AW: Hakenkreuze in Spielen: "Gleichstellung ist nicht gerechtfertigt"
Das Elaborat des Herrn Hay ist so falsch und undurchdacht auf so viele Art und Weisen, da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll ... Im Zweifelsfall einfach mal am Anfang, wenn's recht ist:
Das Besondere an der Wirkung von Computerspielen ist unter anderem ihre hohe Interaktivität oft mit selbst geschaffenen Aggressions-Figuren. Gewalthandlungen können beliebig wiederholt werden und sie werden belohnt, etwa durch Punkte oder das Erreichen eines höheren Levels.
Herr Hay scheint seit der letzten großen Debatte, bei dem diese Falschdarstellung präsentiert wurde - was immerhin schon über zehn Jahre her ist - geschlafen zu haben. Es gibt nach wie vor keine legalen (!) Spiele, bei denen Gewalttätigkeit als solche belohnt wird. Und selbst wenn es sie gäbe, was hat das mit der Darstellung von Symbolen aus der Zeit des Nationalsozialismus zu tun?
Zudem ist Herrn Hay womöglich entgangen, dass man auch gewalthaltige Filme beliebig oft wiederholen, also sich erneut anschauen kann. Auch wenn in diesen - ganz legal und undiskutiert - Hakenkreuze abgebildet werden.
Mit der Ego-Shooter-Perspektive nimmt der Spieler gefühlt selbst die Position der Spielfigur ein.
Jetzt wird das Kind wenigstens beim Namen genannt: Es geht um Egoshooter. Inwiefern dieses eine Genre jetzt stellvertretend für alle Computerspiele stehen kann, weiß nur Herr Hay alleine.
Oder, wenn man geneigt wäre, dieser etwas verquasten Argumentation zu folgen, müsste man sicherlich auch zwischen unterschiedlichen Genres im Film unterscheiden. Gewalthaltige Actionfilme mit Hakenkreuzen gingen dann gar nicht.
Dummerweise geht das sehr wohl, und zwar schon seit Jahrzehnten. Und das Schlimmste ist, die schaut man auch aus der Ego-Perpektive. Eine andere hat man nämlich gar nicht, um die Welt um sich herum wahrzunehmen.
Die unbeschränkte Nutzungsdauer fördert Dauernutzung und Spielsucht. Nicht zuletzt entsteht eine hohe Realitätsnähe durch realistische Grafik, Soundeffekte, naturgetreue Bewegung bis hin zu Virtual-Reality-Bedingungen.
Die Unterscheidung zum Film ist jetzt genau welche? Was beschränkt dort den Konsum? Oder den audiovisuellen Realismus?
Und natürlich muss man wieder die Frage stellen, was das sicherlich reale Problem ungesunden Medienkonsums mit der Darstellung von verfassungsfeindlichen Symbolen zu tun hat. So wie im Folgenden behauptet gewiss nicht, denn ...
Die Steigerung der Realitätsnähe durch Hakenkreuze und andere Nazi-Symbole würde das Wirkungsrisiko zusätzlich erhöhen.
... für diese gewagte These versäumt es Herr Hay, einen wie auch immer gearteten Beleg zu erbringen.
Dabei ist die Forschungslage keineswegs so lückenhaft, wie oft behauptet.
Bezeichnenderweise wird darauf verzichtet, die angeblich deutlich wenig(er) lückenhafte Forschungslage mit entsprechenden Verweisen zu untermauern. Es stand ja offenbar nicht einmal der Parteikollege Herr Dr. Christian Pfeiffer zur Verfügung, um eine seiner weiland berüchtigten programmatischen Einschätzungen dazu abzugeben.
Kurz: Das ist keine Nullaussage, die geht schon in den argumentativen Minusbereich.
Aggressive Spiele verstärken aggressive Gedanken, Affekte und aggressives Verhalten.
Das könnte man auch über hohle Kommentare abgehalfterter Politiker in Zweitverwertung sagen.
Meine Wortwahl mag als Beweis dafür dienen, wie aggressiv mich so etwas macht.
Verboten sind diese trotzdem nicht.
Bei einer Grundsatzfrage wie der Freigabe von Nazi-Symbolen von einer öffentlichen Debatte abzusehen, ist nicht akzeptabel. Deshalb muss die öffentliche Debatte nachgeholt werden.
Da bin ich zur Abwechslung absolut einer Meinung mit Herrn Hay. Es wäre nur sehr wünschenswert gewesen, wenn ihm dieser ganz richtige Gedanke gekommen wäre, bevor er seinem Kommentar eine Tendenz aufgedrückt hat, die jeden Diskurs im Ansatz vergiften muss.