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cryptochrome
Guest
Kann ich 1.000.000 gleichzeitige Stadia ausliefern? Ok, da wird es wie gesagt mit dem Platz im Rechenzentrum lustig, denn einfach so bereit steht dieser Platz in Rechenzentren nicht. Ich müsste also neue bauen. Das sind Kosten die ich bei 1 Million Stadia habe, die ich beim Testbetrieb mit 100 Usern im privaten und manchmal auf der Gamescom nicht habe. Das Produkt skaliert also nicht 1:1 nach oben. Mal kurz ne Ecke im bestehenden Google Rechenzentrum, oder bei einer Serverfarm mieten ist da nicht.
Du denkst zu "einheitenlastig". Also irgendwie "pro User, pro Stadia". Es ist nicht so, dass bei Stadia pro Spieler irgendwie eine Hardware Einheit herumstehen muss. Wir reden über Cloud, also über verteilte Compute/Storage Ressourcen und Virtualisierung. Ein "Server" wird von Dutzenden Usern gleichzeitig verwendet. Der Hardware-Aufwand für Stadia wird natürlich gigantisch, aber Du kannst davon ausgesehen, dass Google genau da sehr genau weiß, was sie tun. Über all diese Dinge haben sich sehr viele sehr schlaue Menschen bei Google bereits lange vor uns den Kopf zerbrochen.
Dann kommt der Punkt, ob ich die Bandbreite ausliefern kann. Netflix kann locker zu 1 Million Kunden streamen mit 12 MBit in der Sekunde. Das sind immerhin 11,5 Terabit pro Sekunde. Das ist aber alles Content, bei dem Proxys prima funktionieren, bei dem Netflix im Netz des ISP (Telekom, Vodafone, etc.) mal eben einen lokalen Mirror oder 100 aufstellt, weil denen ihr komplettes Angebot passt auch auf ein paar Server mit 8 Höheneinheiten in der Summe plus ein dummes rsync Skript. Kann Stadia das? Für die ist das wesentlich schwerer. Ist das Rechenzentrum zentral, dann ist da das 11,5 Terabit Problem, das wird mal nicht soeben in alle Lande verteilt und dazu ohne Lag. Will Google das gleiche machen wie Netflix und hunderte Stadia Nodes verteilen, dann sind wir wieder beim Platzproblem aus meinem vorherigen Post, oder beim "besondere Ansprüche" Problem. So oder so, das wird teuer, das skaliert also nicht so gut wie ein Testbetrieb.
Deine Überlegungen wären grundsätzlich richtig. Aber das sind alles Probleme, die bereits seit langem gelöst sind - auch ohne Stadia. Google betreibt alleine in Deutschland mindestens vier Rechenzentren für ihr bereits seit Jahren etabliertes Cloud Business für Geschäftskunden (vergleichbar mit Amazon AWS). In diesen Rechenzentren wird hierzulande Stadia laufen. Hinzu kommen Hunderte Edge Nodes in Deutschland, über die Internet Provider direkt an den Google Rechenzentren angebunden sind. (Details hier: Google Edge Network). Vor ein paar Tagen hat Google außerdem angekündigt, weitere 3 Milliarden in neue europäische Rechenzentren zu investieren. Da steht also gigantische Infrastruktur zur Verfügung.
Im Unterschied zu Netflix (die übrigens Amazon AWS benutzen und keine eigene Cloud betreiben: Netflix-Fallstudie – Amazon Web Services (AWS)) gibt es also nur den Punkt, dass Stadia nicht mit Content Delivery Networks und Caches an den Edges Content vorhalten kann. Das ist aber in Anbetracht der vorhandenen Infrastruktur wenig relevant. Die aus netztopologischer Sicht örtliche Nähe der Spieler zum RZ ist gegeben. Und in denen gibt es nicht einen Output, über den der gesamte Traffic rausgeschoben wird, sondern eben Hunderte. Zu jedem Provider und zu jedem Peering Punkt. Wenn Google irgendwas beherrscht, dann das Verteilen von Internet Traffic "at scale".
Ein wichtiger Teil der Skalierbarkeit ist auch die Frage, ob ich das Geld mit der Hardware einspielen kann, bevor mich die Konkurrenz zwingt ein Upgrade zu machen. Das skaliert besonders schlecht wenn ich wie Google mit der hardware in Vorleistung gehe bevor ich sie vermiete und die Konkurrenz wie Sony Kunden hat die bei der Hardware in Vorleistung gehen und sie mir abkaufen. Sony mag ein bisschen draufzahlen bei einer neuen Konsole, Google zahlt erstmal mit 100% drauf. Es wird ganz entscheidend sein wie viele User Google pro Stadia haben kann. Sony kann jede Konsole einmal verkaufen. Stadia kann man pro hardware an 3,2 Kunden verkaufen, oder 4,8, oder 2,8. Wir wissen es noch nicht. Aber die Trangfähigkeit des Projektes hängt da ganz entscheidend davon ab.
Ich kann die wirtschaftlichen Aspekte nicht wirklich beurteilen - das kann wahrscheinlich niemand hier. Aber im Gegensatz zu den von Dir genannten Playern wie Sony ist Alphabet (also Google) viel breiter aufgestellt und kann es sich als eines der reichsten und größten Unternehmen der Welt viel eher leisten, unterschiedliche Geschäftsbereiche untereinander quer zu subventionieren, als eine Sony das jemals könnte. Genauso wie man davon ausgehen kann, dass Google sich über all die technischen und technologischen Problemstellungen bereits einen Kopft gemacht hat, kann man davon ausgehen, dass sie insbesondere auch die wirtschaftliche Machbarkeit genauestens eruiert haben.
Man kann das natürlich alles anzweifeln, aber wir reden hier über Google. Nicht über irgend einen Hinterhofladen. Google würde ein solches - milliardenschweres - Produkt nicht am Markt platzieren, wenn sie nicht 100% wüssten, dass es funktionieren wird. Auch wenn das vielleicht die Vorstellungskraft des ein- oder anderen übersteigt (damit meine ich jetzt nicht Dich, sondern die Zweifler im Allgemeinen).