Wie ich an anderer Stelle schon mal schrieb, brauchte es eben nur einen, der das Eis brach, um eine vollkommen kundenfeindliche Maßnahme zu etablieren. Valve hat den Steam- und damit DRM-Zwang mit Half-Life 2 eingeführt, es wurde eine Runde kräftig geschäumt, und dann haben sich die Leute der Reihe nach Steam-Accounts zugelegt. Kaum hatten genug Leute einen Steam-Account, sind die anderen Publisher reihenweise zu Steam migriert, weil ihnen die Aussicht gefiel, mittels DRM den Gebrauchtspielemarkt auszutrocknen, es den Leuten noch als notwendige Maßnahme „gegen Raubkopien“ zu verkaufen, und obendrein mehr vom Umsatz zu behalten, weil Valve deutlich weniger vom Umsatz behält als der Einzelhandel und die daran hängende Vertriebskette kosten. Heute hat fast jeder PC-Gamer einen Steam-Account und die wenigsten hinterfragen das noch, geschweige denn dass sie die Firma, die uns das eingebrockt hat, kritisieren – die Entschlossenheit, mit der Valve von vielen PC-Gamern verehrt und verteidigt wird, wird in dem Ausmaß höchstens von jener der Nintendo-Fans übertroffen.
Ein Großteil der Gamer™ hat nach meiner Beobachtung eine starke Tendenz dazu, sich – man verzeihe mir die Wortwahl – wie Junkies zu verhalten, die alles Mögliche zu opfern bereit sind, wenn sie nur am Ende das Produkt bekommen, egal wie sehr es auch wehtun mag, körperlich, psychisch und finanziell. Deswegen funktionieren Gamer-Boykotte auch nie. Die Leute haben Steam nicht boykottiert, sie haben uPlay nicht boykottiert, sie haben Origin nicht boykottiert, den Launcher von (Firma XY einfügen) nicht, und auch bei Epic haben am Ende weit weniger „das eine Jahr abgewartet“ als ursprünglich großspurig angekündigt. Auch Spiele, die unverschämte Geschäftsmodelle etablieren oder grundsätzlich als unfertige MVPs erscheinen (weil man sie ja nachträglich patchen kann), werden nicht boykottiert – so konnten sich der Reihe nach Day-One-DLC, Season-Pässe, Mikrotransaktionen in Vollpreisspielen, Lootboxen (die in Kombination mit Mikrotransaktionen illegales Glücksspiel darstellen, das unter dem Radar der Behörden stattfindet) und Battle-Pässe etablieren; ebenso die schreckliche Angewohnheit, Spiele als unfertige, fehlerhafte MVPs zu veröffentlichen, die man nachträglich patcht, bis nicht alle, aber genug Fehler raus und somit nicht alle, aber genug Kunden zufrieden (oder besser gesagt: still) sind.
Egal, womit wir gegängelt werden sollen, am Ende ist es einem Großteil immer wichtiger, Spiel XY, über das alle reden und wo man mitreden will, zu haben und zu spielen, und das am besten sofort. Und damit wissen die Firmen ganz genau, dass sie die Daumenschrauben nur langsam genug anziehen müssen, um kundenfeindliche Maßnahmen zu etablieren und zu etwas zu machen, was von immer mehr Leuten als Selbstverständlichkeit hingenommen wird. Nur selten haben sie mal zu sehr auf die Tube gedrückt und mussten für den Augenblick zurückrudern, so ging es Microsoft mit der Xbox One, die genau das, was Steam auf dem PC etabliert hat – Gebrauchtspielsperre, Account- und Onlinezwang – im Konsolenbereich einführen wollte; oder EA mit seinem „Star Wars: BF II“-Lootbox-Desaster, das aber auch bislang nicht dazu geführt hat, dass Mikrotransaktionen und Lootboxen verschwunden sind.
Bei Epic war es allerdings auch dadurch bedingt, dass der Launcher gegenüber Steam überhaupt keinen Mehrwert bot, sondern im Gegenteil sträflich unterentwickelt war, und eben durch das Gefühl, „betrogen“ worden zu sein, weil Publisher sich quasi in letzter Minute – oft nachdem das Spiel schon auf Steam angekündigt worden war – von Epic kaufen ließen. Und Epic war auch die erste Firma, die für ihren Launcher Exklusivtitel von Drittherstellern zusammenkaufte – Ubisoft, EA & Co. hatten die Exklusivität in ihren Launchern bislang auf hauseigene Titel beschränkt, und auch Valve, obgleich bei ihnen ein Großteil der PC-Titel de facto Steam-exklusiv ist (weil man nicht die Möglichkeit hat, die Spiele ohne Steam zu kaufen), hat dafür nie bei anderen Herstellern angeklopft und ihnen Koffer voller Geld geboten. Mussten sie auch gar nicht, denn wie oben beschrieben, haben das DRM-System, die im Vergleich zum Einzelhandel höheren Gewinnmargen und die wachsende Reichweite völlig gereicht, damit die Publisher bereitwillig zu ihnen gekommen sind.
Hier müsste CDPR einfach für GOG eine vergleichbare Klausel einführen, die Valve in den Steam-Nutzungsbestimmungen hat, dass die Kunden der Plattform gegenüber anderen Plattformen nicht benachteiligt werden dürfen, was die Versorgung mit Patches angeht.
Der Steam-Workshop ist der einzige potentielle Grund für mich, ein Spiel, das auf beiden Plattformen verfügbar ist, dennoch auf Steam zu kaufen, so zum Beispiel bei „A Hat in Time“ geschehen.
Genau so argumentiert die Industrie: „Wenn wir ohne DRM verkaufen, wird es sofort raubkopiert.“ Dass in Wirklichkeit Raubkopierer sich nie haben von DRM beeindrucken lassen und einzig die ehrlichen Kunden dadurch gegängelt werden, ist auch der Industrie wohlbekannt, aber es taugt halt nach wie vor als Ausrede, die allgemein hingenommen wird. DRM ist das Antivirenprogramm – also Schlangenöl – der Contentmafia: Funktioniert nicht, schafft aber neue Probleme, kostet Geld (darum wird Denuvo meist nur für begrenzte Zeit für ein Spiel lizenziert) und Energie und senkt die Performance. Die DRM-Freiheit will ich nicht, um das Spiel illegal zu verbreiten, sondern damit mir das gekaufte Produkt wirklich gehört und nie wieder von irgendeiner Firma weggenommen werden kann, weil irgendeine Lizenz ausgelaufen ist, die Plattform dichtgemacht wird, die mangelnde Qualität eines Remasters kaschiert werden soll (Hallo, Rockstar!) oder der Inhalt nicht mehr „politisch korrekt“ ist; und damit ich keine Malware im Hintergrund laufen lassen muss, die Ressourcen frisst, womöglich noch meinen PC ausspäht (machen sowohl Denuvo als auch der Epic-Launcher) und ein potentielles weiteres Einfallstor für weitere Malware darstellt.
Es wurde schon mehrfach geschrieben: Der GOG-Galaxy-Launcher ist zum Spielen selbst komplett optional, die Spiele lassen sich auch ohne Launcher runterladen, installieren und spielen.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil von GOG für Indie-Entwickler ist, dass GOG nach wie vor zumindest ein gewisses Maß an Qualitätskontrolle vornimmt. Valve dagegen hat diese bei Steam vor Jahren mit dem Aus von Greenlight weggespart, was dazu führt, dass man als Indie-Entwickler auf Steam schlechtere Karten hat und viele kleinen Perlen in einem Haufen Müll (nicht im Sinne von „interessiert mich nicht“, sondern im Sinne von „grauenhaft schlecht zusammengeschusterte Asset-Flips“) untergehen, wodurch man auch als Kunde von ihnen kaum was mitbekommt.