Kleine Betrachtung zu Kraftwerken und Stromnetz
Hallo Loebstraus,
ja, mir ist sehr bewußt, wann, warum und wie wir Stromüberschuß haben. Und gerade weil Ostern, Pfingsten und Weihnachten die Industrie großflächig den Betrieb einstellt, sinkt der Stromverbrauch um ca. 20 GW, ohne, dass die EE weniger ins Netz leitet. Darum dieser Strang, weil wir dieses Jahr über Ostern extreme Überschüsse hatten, dass viele, die hier im Forum bedenken wegen des Stromverbrauches beim Falten haben, an solchen Tagen mit absolut ruhigem Gewissen den Rechner anschalten können. Es hilft sogar im Kleinen, die Netze zu stabilisieren, dass ist zwar unbedeutend, weil wir kaum auf einige MW kommen, aber es geht nur ums Prinzip.
Die "bösen" Kraftwerke haben ein wunderbar stabiles Netz erzeugt, zumindest im Idealfall. Leider sind Kernkraftwerke nicht wirklich stabilisierend, weil sie im Gegensatz zu Kohle- oder Gaskraftwerken immer wieder mal, wenn auch sehr selten, schnellabgeschaltet werden mussten. Es gab darum gerade in Hamburg eine Reihe massiver Stromausfälle. Fünf 200MW Kraftwerke führen zu stabileren Netzen, als eines mit 1GW. Schon früh wurde darum eine große Anzahl "Reservekraftwerke" installiert, in der Regel wurden uralt Kraftwerke nicht abgerissen, sondern als "Reserve" instand gehalten, um in solchen Fällen die ausfallenden Kernkraftwerke zu kompensieren. Bevor Du meinst, und das höre ich zwischen den Zeilen heraus, ich wäre so ein linksgrünversiffter Spinner, der pauschal gegen Kernkraftwerke hetzt, dann sei Dir gewiss, dem ist nicht so. Ich halte Kernkraftwerke, denken wir zurück an die sechziger Jahre, für einen Segen, weil sie im gegensatz zu ungefilterten Kohlekraftwerken keine Schadstoffe ausstoßen. Für die Luft war es toll. Hier und da ein bisschen Tritium, gerade bei Siedewasserreaktoren, hier und da mal eine wenig Dampf abgelassen, oder denkt man an den THTR (Thorium-Hochtemperatur-Reaktor), dann wurde ganz bewußt kurz nach Tschernobyl eine erhebliche Menge Radioaktiver Substanzen frei gesetzt. Es waren "Dreckschweine", die diese Umweltschweinerei angeordnet hatten. Aber gut, ist alles Geschichte, die Kernkraftwerke sind zum Glück bald abgeschaltet. Denn eigentlich ging es Forschungsminister FJS1956 nur darum, das Basismaterial für Atombomben zu bekommen, darum forcierte er den Einsatz der Kerntechnik auch gegen die Industrie, die nur mit großen Zugeständnissen zu bewegen war, in die Technik zu investieren.
siehe THTR:
Hochtemperatur-Reaktor in Hamm: Storfall – aber bei wem? | ZEIT ONLINE
Wirtschaftlich waren Kernkraftwerke nie erfolgreich. Der AEG z.B. haben die Kernkraftwerke vom Typ Würgassen das Genick gebrochen, das war das I-Tüpfelchen auf einer Reihe von Fehlinvestitionen, die uns einen Konzern gekostet hat, der zeitweise größer als Siemens war. Dazu kamen wirklich viele Probleme im Betrieb und die weiterhin ungelöste Endlagerungsproblematik. Und jetzt, in Zeiten des beginnenden Terrors, sind es herrliche Ziele für Terroristen, gerade die abgeschalteten und stillgelegten, die weiterhin als eher schlecht bewachte Zwischenlager genutzt werden. Ich kenne die Planspiele aus meiner Vorlesungszeit, weil ich mich drei Semester mit Zerlegetechniken beschäftigte. Es ging um die Kernkraftwerke Greifswald, ich hörte beimdortigen Leiter der Zerlegung, Professor Leushacke, falls Du ihn kennst, sehr viel tendenziell unbekannte Details über den Betrieb, die Sicherheit etc. Er ist inzwischen übrigens auch leider früh an Krebs gestorben.
Kernkraftwerke, um zu Deinen Post zurückzukommen, sind übrigens auch nicht Scwarzstartfähig, also tauglich, um ein ausgefallenens Netz wieder hochzufahren. Ganz im Gegenteil ziehen abgeschaltete Kernkraftwerke über die zwingend laufenden Kühlpumpen erhebliche Strommengen im 20-100 MW Bereich, je nach Anlage. Wasserkraftwerke, als Sinnbild der EE, sind perfekte Schwarzstartkraftwerke. Heute bekommen wir durch die Solarzellen relativ gut den Tagesgang abgedeckt und wir ersparen uns den Einsatz von teuren kleinen Gasturbinen zum Abdecken dieser Spitzenzeiten. Windkraft ist heute viel billiger, als Strom aus neuen Kernkraftwerken. Schau Dir die Kostenexplosion in Finnland an und schau auf die Verträge, die England abgeschlossen hat, mit absurd hohen Garantiestrompreisen
Mit der EE bekommen wir über eine sinnvoll gestalte Solaranlagenverteilung (aktuell etwas blöd, weil im Süden zu viel und im Norden zu wenig) eine ENTLASTUNG der Stromnetze hin, weil Verbraucher ihren Strom selber erstellen, Windkraft ist billig und absolut sauber im Vergleich zu Kohlekraftwerken. Bleibt das riesige Problem der Netztabilisierung. Dazu hieß es immer, das neimals mehr als 50% EE im Netz stabil gehalten werden könnte. Wir schaffen es heute schon bis zu 2/ 3 EE, natürlich mit entsprechendem Regelaufwand für Steuermannschaften und natürlich mit dem Lösungsansatz, von den antiquierten Taktungen im 15min Rhytmus des Analogzeitalters, hin zu einer Echtzeitvernetzung der Kraftwerke zu kommen. Es gibt dazu Studien, die bis zu 90% EE im Netz stabil halten.
Natürlich weiss jeder, dass wir für die wenigen Wind und Sonne freien Spätherbst Tage echte Probleme mit einen Netz nur aus Solar und Windstrom bekommen, dass will aber auch niemand. Die Entwiclklung der EE ist weiterhin ein grandioser Erfolg, den sich die Deutschen natürlich, wie bei fast allen Techniken, vom Brot nehmen lassen. China profitiert vermutlich, die Höhe der Produktionssubventionen sind unklar, am meisten, aber defakto sind Solarzellen heute schon in Sonnenreichen Gebieten konkurrenzfähig zu neuen Kraftwerken, rein auf den Strompreis bezogen.
Wir müssen von der Verbrennung der fossigen Energieträger weg und wir sollten erkennen, dass Kernkraftwerke und insbesondere die Lagerung der alten Brennstäbe, viel zu potenzielle Risiken bieten. Die Kernfusion wird wunderbare Raumantriebe ermöglichen, für die Stromerzeugung sind die Anlagen einfach zu komplex und zu teuer, kWh-Preis min. dreifach höher als bei Kernkraftwerken. Die EE; mit allen ihren Nachteilen, ist aktuell der einzig bekannt Weg, um in Zukunft unseren Energiebedarf zu decken.
...Wenn ich so etwas lese dann kotze ich im strahl.. .
Und ich könnte kotzen, wenn Leute weiterhin von den sechziger Jahren träumen und meinen, so geht es ewig weiter.
... Leute die absolut keine Ahnung von der Materie haben wie ein netz gefahren wird , wie kompliziert dies alles ist und wollen dann sagen das es leider noch zu Viele unflexibele Kraftwerke gibt. .. .
Unflexible Kraftwerke, lieber Loebstraus, sind Kernkraftwerke und Braunkohlekraftwerke, die man eben nicht mal einfach drei Tage abschalten kann, wie es mit jeder Gasturbine problemlos geht. Gasturbinen gibt es bis auf 15min Startzyklus hinunter, bei Kernkraftwerken ist man eher bei einem Tag zum hochfahren. Das ist flexibel gegen unflexibel. Die EE ist besser mit flexibelen Kraftwerken zu kombinieren, aber die großen Stromhersteller setzen weiter auf den Ausbau der Kohlekraftwerke und richten den Netzausbau danach aus, diesen Kohlstrom besser exportieren zu können. Darum werden wir auch erleben, wie die vier großen Energierversorger E.ON, RWE, EnBW und Vattenfall ganz massiv den Bach runter gehen. Das liegt nicht an der EE; auf den Zug hätten sie aufspringen können, es liegt an massiven Managementfehlern, die Zeichen der Zeit nicht zu erkennen und lieber Lobbyarbeit für Kernkraftwerke zu machen, anstatt in die Zukunft zu schauen. Die Mitarbeiter dieser Firmen sollten nicht die EE verteufeln, sondern ihre Manager zum Teufel jagen.
...Schade das ich es leider bisher nicht mit erleben durfte aber ich hoffe es so sehr das wir mal wirklich ein Station blackout erleben ...
Die Hamburger haben das immer wieder erlebt, weil einer ihrer benachbarten Atomkocher mit 25% Wirkungsgrad mal wieder spontan vom Netz ging. Die Dinger taugen nicht, um bei uns zu 100% den Strom zu erzeugen, die Flüsse würden zu heiß werden. Um den gesamten energiebedarf Deutschland aus Kernkraftwerken mit prinzipbedingt niedrigen Wirkungsgrad (liegt am zerklüfteten Reaktorgefäß, welches keine hohen Innendrücke erlaubt im Gegensatz zu mttelgroßen Gaskraftwerken) zu denken, würden wir die Wassermenge der Elbe und Weser verdampen müssen. Warum wohl hat Frankreich immer im Sommer Probleme, weil die Flüsse zu warm werden und die Kernkraftwerke gedrosselt werden müssen? Frankreich stabilisiert sein Netz im Sommer durch unseren Solarstrom und im Winter durch unsere Windüberschüsse.
"....Nach dem Wiederanfahren der Anlage [Krümel] im Juni 2009 kam es allerdings innerhalb weniger Wochen zu weiteren Zwischenfällen, bis hin zu einer Reaktorschnellabschaltung am 4. Juli. Das führte zu einem Teil-Blackout in Hamburg ..."
Nach Pannenserie: Atomkraftwerk Krummel wird zuruckgebaut - DIE WELT
Übrigens, die alten Kernkraftwerke kann man wunderbar als "Phasenschieber" weiter nutzen. Auch das stabilisiert die Netze enorm:
"... Die Generatoren müssen dafür zum Synchronmotor umgerüstet werden. Der wird im Leerlauf betrieben und seine einzige Aufgabe besteht darin, in einer Situation kapazitive und in einer anderen Situation induktive Blindleistung bereitzustellen....."
Neue Aufgaben fur Biblis-Generator - energiespektrum