Ich habe Isolation bis jetzt zweimal durchgespielt und dabei auch den ein oder anderen Loop der KI erlebt. Hat für mich persönlich dem schauerlichen Vergnügen aber keinen Abbruch getan. Auch wenn mir als des Programmierens mächtiger Mensch grundsätzlich klar ist wie das Ganze funktioniert, haben die Gamedesigner für meinen Geschmack ganze Arbeit geleistet. Die Gesamtatmosphäre des Spieles zieht mich immer wieder in den Bann.
Die Gesamtatmosphäre will ich auch definitiv nicht kritisieren. A:I ist eines der besten Spiele dieses Jahrtausends und tatsächlich einer von nur drei Steam-Titeln, die ich mir jemals gekauft habe. (Und die anderen beiden sind
das Spiel des Jahrtausends Portal 1 nebst Nachfolger.)
Nur das Lob für die KI kann ich nicht nachvollziehen. Das Bedrohungslevel wird eben nicht erreicht, in dem man die Umgebungswahrnehmung des Aliens analysiert und es dann eigene Schlüsse daraus ziehen lässt, sondern im Wesentlichen mit klassischem Scripting. Dass das im Rahmen des Spiels gut funktioniert, solange man sich mitreißen lässt und keine Situation strategisch analysiert, ist keiner besonders cleveren NPC-Routine zu verdanken, sondern (wie so vieles in A:I) dem genialen Leveldesign. Bis auf die genannten Beispiele und noch 2-3 weitere Situationen im Spiel hat der Spieler gar keine Möglichkeit zu beurteilen, wo das Alien überall sein könnte (respektiv können sein
sollte), also ist auch egal,
warum es so oft unmittelbar beim Spieler auftaucht. Da man, außerhalb gestellter Szenen, auch nur selten mit Alien und anderen Akteuren im gleichen Raum ist, fällt es auch kaum auf, dass das Alien auf diese anders (respektive oft genug gar nicht) reagiert. Aber obwohl diese beiden Erleichterungen für die KI eine enorme Einschränkung für das Level-Design darstellen und obwohl zusätzlich auch noch die Alien-Spawn-Dichte durch die strategische Platzierung von Lüftungsschächten reguliert wird, wirken die Level nie künstlich, gestellt oder unpassend. Meisterwerk. Aber halt nicht von den KI-Entwicklern.
Meiner Meinung nach könnte man in einem Nachfolger aber noch mehr rausholen, wenn man dieses Defizit beseitigt. Beispiele:
- Die längeren Bahnfahrten verschaffen dem Spieler eigentlich einen räumlichen Vorsprung vor einem Alien, dass nur zufällig über die Stations stromert und dabei auch nicht-Spieler-Aktivitäten auskundschaftet. Nach Ankunft in einem anderen Turm könnte sich der Spieler also für ein paar Minuten komplett sicher fühlen und hätte so Momente, die vollkommen andere Herangehensweisen an andere Gegner erlauben würde – wenn das Alien nicht einfach auf seine Schulter teleportieren würde. (An dieser Stelle kein Spoiler für diejenigen, die das Spiel noch nicht durch haben.
)
- Der Spieler könnte dadurch sogar vor die Wahl gestellt werden: Soll ich den Roboter doch aufwendig umschleichen, was mich 2 Minuten meines wertvollen Vor-Xenomorph-Vorsprungs kostet, oder soll ich ihn einfach in die Luft sprengen, was das Alien im Höchsttempo quer durch die Station anlockt, sodass es 3 Minuten früher hier eintrifft? Was ist, wenn ich vor meiner Abfahrt eine 5-Minuten-Zeitbombe scharf gemacht hat, die den zu neuen Kampfgeräuschen am Zielort sprintenden Xenomorph auf halber Strecke kehrt machen lässt?
- Kleinräumig würde eine korrekt simulierte Wahrnehmung des Aliens neue Taktiken ermöglichen. Es regiert zwar nicht direkt auf Roboter, aber auf herunterfallende Gegenstände. Man könnte also eine Ablenkung mit großer Verzögerung konstruieren, in dem man Gerümpel in den Patrouillienweg eines Androiden legt, wenn das Alien nicht nicht-Spieler Aktionen ignorieren würde.
- Taktik-Situation #2: (Zu) viele Menschliche Gegner am andern Ende der Halle, Alien in der Nähe. Bislang einfach nur eine extremere Schleichherausforderung, da man nicht schießen kann, aber auch nicht auf kurze Entfernung von der gesamten Meute erwischt werden darf. Mit echtem KI-Alien könnte man aber einfach die Gegner auf sich aufmerksam machen, sodass die auf große Entfernung anfangen zu schießen und dann vom Xenomorph zerlegt werden.
- Umgekehrt sollte auch der dümmste Jäger irgendwann mal in einen Schrank gucken, wenn er zum fünften Mal ein Geräusch aus dessen Richtung gehört, beim Näherkommen aber niemanden mehr gesehen hat.
Außerdem würde eine faire KI, die den Spieler nicht als etwas besonderes behandelt, keine falschen Story-Wendungen für all diejenigen suggerieren, die den dritten Film verstanden haben.