Ist es für ein Flaggschiff nicht genauso ungewöhnlich, auf Erkungdungsmissionen an den Arsch der Welt geschickt zu werden, wie von diesen alle naslang zurückgerufen zu werden? Die Autoren haben dieses Dilemma meist "gelöst" in dem Picard persönlich irgendwo benötigt wurde. Aber genau dieses Hintertürchen entzieht eigentlich der gesamten Galaxy-Klasse ihre Daseinsberechtigung: Wenn man ständig wegen einer Einzelperson binnen weniger Tage von "weit entfernten Welten" zu einer repräsentativen Aufgabe ins diplomatische Zentrum eines von drei Reichen fliegt, dann könnte man auch für monatelange andauernde Aufgaben spezialisierte Einheiten auf Forschungsmission, zur Grenzsicherung, etc. schicken und bei Bedarf kurzfristig gegen einen anderen Spezialisten austauschen, wenn sich Bedingungen ändern. Entfernungen verlieren in TNG jegliche Bedeutung und damit auch Schiffe, die auf alles von wortwörtlich Kindergeburtstag bis intergalaktischer Krieg vorbereitet sind.
Da merkt man leider deutlich, dass die TNG-Schreiber der 1701D irgendwann alle und jede Aufgabe zugeschoben haben, um um Abwechslung in die Serie zu bringen, während die 1701 einfach ans Ende der Welt fuhr und dort dann auf sich allein gestellt einseitigere Abenteuer erlebte. DS9 hat das zum Teil auch wieder gerade gebogen. Um da ein paar Forscher auf einem Planeten abzusetzen, reichte ein Shuttle der Danube Klasse, dass teilweise direkt wieder zurückflog, anstatt ein Galaxy-Schlachtschiff für eine Woche im Orbit kreisen zu lassen. (Was, nebenbei bemerkt, viel zu kurz für die in TNG oft angedeuteten, soziologischen Studien ist – eine weitere Folge des Autorendilemmas: Damit ihr Charaktere interessant bleiben, müssen sie im Wochenrythmus an allen möglichen Tätigkeiten beteiligt werden, die eigentlich jeweils Jahre für Vorbereitung und Durchführung erfordern würden.)
Ich glaube, dass du die Rhetorik des Intros überbewertest. Die Enterprise-D operierte schon zu Beginn der Serie meistens in Reichweite von Sternenbasen. Oft vermittelte man zwischen Spezies, die längst bekannt waren nahe des Föderationsraums. Wobei das im dreidimensionalen Raum immer so eine Sache ist. Du kannst innerhalb des bekannten Raums immer und überall größere, weitgehend unerforschte Blasen haben, obwohl in beiden Richtungen Föderationsraum liegt, wo dann wiederum Mitgliedswelten ihre Gebietsansprüche erklären. Es ist also gar kein Problem, in der einen Folge einen Erstkontak zu knüpfen und in der nächsten wieder eine Mitgliedswelt zu umkreisen. Es gibt grundsätzlich nur sehr wenige Folgen, die belegen, dass sich die Enterprise gerade weit draußen befindet. Dass die Enterprise eine Folge später ausgerechnet nach solchen Episoden wieder die Erde umkreist, hätte ich zumindest nicht in Erinnerung. In der Regel wurde so was auch nicht über kurze Warpsequenzen abgewickelt, sondern zu Beginn der Folge mit einem Logbuch-Eintrag. Die die Sternzeiten ab TNG zwar einem System folgten, aber lediglich Jahre korrekt wiedergeben, können zwischen den Folgen ohne Probleme Wochen vergangen sein.
Klar, realistischerweise müsste die Enterprise mehrere Wochen vor Ort sein, um wirklich einen Erkenntnisgewinn zu erzielen. So was gibt ein episiodenhaftes Konzept leider nicht her, ist aber eine Konzession, die man machen muss. Wenn man anfägt, zu hinterfragen, warum ausgerechnet Crew X so viele Abenteuer erlebt und ausgerechnet dem festen Darstellerpool immer so viel Interessantes passiert, riskiert man den Spaß an sämtlichen Serien zu verlieren. Es ergibt zum Beispiel auch null Sinn, dass du bei einem Schiff mit 1.000 Mann starker Besatzung Aufgaben immer nur an sieben Führungsoffiziere delegierst. Das führt zu absurden Situationen wie der, dass man Dr. Crusher das Kommando übergibt, weil Picard, Riker, Data, Worf und Geordi gerade ausgeflogen sind. Normalerweise müsste der Führungsstab aber mindestens dreimal vorhanden sein, alleine schon, um einen Dreischichtbetrieb zu fahren. Außerdem hättest du für alle möglichen Gebiete Experten an Bord. Stattdessen erfährt man erst in Staffel 6 beiläufig, dass die Stellarkartographie von einem Lt. Commander geleitet wird - es also sehr wohl diverse Abteilungen mit höheren Offizieren gibt und nicht bloß ein Heer namenloser Ensigns und Lieutenants plus sieben Führungsoffiziere. In der Originalserie hatte man noch öfters Experten, die man für das Problem der Woche konsultierte, aus dem Hut gezaubert. Deep Space Nine fuhr später grundsätzlich mehr Nebenfiguren auf. Das Problem hätte TNG also tatsächlich eleganter lösen können. Bei Voyager hat man den Fehler aus TNG leider wiederholt. Dabei hätte man gerade fern der Heimat auf einem kleinen Schiff viel mehr wiederkehrende Figuren haben müssen. In der ersten Staffel gab es die sogar, nur ließ man Leute wie Hogan oder Seska alle wegsterben und war erst in den späteren Staffeln mit Icheb und Naomi Wildman wieder breiter aufgestellt. Trotzdem spuckten die noch in Staffel 7 random Crewmitgliedernamen aus und ließ neben dem Stammpool bis ins Finale weitgehend nur Statisten auflaufen.
Lange Rede, kurzer Sinn. Mit einem zusammenhängenden Format hätte man diese Probleme eigentlich weniger. Man könnte sich mit einem Sachverhalt erschöpfend befassen, könnte mehr Nebenfiguren in Stellung bringen und auch jede Staffel zum Thema passende Experten aufbieten. STD und Picard interessieren sich allerding nur noch für das staffelübergreifende, das Universum bedrohende Ungemach, handlungsarm garniert mit viel Tränen und Action. Es ist schlicht keine Science-Fiction.
Ich bin zwar mit meinen 41 vergleichsweise "alt" aber ich nehme die neuen Serien so wie sie sind und freue mich das es überhaupt noch Star Trek gibt. Ich betrachte die Serien eigenständig und vergleiche nicht ständig mit "früher war alles besser" - weil dem ist nicht so. Auch wenn ich mit Picard & Crew groß geworden bin, sehe ich schon deutliche Schwächen die damals auch noch durch Roddenberry eingebracht wurden.
Ich schließ mich der Einschätzung daher überhaupt nicht an, das hat nichts mit "Schichten" zu tun (olles elitäres Gehabe) sondern mit der Zeit in der die Serien entstehen und sich dem Publikum stellen müssen. Muss man nicht alles toll finden, aber soooo schlimm ist es nun auch wieder nicht. Ich lasse mich davon gut unterhalten und gehöre nicht der von dir zugeschriebenen "Schicht" an.
Star Trek spielte in einer Zukunft, in der sich die Menscheit weiterentwickelt hat. Es ist schlicht logisch, weil wir in der jetzigen Form nie mit anderen Spezies an einem Strang ziehen können. Es ging immer moralischen und philosophischen Fragen nach. Auch gab es einen zwar nicht perfekten, aber doch recht gut aufeinanderbauenden Kanon.
STD und Picard zeigen eine Trump`sche Version der Föderation, in der man rechten Hetzideologien anhängt, Völkermord im Repertoire hat und keine Skrupel, sich eine weibliche Version Adolf Hitlers an Bord zu holen. Auch passt jetzt überhaupt nichts mehr zusammen. Inwieweit sollte man sich also daran erfreuen, dass es "überhaupt noch Star Trek gibt", wenn es nur noch dem Namen nach existiert?
Abschalten, sich unterhalten lassen, das bestätigt nur meine Einschätzung, dass es sich um einfach gehaltene Unterhaltung handelt, die man besser nicht hinterfragt. Über mein Vokabular kann man sicher streiten. Aus meiner Sicht haben die Produzenten für die Umgestaltung Star Treks in ein infantiles Effektgewitter diese Abwertung verdient.
Man kann sich das natürlich alles mit dem Zeitgeist schönreden. Allerdings zeigt der aktuelle Serienboom ja, wie gekonnt man mit den richtigen Produzenten und Autoren Serien machen kann. STD und Picard sehe ich da nicht mal im unteren Drittel, sondern eher im RTL-2-Nachmittagsprogramm.