Die Thematik der Kopfhörermessung ist viel zu komplex und fallspezifisch, um sie in solch ein enges und verallgemeinerndes Raster zwengen zu können. Was man anhand solcher Plots ablesen kann, das sind relative Eigenschaften wie etwa unterschiedlich ausgeprägte Gewichtungen von Bass, Mitten und Höhen. Allerdings: je hochfrequenter und damit schmalbandiger die Betrachtung wird, desto willkürlicher schlagen die Resonanzen aus. Nur weil in irgendeiner Messung bei bspw. 6 kHz ein Peak von +7 dB ersichtlich ist, heißt das noch lange nicht, dass dieser Kopfhörer in der Realität irgendwelche Probleme mit der Höhendarstellung hat. Solche Erscheinungen kommen und gehen, je nach Trageposition und Ohrgeometrie. Auch die verwendeten Pads haben starken Einfluss. Daher wird in so ziemlich allen Foren auch immer dazu geraten, einen Kopfhörer erst durch tatsächliches Probehören zu beurteilen.
Die von rtings definierte Referenzkurve (Target) halte ich persönlich für fragwürdig. Daher schaue ich mir wenn, dann nur die Rohdaten ("Raw Frequency Response") an.
Die Angaben zu Imaging und Soundstage sind übrigens nicht weniger kritisch.
Das Imaging hängt stark vom getesteten Sample ab und sagt daher nur wenig über das Verhalten einer ganzen Serie, geschweige denn zeitlich auseinanderliegender Produktionen aus. Die Philips X2HR wären ein sehr schönes Beispiel dafür, warum solche Tests praktisch leider kaum belastbar sind. Es sind lediglich Momentaufnahmen eines einzigen Modells.
Davon abgesehen habe ich auch so meine Zweifel, ob es wirklich so eine gute Idee ist, die Bewertung der Soundstage von der Aufnahme auf einem Kunstkopf abhängig zu machen. Es ist eine erwiesene und fachlich völlig zweifelsfreie Tatsache, dass die räumliche Wahrnehmung sehr individuell ist und allein mit der Form von Ohrmuschel und Gehörgang stark variieren kann. Wenn man nun einen Kunstkopf als Modell nimmt, hat man auch hier wieder eine äußerst fallspezifische Abbildung, die nicht zwangsweise mit der eigenen Wahrnehmung einhergehen muss. Ich für meinen Teil kann zum Beispiel überhaupt nichts mit dem Q701 von AKG anfangen. Die Bühne erscheint mir künstlich verengt und nach vorne geschoben. Trotzdem ist dieser Kopfhörer bei denen weit oben im Ranking.
All das soll nicht heißen, dass solche Messungen technisch nicht objektiv sein können. Nur sollte man nicht erwarten, dass sie sich auch direkt auf die eigenene Wahrnehmung übertragen lassen. Es ist wie so oft lediglich ein Weg zur Orientierung, aber keines Falls ein Ersatz für ein fundiertes Urteil durch eigenes Probehören.
TL;DR
Take it with a grain of salt!