AW: Deutsche Telekom schwört auf Kupfer und verspricht 500 Mbit/s
Hmmm... Irgendwie verstehe ich natürlich einerseits die Mentalität der Telekom: Die wollen eine Technologie lieber erst ausreizen, sämtliche Gewinne dadurch abgrasen und erst dann auf andere Technologieträger umsteigen, wenn es denn unbedingt sein muss. Nennt man sicherlich betriebswirtschaftliches Denken und ist auch an sich sinnvoll und aus Sicht der Firma gut so.
Auf der anderen Seite sitze ich auf einem - nicht voll anliegenden - 16000er Anschluss, der gefühlt von Monat zu Monat langsammer wird. Dies resultiert zum einen daraus, dass im Internet immer aufwändigere Seiten und immer niedriger komprimierte Videos aufgefahren werden (klar, der Durchschnitt ist auch deutlich schneller als wir hier und das ermöglicht den Webdesignern neue Möglichkeiten), zum anderen in einem real messbaren Rückgang der Leistung. Dieser Rückgang war von 2012, wo noch knapp 15 mbit/s anlagen bis heute, wo nur noch knapp 11 mbit/s anliegen (bei steigenden Pingzeiten), quantitativ zu verzeichnen. Leute mit < 6 mbit/s: Ich ahne, wie ihr euch fühlt...
Wenn ich jetzt davon lese, dass bald Leute, die eh schon schnelles Internet haben, noch schnelleres Internet - und ich wohl wiedermal langsameres - haben werden, platzt mir schon irgendwie innerlich der Kragen. Wobei auch Wut, Zorn und Katharsis nicht helfen, dadurch wird die verdammte Leitung ja auch keinen kbit/s schneller - sondern wie immer Tag für Tag ein winzig kleines bisschen langsamer, was komischerweise die VDSL-Nutzer, auf die ich gleich noch zu sprechen komme, hier im Ort nicht merken, weil sie offensichtlich auch noch höher priorisiert werden.
Man muss halt mit dem leben, was man hat - wie es so schön heißt "das Beste daraus machen" (auch wenn das Beste manchmal für den kalten Arsch ist). Dennoch ist es jedes Mal wieder frustig, wenn ich sehe, dass Unitymedia irgendwann in den Gbit-Bereich vorstoßen wird (quasi-angekündigt) und Telekom von 500 mbit/s phantasiert. Welches Internet soll man da noch nutzen, wenn die Bandbreitenanforderungen Jahr für Jahr steigen und die eigene Leitung da nicht mitkommt? Ich sehe einen Tag nahen (ich denke in spätestens 10 Jahren ist es soweit), an dem man DSL 16000 wunderbar für E-Mails und textbasierte Nachrichten nutzen kann - beim Wetter wird die dynamische Darstellung im Browser dann wohl schon zu groß sein, um innerhalb von 10 Minuten zu laden. Ich weiß ja, wie das auf meinem Smartphone ist, wenn gerade nur 500 kbit/s ankommen und ich auf einer Web-optimierten (!) Seite etwas suchen will... Trauerspiel, mehr muss ich nicht sagen.
Was mich ja noch fast mehr stört als die Geschwindigkeit sind die Preise. Letztens suchte ich für eine Freundin, für die Internet mehr Informationsbeschaffung, einen möglichst günstigen Tarif. Wenn ich sehe, dass ich mit DSL 16000 mehr als die Hälfte von einer 400 Mbit/s Leitung zahle, ist bei mir dann irgendwo wirklich der Spaß aus dem Gesicht geflohen. Mischkalkulation, ick hör dir trapsen.
Ich selber lebe auf einem ca. 2500 Seelen Kaff. Vor einigen Jahren kam ein nicht gerade kompetent wirkender (leicht mit Bushido zu verwechselnder, ob man das nun positiv oder negativ auslegen mag
) Außendienst-Mitarbeiter von denen vorbei und versprach uns, dass hier bis 2013 VDSL ausgebaut sein würde. 2013 war dann im Ort auch VDSL ausgebaut, zuminest in 85 - 90 %, nur nicht in unserer Siedlung und einem anderen Neubaugebiet. Der Ort gilt für die Telekom garantiert als voll ausgebaut und dementsprechend sind die Chancen, dass für die fehlenden 50 Haushalte noch jemand hier nachrüstet. Ergo Endstation DSL 16000, für immer
* - zumindest seitens der Telekom.
Ein weiteres Problem: Auf die etablierten Coax-Kabel-Anbieter kann man hier nicht ausweichen dank fehlendem internetfähigen Kabel. Ehrlichgesagt mangelt es hier sogar an nicht-internetfähigem Kabel, hier wurde damals gegen einen Ausbau von TV-Kabel gestimmt. Daraus resultiert für Orte wie diesen ein weiteres Problem: Mangelnde Konkurrenz! Wenn die Telekom genau weiß, dass hier niemand abwandern kann - außer vielleicht zu einem anderen Provider, wo die Telekom dann aber ebenfalls mitkassiert: Wofür sollte sie hier noch weiter ausbauen? So hart das ist: Es ergibt betriebswirtschaftlich keinen Sinn. Sieht man ja auch an Intel und AMD, wo Intel jede Generation 5 % Leistung drauflegt, weil kein Innovationsdruck seitens Konkurrenten da ist. Genau das selbe spielt sich sicherlich auch beim Netzausbau ab.
Okay, hier gibt es immerhin LTE mit 50 Mbit/s. Aber naja, 30 GB Traffic und danach 368 kbit/s (
), also kann man sich das Angebot auch ausdrucken und es auf dem sillen Örtchen seiner sinnvollsten Verwendung zukommen lassen.
Daraus leite ich ab: Wenn ein Ort schon "eigentlich gut ausgebaut" ist und man selber zu den Leuten gehört, die vom Ausbau ausgeschlossen waren, dann hat man auf gut Deutsch die Arschkarte gezogen und kann ewig warten bis sich was tut. Irgendwann wird hier die Telekom Vectoring nachschießen, wodurch halt die 90 %, die eh schon schnell sind, noch schneller werden - der Rest bucht halt Funk und kauft Traffic bis er pleite ist.
In meinen Augen (Beobachtung der letzten Jahre und natürlich auch subjektiv im Sinne einer Meinung) ist daher die "Chancen-Prioritätsliste" für einen guten Internetausbau wie folgt: Ballungsraum > (Glück > Ausbau durch anderen Anbieter >) Kleinstadt > Dorf > Land
Hier auf den wirklich ländlichen Ortschaften mit teils 50 - 100 Einwohnern ist nicht einmal überall normales DSL verfügbar und wenn doch, dann meistens 512 Kbit/s - 2 Mbit/s.
Aber leider sind auch das nur Chancen. Ich weiß von genug Leuten aus Größstädten, bei denen auch nur 6 Mbit/s und weniger anliegen. Und es gibt genug Leute, die trotz Dorf Glück hatten: Die 90 % bei uns zum Beispiel. Wobei auch VDSL 50 Mbit/s irgendwann zum Rohrkrepierer wird. Ich erinnere mich an den Tag, wo hier DSL ausgebaut wurde und 1 Mbit/s anlag (genauer gesagt sogar 768 kbit/s): Das war das Gefühl, mit einem Lamborghini über die leere Datenautobahn in den Sonnenaufgang zu rasen. Jeder weiß, was man mit dieser Leitung heute gewinnt: Keinen Blumentopf. Oder der Befreiungsschlag, als hier DSL 16000 sehr früh verfügbar war: Plötzlich rasten die Downloads mit Lichtgeschwindigkeit vorbei. Wer jetzt die Kette weiter führt, der weiß, was irgendwann VDSL sein wird. Im Geschwindigkeits-Thread hier gibt es bereits Leute, die mit Leitungen jenseits des Gbit/s unterwegs sind und wo dann die Geschwindigkeit des Gbit-Lan limitiert. Da wirkt ein 50 Mbit/s Anschluss eher wie ein Trabbi gegen. Und dennoch würde ich mir hier den Arsch abfreuen, diesen Trabbi fahren zu dürfen und eiere weiter auf meinem Bobby-Car rum.
* Nun hat sich unsere Kommune mit dem Unternehmen Deutsche Glasfaser an einen Tisch gesetzt. Hier könnte - sollten wir eine Nachfrage von 40 % aller Haushalte bekommen und der Nachbarort ebenfalls - bald FTTH ausgebaut werden. Anfangs werden Tarife über synchrone 200 Mbit/s angeboten. Bei dem Nachbarort sehe ich da kein Problem: Da liegt nur in ca. 10 % der Haushale VDSL, nicht einmal 16000er ist überall verfügbar. Dort war der Andrang bei einem Infoabend doppelt so hoch wie erwartet - bereits über 30 % der Haushalte nahmen am Infoabend teil und zeigten sich laut Presse sehr positiv. Bei uns im Ort wird es nicht klappen, dafür brauche ich keine Kristallkugel sondern nur genug gesunden Realismus. Wo 90 % der Leute bereits VDSL und teils massive Angst vor den Tiefbau-Arbeiten ("Werden unsere Grünstrücke umgegraben?", "Könnten bestehende Leitungen und Rohre angegriffen werden?") haben werden 40 % nur in einer absoluten Utopie erreicht. Zwar war hier der Infoabend auch überlaufen und einige Leute sprechen sich positiv aus, aber ich sehe schwarz. Und bei der Deutschen Glasfaser ist das so: Schafft man die 40 %-Hürde nicht, ziehen sie sich aus dem Ort zurück. Und kommen wahrscheinlich die nächsten 10 - 20 Jahre auch nicht wieder, schließlich gibt es genug Orte, die diese Marke knacken und warum hier Verlust machen, wenn wo anders Gewinn wartet - Stichwort Fixkosten durch den Bau des Netzes, die sich erst einmal amortisieren müssen. Pointe: Das andere Neubaugebiet liegt auch bei denen nicht auf der Ausbauliste... Sollte es wirklich hier zu Glasfaser kommen werden die sich echt einen abfreuen, ich denke das wird sich auch auf deren Grundstückswert massiv negativ auswirken.
Irgendwie ist die Stimmung schon auf dem Nullpunkt, wenn ich das so Revue passieren lasse.
Mein Fazit zu der ganzen Sache: Ich könnte brechen! Ich würde mir sehr wünschen, dass die Telekom folgende Auflage bekommt: In einem realistischen Zeitraum müssen alle (!) Haushalte Deutschlands an nicht-trafficbegrenzten 50 Mbit/s hängen, sonst hagelt es drakonische Strafen, die höher sind als 20 Jahresgewinne. Und wo 50 Mbit/s VDSL nicht realisierbar sind, müsste der gleiche Vertrag über LTE erfüllt werden, also auch ohne Datenlimit. Aber das ist eher der Bereich Traumwelt und kindisches Wunschdenken, daher bleibe ich bei meiner eher negativen Stimmung und gehe davon aus, dass ich hier entweder nach dem Studium endlich wegziehen werde oder auf ewig auf 11 Mbit/s festsitzen werde. Und in 5 - 15 Jahren wird das nicht mehr zum normalen Surfen reichen. Wenn ich an einem PC sitze, der an 1 Mbit/s hängt, kommt jedenfalls bei mir - anders als zu Zeiten, wo die Leitung noch aktuell war - alles andere als Freude auf. Das selbe Schicksal blüht auch der 16000er Leitung. Irgendwann wird der Brechreiz ganz andere Dimensionen annehmen. Hat den wunderbaren Nebeneffekt, dass die Luft hier noch besser wird - wen aus der Generation der Digital Natives wird es denn schon in Orten wie diesem halten? Das bringt den Ausbau auch auf ein anderes Level in Sachen Wichtigkeit für kleinere Orte.
Und so werde ich es, wenn das nächste Spiel durch die Leitung gequetscht werden muss, wie immer vorgehen: Einen Abend planen, wo ich nichts im Netz machen möchte und dann die Nacht durchlaufen lassen. Fallout 4 war immerhin in unter 10 Stunden auf der Platte.
Zum Glück hat Steam einen Download-Manager, denn es wird der Tag kommen, wo ich ein aktuelles Spiel nicht zwischen zwei 24-Stunden-Trennungen werde herunterladen können. Was dann 24 Stunden eingeschränkte Telefonie-Qualität (hier gibt es nur noch VoIP) und ein Minimum an sonstiger Internetnutzung bedeutet. Merkt man, wie ich mich freue? Und jetzt sagt bitte nicht, dass diese Zeiten fern sind: Vor nicht vielen Jahren befanden sich neue Spiele noch unter 10 GB und vor 15 Jahren passten sie noch auf 1-2 CD-Rom. Ich wette in ein paar Jahren werden dreistellige GB-Zahlen Gang und Gäbe sein.