum Glück noch knapp in der Garantie lief über 2 Jahre mit dem Netzteil.

Frage:
Warum hast du dein Netzteil durch ein neues Produkt ersetzt? Welches Netzteil hast du gewählt (und warum)?
Antwort:
Durch das PCGH Forum und da ich mich mehr mit Netzteilen beschäftigt habe, außerdem wollte ich meinen PC auf Silent trimmen und da viel mir auf das man inzwischen das Netzteil hört - es war nicht laut oder defekt.
Zum Zeitpunkt des Kaufs war übrigens geplant noch länger auf Sockel 1366 bleiben
Es ist dann das Be Quiet E9 480W CM geworden da es damals als gutes Netzteil galt, mit aktuellem Wissen hätte ich lieber zum P10 550W gegriffen damit ich komplett bedenkenlos eine High-End Karte wie R9 290X betreiben kann wofür es aufgrund der Gruppenregulation nicht ideal sein soll^^

Anmerkung des Autors:
Das Netzteil wurde also ziemlich genau acht Jahre lang mit zum Teil fordernden Komponenten betrieben! Zudem besitzen die älteren Serien von be quiet! einen eher zweifelhaften Ruf, da diese noch von zum Teil recht unbekannten Fertigern gebaut wurden. Ich bin wirklich gespannt in welchem Zustand sich dieses Netzteil nun befindet.​
3. Spezifikationen und Äußeres

Technische Informationen zum Dark Power Pro P6 zu finden, gestaltete sich als recht schwierig. Auf der Website von be quiet! wird nur die Nachfolgegeneration P7 gelistet, daher musste ich auf damalige Testberichte und News zurück greifen. Gegenüber dem Vorgänger P5 änderte der Hersteller die Kühlung, statt zwei kleineren Lüftern kommt nun ein 120 mm großes Modell mit einer temperaturgeregelten Drehzahl zum Einsatz. Zudem soll die Effizienz ab einer Auslastung ab 30 Prozent den Wert von 80 % übersteigen. Einen geizhals-Eintrag konnte ich ebenfalls noch entdecken, das Netzteil wurde zwischen 2006 und 2008 bei etwa 120 Euro gehandelt. Nun werfen wir einmal einen Blick auf den Produktaufkleber des Netzteils:​

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Mit der glänzenden Oberfläche kam meine Kamera leider überhaupt nicht zurecht, daher bitte ich die etwas verschwommene Darstellung zu entschuldigen ;)

Schon auf dem Produktaufkleber merkt man dem P6 sein hohes Alter an. Die 3,3V- und 5V-Schiene sind sehr stark ausgelegt, dafür sind die 12V-Schienen recht klein. Zudem entspricht die kombinierte Leistung beider Rails den Werten der einzelnen Rails, was heutzutage eher unüblich ist. Heutzutage würde man das P6 600W also eher als 500 Watt-Modell einordnen.​

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Das Äußere des P6 600W erinnert ein wenig an das Nachfolgemodell P7, welches ich ebenfalls schon getestet habe. Die lackierte Oberfläche soll an gebürstetes Metall erinnern, immerhin hat diese die Strapazen der letzten Jahre recht gut überstanden. Erstmals verbaute be quiet! auch ein (teil-)modulares Kabelsystem, bei denen die Kabelstränge für Grafikkarten und Laufwerks abnehmbar waren. Auch Lüfter ließen sich an das Netzteil anschließen und von der integrierten Lüftersteuerung steuern. Damals machte dieses Feature unter Umständen Sinn, da das Netzteil öfters noch oben im Gehäuse platziert wurde und somit für die Abwärme von CPU und Grafikkarte zuständig war. Ein wärmeres Netzteil bedeutete unter Umständen also auch wärmere Komponenten im PC. Die Kabel besitzen einen blickdichten Sleeve, die PCI-Express Kabel verfügen zusätzlich noch in Schrumpfschläuche eingepackte Kondensatoren und Ferritkerne.​

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Die lange Liste deutet es schon an, über ein Mangel an Laufwerkssteckern muss man sich hier nicht beklagen. Es sind sogar mehr Laufwerkskabel vorhanden als das Netzteil zur Verfügung stellt, allerdings würde auch nur ein Molex-Anschluss bei Vollbestückung fehlen. Die Kabel besitzen eine erstaunliche Länge, bei heutigen Netzteilen wird an diesen Punkten meistens gespart. Das P6 muss sich in dieser Hinsicht jedoch keineswegs verstecken, alle Kabel besitzen eine mehr als ausreichende Länge. Einzig bei der Anzahl an PCI-Express Anschlüssen liegt das P6 600W nicht mehr auf dem Niveau von aktuellen Netzteilen, das neu vorgestellte be quiet! Straight Power E10 verfügt in der 600W-Version sogar schon über ganze vier 6+2 Pin-Anschlüsse.​
4. Die Technik im Detail

Kommen wir nun zum spannendsten Teil dieses Reviews, der Technik. Vorab aber eine Warnung:
Nicht nachmachen! Ihr begebt euch in Lebensgefahr wenn ihr ein Netzteil aufschraubt, desweiteren geht die Garantie verloren!

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Bevor ich mit der Analyse der Elektronik starte, musste ich so einiges an Staub aus dem ansonsten im passablen Zustand gehaltenen Netzteil holen. Es ist wirklich erstaunlich wie viel Staub auf so wenig Raum Platz findet ;)

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Zugeliefert wird die Elektronik von OEM-Hersteller Topower. Ab dem Nachfolgemodell setzte be quiet! dann hauptsächlich auf FSP, weswegen diese Serien nicht miteinander vergleichbar sind. Viel mehr stellt das P6 eher eine Evolutionsstufe des P5 dar, welches ebenfalls von Topower gefertigt wurde. Gut zu sehen ist schon einmal die Zusatzplatine im oberen Teil des Bildes, auf der sich die Lüftersteuerung befindet. Der Primärkondensator sitzt normalerweise am Rand des Netzteils, hier wurde er direkt neben dem Haupttrafo in der Mitte des Netzteils platziert.​

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Die Eingangsfilterung fällt sehr umfangreich aus: Auf einer dicht bepackten Platine befinden sich bereits 1X- und zwei Y-Kondensatoren, sowie drei Spulen. Auf dem großen PCB geht es dann mit insgesamt 3X- und 3Y-Kondensatoren, eine Schmelzsicherung und einem MOV weiter. Die Gleichrichterbrücke besitzt zudem einen eigenen Kühlkörper. Hinter der PFC-Spule befindet sich noch ein PWM-Controller der Marke Champion.​

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Wie schon angesprochen sitzt der Primärkondensator in der Mitte des Netzteils. Dieser wird von Teapo zugeliefert und verfügt über folgende Daten: 330 Mikrofarad Kapazität, 400 Volt. Weitere Daten konnte ich leider aufgrund der restlichen Staubschicht und den eng anliegenden Komponenten nicht entdecken. Auch auf der Sekundärseite geht es eng zu. Als Protection-IC kommt ein einfaches Modell von ST Microelectronics zum Einsatz, welches zwei Voltkanäle überwachen kann. Bei den Kondensatoren wurde eine Mischung aus Teapo und Asia´X verbaut, letztere kenne ich von aktuellen Modellen der Marke MS-Tech.​

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Genau diese angesprochenen Kondensatoren machten mir auch Kummer, denn diese laufen bereits aus. Dem brüchigen Belag auf den Kondensatoren zu urteilen, ist dies schon seit einiger Zeit der Fall gewesen. Aufgrund dieser Beschädigungen habe ich von einem Praxistest an meinem Privatsystem abgesehen, denn auch mein Mut kennt Grenzen ;)

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Eine weitere Kuriosität habe ich auf der Sekundärseite gefunden. zwar sind tatsächlich zwei 12V-Rails eingezeichnet (zu erkennen an den weißen und schwarzen Schrumpfschläuchen der Kabel), jedoch wurden diese über zwei Leitungen zu einer Rail zusammen gelötet. Zusammen mit der fehlenden OCP kann man hier eigentlich von einem Single-Rail Netzteil sprechen.​

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Als Lüfter wurde ein Modell von Globe Fan verbaut, welches über ein Kugellager verfügt und eine Maximaldrehzahl von 2000 rpm besitzt.​

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Die Lötqualität sorgt nicht grade für Begeisterungsstürme, die Menge an Lötzinn hätte auch für zwei Netzteile gereicht.

Insgesamt trifft in diesem Netzteil stark veraltete Technik auf defekte Kondensatoren. Dieses Netzteil hat sein Haltbarkeitsdatum bereits deutlich überschritten und sollte an keinen PC mehr angeschlossen werden. Aufgrund dessen habe ich daher auch auf einen Praxistest verzichtet.​
5. Fazit

Das hier vorgestellte Netzteil ist wohl das Paradebeispiel für all jene, welche einen Austausch des Netzteils nach etwa fünf Jahren fordern. Auch im intakten Zustand wäre das be quiet! Dark Power Pro P6 600W kein passender Partner für ein System mit einer aktuellen High-End Grafikkarte. Erschwerend kommt hinzu, dass das Netzteil in diesem Fall noch voll funktionsfähig ist, ein unwissender Besitzer würde somit seine Komponenten stark gefährden. Dieser Fall soll vor Augen führen, dass ein Netzteiltausch nach einigen Jahren durchaus sinnvoll sein kann. Und mal ehrlich, so teuer sind Netzteile nicht mehr, gute Modelle in der 450-550 Watt-Klasse sind bereits ab etwa 50-60 Euro erhältlich.

Im konkreten Fall hat NuVirus daher absolut richtig gehandelt und das alte Netzteil in Rente geschickt. Mit dem be quiet! E9 480W besitzt er nun ein adäquates Netzteil für aktuelle Single-GPU Systeme.​
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