Cuplex 1.x und Cuplex Pro gegen den modernen Cuplex Kryos NEXT
Wie gut funktionieren 20 Jahre alte Wasserkühler noch auf modernen Prozessoren?
Wie gut funktionieren 20 Jahre alte Wasserkühler noch auf modernen Prozessoren?
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> Inhaltsverzeichnis
- Geschichte zum Einstieg
- Ebay-Kleinanzeigen hilft...
- Kühleraufbereitung
- Aqua Computers "Lifetime-Support"
- Praxistests auf 5800X
- Messergebnisse & Fazit
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> Geschichte zum Einstieg
Aqua Computer veröffentlichte bereits im August 2001, dh. zu Beginn des Trends PC-Wasserkühlung, den Cuplex-Wasserkühler - eine Abkürzung für die eingesetzte Materialkombination von Kupfer (chemisches Element Cu) und Plex(iglas). Der Name ist seitdem der Begriff für hochwertige, in Deutschland gefertigte CPU-Wasserkühler und hat die Entwicklung der Wasserkühlung auch außerhalb Deutschland entscheidend geprägt. Startete der Erfolgszug damals noch mit (externer) Auftragsfertigung bei Dienstleistern, wechselte Aqua Computer schnell auf eine - zum Glück trotz dem Druck der Mitbewerber auch immer noch bestehende (!) - Fertigung im hauseigenen Maschinenpark in Gleichen, in der Nähe von Göttingen.
Ein Blick ausgehend vom Gründungsjahr 2001 auf die ersten Jahre von Aqua Computer zeigt mit der ersten Cuplex-Generation bis hin zum Cuplex XT di, der 2007 präsentiert worden ist die Meilensteine der CPU-Wasserkühler auf. Wenden wir den Blick dagegen der Gegenwart zu, ist der Cuplex Kryos NEXT der aktuell modernste Kühlblock aus dem Hause Aqua Computer. Er befindet sich seit 2016 am Markt und nimmt als moderner Gegenpol zu dem nostalgischen Vertreten ebenfalls am heutigen Test teil.
Dem heutigen Test stellen sich ein Cuplex der allerersten Generation in der Ausbaustufe 1.3 (letztes Release mit dicker Bodenplatte und graviertem Schriftzug im Plexiglasdeckel), sowie der auf Athlon-CPUs optimierte Cuplex Pro in der Revision 1.2, der gegenüber dem ersten Cuplex mit Düsen-/Pin-Struktur auf eine alternative Strategie setzt. Gegen den modernen Mikrostruktur-Kühler (Cuplex Kryos NEXT) treten somit ein klassischer Kanalkühler aus 2002, sowie ein Düsenkühler aus 2005 an. Ob die 20 bzw. 17 Jahre alten Kühler wohl in heutigen Prozessoren ihren Meister finden? Man darf gespannt sein.
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> Ebay-Kleinanzeigen hilft...
Tatsächlich war ich damals auch selbst schon unter den Käufern des Cuplex 1.x und betrieb ihn seinerzeit erstmals auf einer Pentium 4 Willamette mit 1,5 GHz. Obwohl der Kühler mich noch für mehrere Jahre begleitete, wich er zu Zeiten von Athlon 64 dann einem moderneren Cuplex XT und fand so den Weg an den Gebrauchtmarkt. Für den heutigen Test stand also eine "Neubeschaffung" an - und was hilft da besser als Ebay-Kleinanzeigen? Mit etwas Glück konnte ich in einer Anzeige in Form eines "Aqua Computer Konvoluts" gleich beide dem heutigen Test zugrunde liegenden historischen Kühler erstehen. Beide Kühler waren aber in gut gebrauchtem Zustand (aber auch als solches beschrieben), weshalb ich mich hier schon mental auf eine Aufbereitung vorbereitet hatte.
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> Kühleraufbereitung
Da der Cuplex in schlechterem Zustand war und auch der Boden stark vermackt war und Kratzer aufwies, habe ich mich dazu entschlossen ihn vorsichtig abzuschleifen, um eine saubere Anlagefläche sicherzustellen. Das habe ich mit Hilfe von (Nass-)Schleifpapier zwischen 1.000 und 3.000er Körnung erreicht. Die Bodendicke wurde dabei nicht relevant beeinflusst.
Die Wasser durchströmten Bereiche hatten dagegen eine dicke Patina angesetzt, was funktional zwar keine Einschränkungen bildet, aber mir optisch ein Dorn im Auge war. Zur Reinigung setzte ich auf Haushaltsmittel, die man sich in jedem Discounter besorgen kann. Da das ganze Unterfangen aber eine schmutzige und auch brisante Angelegenheit ist (Säuren... Handschuhe und eine Schutzbrille, sowie ein gut belüfteter Raum sind absolute Pflichtausstattung), konnte ich das Prozedere leider nicht mit der Kamera begleiten. Mit dabei waren:
- Zitronensäure (Essigessenz/-säure bildet giftigen Grünspan, reinigt aber auch...)
- Speisesalz
- Zahnpasta und Zahnbürste
Den Kühler reinige ich mit einer Zahnbürste erst grob von lockeren Bestandteilen - im Anschluss geht es direkt in ein Säurebad, das zudem mit Speisesalz versetzt ist, um die Reaktion zu unterstützen. Mit einer Zahnbürste sorge ich dabei auch für etwas Abrasion - aber Achtung: nicht aufgelöstes Speisesalz zerkratzt Kupfer (wer noch einen drauf setzen will, kann das Kupfer auch mittels Elektrolyse "zwangsreinigen", das war in diesem Fall aber gar nicht notwendig). Im Anschluss wird der Kühler mit Wasser abgespült und mit etwas Zahnpasta und -bürste entsprechend weiterbearbeitet. Diese Schritte habe ich für beide Kühler zwei mal wiederholt. Das Endergebnis kann sich jedenfalls in beiden Fällen sehen lassen. Direkt aus dem Säurebad kommen die Kühler schon erstklassig heraus, mit etwas Zahnpasta lassen sich dabei in Zwischenschritten auch hartnäckigste Verschmutzungen lösen. Und so liegen am Ende zwei scheinbar gerade erst der CNC-Maschine entlaufene Kühler da, wo auch die originalen Fräserriefen wunderbar zum Vorschein kommen.
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> Aqua Computers "Lifetime-Support"
Uralter Kühler vs. neuer Sockel - wie kommt der Kühler nun auf den Ryzen-5000-Prozessor? Großes Kudos an Aqua Computer - tatsächlich bieten die Wakü-Experten selbst für das schon längst nicht mehr erhältliche Cuplex-Erstlingswerk noch die Unterstützung aktueller CPU-Sockel zum vertretbaren Preis an. Für rund 15 Euro gibt es einen dem Sockelschraubbild entsprechenden, neuen Plexiglas-Deckel, passendes Montagematerial (Schrauben & Federn) und einen neuen Dichtungsring. Das gilt auch für den aktuellen Sockel AM4, auf welchem die Tests für den Vergleich stattfinden werden. Dementsprechend habe ich sowohl für Cuplex, als auch Cuplex Pro einen entsprechenden Deckel bestellt, damit die Kühler so ihre Kompatibilität zur "Neuzeit" finden. Etwas Wartezeit hat es dafür aber benötigt, da sich der Deckel nicht auf Lager befand und daher erst angefertigt werden musste. Der Umbau war aber dann schnell erledigt und mit passenden Einschraubtüllen (G1/8"...), sind die Kühler dann fit für den modernen Wasserkreislauf und den modernen 7nm-Prozessor.
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> Praxistests auf 5800X
Bevor wir zu Messergebnissen kommen, gibt es hier noch ein paar Bemerkungen zum Testablauf. Gemessen habe ich auf einem Ryzen 7 5800X unter UEFI-defaults des Asus Crosshair VIII Hero. Das bedeutet 142 Watt PPT, wobei ich darauf geachtet habe, dass in keinem Fall der Tests eine Beschränkung durch thermisches Drosseln eingetreten ist. Die Wassertemperatur wurde durch ein Aquaero auf 26 °C am Kühlereingang geregelt. Die Bewertungsgröße stellt die Differenztemperatur zwischen "CCD1"-Temperatur der Ryzen-CPU abzüglich der mittleren Wassertemperatur (Mittelwert Sensor vor und nach dem Wasserkühler) dar. Last erzeugte Prime95 mit "4K Small FFTs in-Place". Pro Messlauf hatte der Kreislauf ca. 30-45 Minuten Zeit sich einzuschwingen, das eigentliche Messfenster betrug dann 5 Minuten, über die ich den Mittelwert der Differenztemperatur bilde, um robuste Messergebnisse durch einen ausreichend großen Beobachtungszeitraum sicherzustellen. Pro Durchflusswert und Kühler habe ich jeweils 3 Wiederholmessungen inklusive Kühlerneumontage durchgeführt, um Montageeinflüsse möglichst auszuschließen.
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> Messergebnisse & Fazit
Das erste Chart dient erst einmal der Grobeinordnung der erzielten Messergebnisse. Überraschenderweise halten die Senioren den 5800X verhältnismäßig gut in Schach. Zu thermischen Drosseln kommt es in keinem Fall, was aber der niedrigen Kühlwassertemperatur von 26 °C zu verdanken ist (Absoluttemperaturen liegen schon bei bis zu 88,5 °C). Über den Daumen gepeilt kühlt der Cuplex Kryos Next rund 5 Kelvin besser als der Cuplex 1.3. Dem Cuplex Pro gelingt es nicht derart gut Anschluss zu halten. Die Kühlleistung fällt rund 8 Kelvin hinter den modernen Kühler zurück. Auch fällt beim Cuplex Kryos NEXT die Abhängigkeit vom Durchfluss deutlich geringer aus, was wohl auf Optimierung im Bereich der Feinstrukturen u.a. auch durch Strömungssimulation zurückzuführen sein dürfte.
Ein zweites Chart, das die Differenztemperaturen über den Durchfluss aufträgt, bietet eine gesonderte Einordnung der unterschiedlichen Strukturansätze. Der Cuplex-Kanalkühler verliert mit niedrigem Durchfluss überproportional an Leistung. Hier bleiben die Feinstrukturen der beiden anderen Kühler mit ihrem turbulenterem Verhalten klar im Vorteil. Gegenüber dem Cuplex Pro hält er den Zen3-Prozessor aber, wie im vorangegangen Abschnitt schon gezeigt, durchgehend besser in Schach.
Die Ergebnisse überraschen auf den Ersten Blick, schließlich bieten alte Kanalkühler zwar eine große Oberfläche zum Fluid, verloren ihrerzeit aber gegen die Düsen-Feinstrukturkühler, da ein Großteil dieser Fläche viel zu weit von der eigentlichen Wärmequelle entfernt lag (Sockel A-Athlons mit einem kleinen zentralen Die lassen grüßen). Düsenkühler trumpften hier mit optimierten, kurzen Wärmeleitwegen durch dünnere Bodenplatten und zentralisierter Kühlleistung auf.
Warum sich dieses Bild mit modernen Prozessoren komplett dreht, lässt sich mit dem Überlagern von Kühlstruktur und Ryzen-5800X-Layout deutlich erkennen: In der heutigen Zeit mit dicken (Kupfer-)Heatspreadern und dezentral gelegenen Dies können Düsenkühler ihre zentral lokalisierte Kühlleistung mit kurzen Wärmeleitwegen nicht mehr ausspielen. Ganz im Gegenteil zahlt sich der dicke Restboden und die großflächige Durchströmung eines Kanalkühlers aus, weshalb der Cuplex dem Pro-Derivat auf Zen3 auch erfolgreich und deutlich das Wasser abgraben kann. Für einen Mikrostrukturkühler vom Schlage des Cuplex Kryos NEXT mit seinen optimierten Wärmeleitwegen und großflächigen Kühlleistung reicht das aber natürlich noch lange nicht. Bleibt am Ende die Erkenntnis, dass die beiden alten Herren bei ausreichendem Durchfluss und entsprechend niedriger Wassertemperatur selbst den modernen und wirklich schwer zu kühlenden 7nm-Achtkerner mit Standardeinstellungen immer noch beherrschen.
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