Wir können ja einfach mal zwei Gedankenexperimente machen:
1.) Was wäre, wenn wir die Bundeswehr abschaffen würden?
Erst einmal hätten wir dann knapp 400.000 Leute, die auf den Arbeitsmarkt strömen und zu weiten Teilen auf demselben nichts anzubieten haben und da Sozialsystem belasten; dazu kommen noch diejenigen, deren Existenzgrundlage stark mit den Bundeswehr-Standorten verbunden ist.
Ohne Armee können wir unseren Bündnisverpflichtungen nicht nachkommen und müssen diese Minderleistung finanziell ausgleichen. Oder wir steigen aus allen Bündnissen aus und isolieren uns international, was nachvollziehbarerweise handfeste Nachteile hat. Ohne Bündnisse zerfällt nämlich genau jene stabile außenpolitische Lage, wegen der es in Deutschland so gemütlich ist, das man den Eindruck gewinnen kann, man bräuchte keine Streitkräfte.
Aber machen wir uns nichts vor, es wird - weltweit gesehen - immer einen "bösen Nachbarn" geben. Das sind heutzutage nicht mehr Nachbarstaaten oder "der Böse" (wahlweise im Osten oder Westen sitzend), sondern oftmals staatenlose Gruppierungen, die knallhart in jedes Machtvakuum vorstoßen. Man kann diese natürlich als Problem der inneren Sicherheit betrachten, aber ob auf lange Sicht paramilitärische Polizeieinheiten besser sind als unsere jetzige, fein säuberliche Trennung von Polizei und Armee, bezweifle ich doch ganz stark.
Dem Einen oder der Anderen wird eventuell schon aufgefallen sein, dass Deutschland eine Exportnation ist und dennoch nicht gerade mit Rohstoffen überquillt. Sprich, wir beziehen zahlreiche Rohstoffe aus dem Ausland, verarbeiten diese zu begehrten Produkten und verkaufen diese vergleichsweise teuer auf dem Weltmarkt. Die geostrategische Sicherung von Rohstoffquellen und den Transport- und Handelswegen müssen wir dann wohl mit Söldnern erledigen. Ob das jetzt ethisch oder auch nur finanziell besser ist und mit zunehmender Konkurrenz um knapper werdende Ressourcen funktioniert, bezweifle ich irgendwie ganz stark.
Oder wir verzichten einfach mal auf weite Teile unseres Wohlstands und leben friedlich von dem, was unsere Scholle hergibt. Diese pazifistische Idyll scheitert allerdings ein wenig daran, dass wir ein bißchen viele Menschen für ein bißchen zu wenig Scholle haben. Und das nachlassender Wohlstand und Sicherheit für friedlichere Verhältnisse - und sei es nur im Inland - sorgen, darf zumindest bezweifelt werden.
1.) Was wäre, wenn die Bundeswehr nicht mehr um Nachwuchs werben würde?
Schon klar, es ist eine herbe Belästigung, wenn man als hart arbeitender Mensch und beispielsweise als Besucher einer Spielemesse mit ach so penetranter Werbung der Bundeswehr belästigt wird. Besonders als Pazifist fühlt man sich zudem seelisch angegriffen, wenn man beim Testen des neuesten Ballerspiels auf die Werbeposter von Berufsmördern schauen muss, zumal es sich dabei um eine Berufsgruppe handelt, die seit Gründung der Bundeswehr fast so viele Tote produziert hat wie das Türstehergewerbe in Baden-Württemberg und auch fast so viele Opfer erlitt wie das Hochbau- und Dachdeckergewerbe in Berlin (<-- ungeprüfte Überspitzungen, aber ich habe ja nicht damit angefangen ...)
Also weg mit der Reklame. Dann stoßen nur noch Leute zur Bundeswehr, denen der Gedanke ganz allein und von sich aus gekommen ist, und wie wir alle wissen, sind das die mit der breitesten sozialen Background, der höchsten Bildung und den stärksten staatsbürgerlichen Prinzipien. Also nicht nur, dass man von Werbung verschont bleibt, man kriegt auch noch Soldaten, um die es nicht so schade ist, wenn man sie mal irgendwo ohne größeren Rechtfertigungsdruck einsetzen möchte. Und das wollen wir doch: Einerseits ein Auffangbecken für Sozialversager, wirtschaftlich Verzweifelte und Militaristen und andererseits eine starke Truppe ohne sonderliche moralisch-ethische Anbindung zur Restbevölkerung.
Wer Zynismus findet, darf ihn sich ausdrucken und neben den "Soldaten sind Mörder"- und "Atomkraft, nein danke!"-Stickern auf sein SUV kleben.