Es ist unbegreiflich, wie lernresistent Konzerne dieser Größenordnung sind. Nach dem Ep. 7-9 Debakel mit stetig schrumpfenden Kinobesuchern, der erfolgreichen Verdrängung von Star Wars aus dem Kino für die folgenden 5 Jahre, Merchandise, das wie Blei in den Regalen liegen bleibt, Verlusten bei Disney+, nach dem nicht nur "Book of Boba Fett", sondern auch die potentiell interessante "Obi-Wan Kenobi"-Serie mit graufenhaftem Writing und blamabler handwerklicher Umsetzung komplett an die Wand gefahren wurden (Ewan und Hayden wurden leider genauso verschwendet, wie der Originalcast in den neuen Filmen), greifen sie jetzt, nach massivem Schaden an der Marke Star Wars, nach folgenden Strohhalmen:
- Ein Film von Dave Filoni, der zwar durch und durch Star Wars Fan sein mag, aber leider gerade den zunächst vielversprechenden Mandalorianer in der Versenkung verschwinden lässt (Disney brüstet sich mit Viewerzahlen, die alleine von Youtube-Videos übertroffen werden, in denen eben jene Folgen zerrissen werden - und wir reden hier vom ehemals größten Franchise überhaupt...). Sorry, Mando ist bzw. war ganz nett, aber mehr nicht. Viel zu seicht, viel zu wenig Handlung und Figurenentwicklung, viel zu kurze Episoden, keine richtige Spannungskurve und die winzigen digitalen Sets fallen ihnen auch regelmäßig auf die Füße. TV-Unterhaltung, deren Schöpfer ihre Clone Wars-Wurzeln nicht verleugnen können. Das ist okay, aber Star Wars kann mehr als nur das. Den Hype konnte die Serie mMn. nur generieren, weil die neue Trilogie die Messlatte so tief gesetzt hat, dass die Leute eine "ist Okay"-Produktion schon abgefeiert haben, wie sonst nichts.
- Ein Film über Rey. Tja. Natürlich hat Disney erkannt, dass die neue Trilogie ein kompletter Erfolg war und Rey
Palpatine die beliebteste Figur überhaupt. Ich bin auf die Einspielergebnisse gespannt.
- Ein Film vom massiv überbewerteten Taika Waititi, der mit dem grottigen Thor 4 jede Menge einstige Marvelfans aus Phase 4 vertrieben hat und zumindest eine Teilschuld trägt, in welchem Zustand Disneys zweite große Baustelle derzeit ist. Billiger Humor und unerträglich schlechte Oneliner, gepaart mit einer Geschichte über Krebs, den Verlust des Kindes und die Folgen eines Genozids... was soll da schon schief gehen, genau das was Star Wars braucht. Vielleicht leben ja dann auch alle Alderaaner in einem Vergnügungspark und wir bekommen schreiende Banthas. Leias Entführung und deren Umsetzung in Obi-Wan war thematisch auch gar nicht so weit von Thor 4 weg.
- Ein Film über Lando. Mit Donald Glover, aus dem mäßig erfolgreichen Solo (nach dem alle weiteren Spinoffs eingestampft wurden). Naja. Die "Erfolgsstory" ist ja quasi vorprogrammiert. (Auch wenn die geringen Besucherzahlen eher die Konsequenz aus Ep. 8 und dem dichten Release nur wenige Monate später sein dürften). Aber hey, mit guten Autoren
kann sowas funktionieren (Andor!).
- Rian Johnsons ominöse Trilogie in der Entwicklungshölle. Steinigt mich, aber wenn er sie komplett planen und umsetzen darf (und nicht nur den mittleren Teil, ohne Vorgänger oder Pläne für den Nachfolger zu kennen!), sehe ich da noch am ehesten Potential. Der kann was, wie er u.A. bei Knives Out bewiesen hat, es sollte aber halt ein Spinoff sein, bei dem er sich austoben kann, ohne Schaden anzurichten. Nur sollte Disney sich darüber im Klaren sein, dass der Name bei einem Großteil der Star Wars Fans komplett verbrannt ist - auch wenn ich kein Freund davon bin, Ep. 8 eine Exklusivschuld zu geben. J.J. Abrams und alle, die die Drehbücher abgesegnet und durchgewunken haben, ohne vernünftige Rahmenhandlung, Gesamtkonzept oder roten Faden, tragen gleichermaßen Schuld an diesem Debakel.
- Rogue Squadron. Wenn bei dem Namen Assoziationen an den mMn. sehr gelungenen Rogue One geweckt werden, sollte man sich davon nicht täuschen lassen - Patty Jenkins ist nach dem miesen Wonder Woman '84 wirklich keine Kandidatin, der ich zutraue, Star Wars auf Kurs bringen zu können.
Stichwort Rogue One: Mehr davon, mehr Andor! Klar, über das Erzähltempo bei letzterem lässt sich streiten und ja, manche wünschen sich "mehr Action" - aber ein Drehbuch, dass Handlung, Welt, Figuren und Zuschauer ernst nimmt, ist doch so viel wichtiger! Dazu authentische Dialoge, echte Sets. Rogue One habe ich im Kino geliebt, und Andor hat mir gezeigt, wie sehr ich es vermisst habe, Star Wars zu lieben. Ich hoffe, der Abschluss in Form der zweiten Staffel erblickt noch das Licht der Welt. Aber selbst Fallen Order und Jedi Survivor versprühen in jedem Level mehr Star Wars-Charme und Liebe zum Detail, als alles was Disney sonst noch so abgeliefert hat.
Und nein, liebe Disney-CEOs, es lag nicht an der "hohen Frequenz der Kinofilme" - es lag an der Qualität. Übersättigung kann ein Faktor sein, klar - nur sind Aussagen wie "für den Schrott fahr ich nicht mehr ins Kino..." eher auf den Inhalt zurückzuführen (bei Marvel ja das gleiche, die kamen auch damals schon häufig und regelmäßig ins Kino, aber man vergleiche mal einen Iron Man 1 mit einem Thor 4). Holt euch fähige Leute an Bord, schreibt vernünftige Drehbücher. Es ist mir ein Rätsel, wie man ein Franchise für 4 Milliarden einkaufen kann, dann aber kein Cent extra mehr da ist, um gute Autoren zu bezahlen. Aber überall das gleiche Trauerspiel - von Rings of Power fang ich gar nicht erst an.