Die reale CPU-Temperatur lässt sich so oder so nicht exakt feststellen - das solltest du dir von vorn herein abschminken. Auch Tools, die die chipinterne Sensorik auslesen bieten nur einen sehr groben Anhaltspunkt und alles andere als exakte Aussagen. Im Sinne realer Temperaturen kann man das nicht ernst nehmen. Man muss hier mit sehr großen Streuungen von Chip zu Chip und mit massiven Abweichungen rechnen, je weiter man sich von der jeweiligen Throttle-Temp eines Chips entfernt. Idle-Temps sagen daher so gut wie gar nichts aus und auch Volllast-Temps sind stets im Rahmen großer Fehlerbalken zu sehen, auch wenn sich die große Mehrzahl aller Chips im mittleren Streubereich tummelt (Normalverteilung). Es gibt realistisch betrachtet keine Möglichkeit an einen echten Absolutwert für die CPU-Temperatur heran zu kommen. Die Methode die dem noch am nächsten kommt, wäre tatsächlich ein Sensor zwischen IHS und Kühlkörper. Aus den bereits von den anderen genannten Gründen ist das aber zumindest ohne Modifikation der CPU oder des Kühlers nicht möglich. 10KOhm-NTCs wie sie beim Aquaero und anderen Lüftersteuerungen zum Einsatz kommen, sind für diese Methoden ungeeignet (ganz abgesehen davon, dass sie auch keine sonderlich geringe Messunsicherheit mit sich bringen und für eine Absolutwertaussage, wenigstens mit einem zuverlässigen Thermometer abgeglichen werden sollten). Gemäß des Thermal Design Guides von intel wird für die beste Annäherung an die Case-Temp einer CPU ein feiner Kanal in den Heatspreder der CPU gefräst und mittig ein Thermoelement angepunktet. So kann der Kühler abgesehen von der kleinen Nut überall sauber aufliegen und der Sensor wird nicht zerstört. Allerdings benötigt man zur Messung mit Thermomelementen richtiges (teures) Messequipment und das nötige know how. Irgendwelche Widerstandsmessungen wie bei Aquaero und Co. sind dafür nicht wirklich geeignet. Messungen mit entsprechend modifizierten Heatspreadern werden daher fast ausschließlich von Kühlerherstellern durchgeführt. Um so zu vernünftigen Aussagen zu kommen, muss man mit ca. 1000€ oder mehr für Umbau und Equipment rechnen, wenn das Ganze Hand und Fuß haben soll.
Als Heimanwender ist man daher eigentlich auf einen relativen Blindflug beschränkt, was die realen Chiptemperaturen angeht. Tools wie CoreTemp und andere bringen einem zwar einen Wert auf den Schirm, der von der chipinternenen Sensorik stammt, die sozusagen an der Quelle sitzt, aber leider lässt sich damit nicht wirklich messen, denn eine echte Messung würde erfordern, dass die Sensorik im fraglichen Temperaturbereich kalibriert ist, was technisch bedingt weder bei CPUs noch bei GPUs der Fall ist. Die Abweichungen von der realen Temperaturen können dabei im Bereich weniger Grad aber auch im Bereich mehrerer 10K liegen. Das ist eine Frage der Streuung, die bei CPUs und GPUs fertigungsbedingt ziemlich groß sein kann, und je besser gekühlt wird, desto weiter ist man auch noch vom einzigen Kalibrierpunkt entfernt. Es ist unmöglich zu wissen wo sich das eigene Exemplar im Streubereich befindet. Die Streuung (auch der Linearität) macht quantitative Aussagen von der chipinternen Sensorik zumindest für Vergleiche zwischen verschiedenen Exemplaren eine Chips, selbst wenn es sich um dasselbe Produkt handelt, nicht nur extrem fragwürdig, sondern ist bei Lichte betrachtet vollkommener Nonsens. Speziell im Idle ist eine vergleichende Aussage eigentlich völlig unmöglich und selbst unter Last muss man mit großen Abweichungen von der realen Temperatur und von Chip zu Chip rechnen, da die Streuung sehr hoch sein kann. Mit externen Sensoren kommt hingegen das oben geschilderte Problem zum tragen.
Kurz gesagt: Es gibt keine realistische Möglichkeit für Otto-Normalverbraucher eine Aussage über die reale Chiptemperatur von CPUs oder GPUs zu erhalten, die es wert wäre über Vergleiche mit anderen Systemen nachzudenken (selbst bei identisch aufgebauten). Einen Wert zum Regeln von Lüftern kann man zwar erhalten, aber spätestens wenn man eine Wakü nutzt ist es sinnlos nach der Chiptemperatur zu regeln. Man muss entweder damit leben, dass man nur in der Peripherie misst (z.B. an den unbelasteten Flanken des IHS), und damit also keine Aussage über die reale Chiptemperatur, sondern nur einen Vergleichswert erhält, oder dass die chipinterene Sensorik einem zwar meist einen realistisch anmutenden Werte vorgaukelt, aber dieser Wert jeweils mit einen ziemlich gigantischen Fehlerbalken zu sehen ist, der die Aussage ins Reich des Beliebigen verbannt. Als Regelgröße reicht so ein Wert zwar, aber speziell bei einer Wakü hat es eigentlich keinen Sinn nach einer wie auch immer gearteten "Chiptemperatur" zu regeln.
Das Einzige was man bei einem PC mit einigermaßen annehmbarer Genauigkeit prüfen kann, sind Verbesserungen oder Verschlechterungen durch verschiedene Kühlsysteme, wenn man Messwerte der Chipsensorik oder Messwerte externer 10kOhm-Sensoren vor und nach einem Umbau vergleicht, sofern deren Anbindung vom Umbau der Kühlung nicht selbst betroffen war - z.B. Wassertempsensoren im Kreislauf mit unterschiedlichen Wasserkühlern in der Wakü oder Core-Temp-Werte mit unterschiedlichen Kühlern. Letzteres gilt allerdings auch nur in engen Grenzen, da durch die fehlende Linearität der Chipsensoren über größere Temperaturbereiche selbst die Differenzmessung mit zunehmendem tatsächlichem Temperaturunterschied immer ungenauer wird. Zwischen unterschiedlichen Exemplaren eines Chips ist so ohnehin kein exakter Vergleich möglich. Hinzu kommt noch der recht große Einfluss der Montage. Es ist je nach Ebenheit von Kühler und IHS kaum möglich ein und den selben Kühler zweimal hintereinander so zu montieren, dass es keinerlei messbare Abweichungen der Sensorwerte gibt - egal ob man intern oder externe Sensorik verwendet.
Dass man Sensoren - egal welcher Bauart - nicht direkt zwischen Kühler und IHS klemmen kann, hättest du dir zwar denken können, aber aus Fehlern wird man schließlich schlau. Zwischen IHS und Kühlkörper gehört ausschließlich Wärmeleitpaste oder ein aquivalentes Wärmeleitmedium. Jeglicher Fremdkörper, ob es nun ein Staubkorn oder gar ein Tempsensor ist, verschlechtert die Wärmeübertragung mehr oder weniger stark, wobei ein Tempsensor so dick ist, dass du froh sein kannst, wenn die Temperaturbegrenzung rechtzeitig throttelt, um den Chip vorm Hitzetod zu bewahren. Zu suchen hat ein Tempsensor dort jedenfalls nicht das geringste und zerstört wird er obendrein durch den Anpressdruck. Es handelt sich bei den 10KOhm-Foliensesnoren um kleine Halbleiter-NTCs die auf Folienträger aufgebracht sind. Schon ein geringerer Druck, als der Anpressdruck eines CPU-Kühlers auf den IHS führt dazu, dass solche NTCs zerstört werden.
Mit einer Differenzmessung der Wassertemperatur bist du deshalb deutlich besser bedient, falls du von einer Wakü auf eine andere umsteigst. Da gibt es im Prinzip auch noch genauere Sensoren (aber nicht für´s aquaero).
Eine exakte Aussage beim Wechsel von Luftkühlung auf Wakü ist hingegen nicht wirklich möglich. Wenn du zu so was fundierte Aussagen machen willst, ist der eingangs erwähnte
Umbau mit Thermoelement und echter teurer Messtechnik unumgänglich. Zwar ermittelt man so auch nicht die reale Chiptemperatur, weil man ja nur einen Zwischenwert im Temperaturfeld misst (Case-Temp), aber wenigstens misst man so wirklich und hat nicht nur ein sehr grobes Schätzeisen vor sich wie mit der Chipsensorik oder irgendwelchen Sensoren in der Peripherie - nur ist das eben nichts für normale User, die nicht nochmal so viel Geld wie für den Rechner, zusätzlich für Messtechnik auf den Tisch legen wollen und dazu noch den Umgang damit lernen wollen. Nach dazu schmälert man den Wiederverkaufswert der CPU mit dem eingefrästen Kanal für das Thermoelement.
Lüfter regelt man bei einer Wakü übrigens am sinnvollsten nach der Wassertemperatur
. Diese lässt sich mit entsprechenden Wassertempsensoren recht gut erfassen. Diesen Werten kann man im Gegensatz zu irgendwelchen Chiptemperaturen auch im Rahmen der Messgenauigkeit der üblichen 10kOhm-Foliensensoren (also ca. +-2K) über einen relativ großen Temperaturbereich hinweg trauen (nach Abgleich mit einem vertrauenswürdigen Thermometer). Mehr als +-2K Genauigkeit sollte man aber grundsätzlich keiner Temperaturangabe im PC-Bereich zugestehen - selbst wenn es nicht bloß um ausgelesen Chipsensorik geht wo man besser gleich +-10K ansetzt
.