AW: Martin Schulz: Politisches Strohfeuer oder ernstzunehmende Alternative gegen Merkel?
Du kannst die AfD nicht ernsthaft mit der Schill Partei vergleichen und in 5 Jahren gibt es mehr Potential Protestwähler abzuholen als jetzt.
Möglich, dass es dann mehr gibt. Aber Protestwählern musst du immer was neues bieten. Wenn die AFD in den nächsten 4 Jahren keine konsequenten Lösungen für ihre selbst gemachten Paniken liefert (und das wird sie weder theoretisch noch praktisch können), dann ist sie bei der übernächsten Bundestagswahl auch nur eine weitere nutzlose Partei und die "dagegen.immer"-Fraktion sucht sich was neues. Die sind schon früher zwischen Linker, FDP und zum Teil NPD fröhlich hin und her gesprungen, je nach dem wer gerade frisch und neu wirkte. Dann zwischendurch mal die Piraten. Aber das einzige frische an der AFD ist die noch nicht alzu weit zurückliegende Gründung.
Edit: Mit "Alternative zu Merkel" meinte ich lediglich, ob Schulz Chancen auf den Wahlsieg und die Kanzlerschaft hat, denn Gabriel hatte überhaupt keine. Bei der Überschrift habe ich rumgerätselt wie ich das am besten ausdrücke und mich dabei schwer getan.
Es ist die große sich stellende Frage, ob Schulz innenpolitisch erfahren genug ist um einen soliden Kanzler abzugeben.
Kanzler brauchen keine "innenpolitische Erfahrung". Kanzler müssen sich auf Parteiintrigien verstehen, um überhaupt erstmal vorgeschlagen zu werden (kann Schulz offensichtlich) und das Nachwachsen potentieller Konkurrenten zu verhindern (in der Hinsicht muss man Kohls Ziehtochter natürlich erstmal nachmachen) und ansonsten muss die Partei als ganzes möglichst viele Stimmen holen. Da ist der Kanzlerkandidat aber spätestens seit Merkel nur noch ein passiver Faktor. Nach Vorbild von Mrs. Teflon muss Schulz seine Wahlkampfauftritte rumbringen und dabei die ganze Zeit schön klingen, ohne wirklich eine Aussage zu machen (bekommt er bislang sehr gut hin). So bleibt er, gerade mit seiner wer-hat-sich-je-für-EU-Politik-interessiert-Vergangenheit eine Blanko-Projektionsfläche in der jeder Wähler den Kanzler sehen kann, den er gerne möchte. Die eigentlichen Wahlversprecher werden dann zielgruppenspezifische von den niedrigeren Parteirängen gestreut und zwar so, dass möglichst jeder Wähler nur den Teil bewusst wahrnimmt, den er als positiv erachtet.
Einzige Ausnahme von diesem bewährten Konzept scheint derzeit die Rentenpolitik zu sein. Aber da liefern sich Union und SPD ja auch einen Wettstreit darum, möglichst nur Honig breitzuschmieren ohne die unabwendbaren Schattenseiten auch nur anzusprechen geschweige denn mal die Grundsatzdiskussion zu führen.
Schulz war stets in den Medien, das ist (s)ein großer Vorteil. Aber könnte sich jemand vorstellen die Grünen versuchten mit Daniel Cohn-Bendit (wie Schulz von 1994 an in Brüssel, 2014 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr angetreten) heute etwas ähnliches? Gut, die Grünen stellen keinen Kanzlerkandidaten, ist mir klar, aber mir geht es darum, dass diese Politiker die deutsche Innenpolitik zu lange aus den Augen verloren haben, vereinigtes Europa hin oder her.
Cohn-Bendit steht für die Grünen Anfänge der 70er und 80er Jahre. Spontis, Sozialisten, Umwelt- und Naturschutz, Pazifismus. Für die Mittelstands- und Familienpartei von Göring-Eckardt, Özdemir und Kretschmann käme der nie in Frage und einem Großteil der deutschen Wählerschaft wäre er auch schwer zu vermitteln.
(Wahrscheinlich würden sie mit Cohn-Bendit, Ströbele, Tritin und ggf. Künast an der Spitze trotzdem 10% zulegen
)
Du hast die Hartzer vergessen, die krank geschrieben sind, die tauchen in der Statistik auch nicht auf.
Da dürften die Kleinstselbständigen die größere Gruppe sein. Man muss aber gar nicht viel rumraten:
Letzten Monat gab es 4374000 erwerbsfähige HartzIV-Bezieher.
Grundsicherung fur Arbeitsuchende (SGB II) - statistik.arbeitsagentur.de
Unabhängig davon, ob die in Maßnahmen, Umschulungen, 1 Euro Jobs oder Selbst&ständigerArbeit festhängen oder ihre Zeit für etwas sinnvolleres nutzen dürfen, ist das ziemlich genau die Zahl derjenigen die eine Arbeit suchen, von der man überleben kann.
Im Vergleich zu den 90ern ist aber auch diese Zahl ganz okay, vor allem wenn man sich die Entwicklung in vielen anderen Ländern Europas anguckt. (und die wurden zu 50% von Schäuble regiert!)