Rage im Hands-on-Test: Grafik, Performance und Sound
Rage basiert auf der "id Tech 5"-Engine, ebenso wie das kommende Doom 4. Der Technikmotor wird im Gegensatz zu den Vorgängern nicht lizenziert, sondern steht nur Entwicklerstudios der Muttergesellschaft Zenimax zur Verfügung. Vertraute id Software jahrelang auf Open GL, so ändert sich dies auch mit
Rage nicht. Aus technischer Perspektive ist Rage, welches auf der Xbox 360 und Playstation 3 mit 60 Fps laufen soll, kein solches Monster wie beispielsweise Crysis 2: Angefangen bei den vergleichsweise polygonarmen Landschaften über die oft groben Texturen ohne Parallax Mapping und Co., bis hin zu den an den Kanten ungefilterten Schatten (keine Stencils mehr wie in Doom 3, sondern Shadow-Maps) und nicht vorhandener Umgebungsverdeckung wirkt der Titel an vielen Stellen altbacken. Die Beleuchtung ist nahezu durchgehend statisch, Lichtquellen oder Explosionen werfen keine dynamischen Schatten und lassen sich ebenso wenig durch Beschuss beeindrucken wie die wehenden, aber vorberechneten Stoffe - einzig die leider optisch schwebenden Wüsten-Fahrzeuge und die NPCs respektive Gegner zeigen einen Schattenwurf, der allerdings an den Kanten leichte "Sägezähne" aufzeigt. Die detaillierten Spielfiguren sind exzellent animiert und sprechen zumindest in der englischen Version lippensynchron, in Kämpfen ist eine leichte Bewegungsunschärfe der sorgfältig modellierten NPCs zu erkennen. Die hinterlassen bei Beschuss zwar hin und wieder Blutflecken auf Böden und Wänden, ansonsten fehlt die Interaktion mit der Umwelt - Stichwort Einschusslöcher - aber komplett (abgesehen von den einsammelbaren Objekten). Seltene Leitern erklettern Sie ohne spezielle Tasten, für die Seilrutsche braucht es aber eine.
Beeindruckend ist die Vielfalt an Pixeltapeten, die überdies anisotrop gefiltert werden: Was
id Software hier mithilfe der "Megatexture"-Technologie - bekannt aus Enemy Territory: Quake Wars - auffährt, ist einzigartig: Keine Wiederholungen, jeder Felsen ist individuell! Was Rage obgleich der bei etwas genauerem Hinsehen nur mäßigen Technik zu einem optischen Kracher werden lässt, sind die Level-Architektur und das Art Design inklusive einem Tick Cell-Shading-Look samt satten Farben: Wenige Polygone hin und matschige Texturen her, id Softwares Gestaltung des Ödlands in
Rage ist schlicht phänomenal; die ersten Minuten nach dem Verlassen der Kryo-Kammer kamen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus. Der Himmel - über den Vögel ziehen - zeigt zwar statische Wolken, Color-Banding und Lens Flares (die in der Realität aus der Ego-Perspektive nicht auftreten), ist aber stilistisch derart perfekt ausgearbeitet, dass die offensichtlichen Schwächen selbst vom sehr Grafik-affinen Autor dieser Zeilen vollends ignoriert werden. Hinzu kommt, dass id Software auf Tiefenunschärfe beim Anvisieren via Kimme und Korn verzichtet und Effekte wie Hitzeflimmern nur da einsetzt, wo man sie auch erwartet. Schwach, aber nicht überraschend: Das Zielfernrohr des Scharfschützengewehrs offenbart nur eine vorberechnete Szene - dabei zeigte 2004 schon Far Cry die Umgebung in Echtzeit.
Um dem zeitlosen Bild den letzten Schliff zu geben, setzt id Software auf klassische Multisampling-Kantenglättung, die Vegetation oder auch Zäune werden dank Blending sauber gebügelt und somit das Art Design perfekt inszeniert - klasse! Wie uns John Carmack nach dem Event per Mail erläuterte, habe man mit Shader-basierender Glättung (FXAA/MLAA) experimentiert, kam aber zu dem Schluss, es lohne sich nicht. Er sei so oder so sehr zufrieden mit der Optik: "At almost any point in the game you can stop and be amazed at the world around you." Detail am Rande: Die Konsolen-Versionen laufen nach aktuellem Stand mit 1.280 x 720 Pixeln ohne Kantenglättung, letzteres benannte Carmack ebenso wie weitere technische Details, auf die wir ihn ansprachen.
Unser Testsystem vor Ort bestand aus einem Core i5-2500K, einer Geforce GTX 560 (ohne Ti) sowie 8 GiByte Arbeitsspeicher. Rage läuft auf dieser Maschine im 64-Bit-Modus (!) via Steam (!) inklusive Kantenglättung bei konstant 60 Fps - mehr erlaubt der Titel nicht, da die Physik synchronisiert wird. Von Haus wird das Streaming der Texturen von zwei Cruncher-Jobs über die CPU (oder alternativ die GPU) erledigt, da wir aber ohnehin die Konsole öffneten, zeigte uns Tim Willits wie man die Anzahl der Jobs erhöht - hierdurch werden die Pixeltapeten flotter geladen, was gerade bei schnellen Drehungen sichtbar wird (und laut Timi Willits auf den Konsolen deutlich schlechter aussieht). Über die Akustik möchten wir an dieser Stelle noch nicht urteilen, da auf dem Event "nur" Stereo-Headsets zur Verfügung standen. Die Sprecher aber klingen exzellent und passen unserer Ansicht nach hervorragend zu ihrer jeweiligen Spielfigur. Der Soundtrack sowie die treibende Musikuntermalung in den Kämpfen wissen zu gefallen und selbst das Headset lässt erahnen, dass der basslastige Turboboost des Wüsten-ATVs die Wände wackeln lassen wird. Die Waffen hinterlassen gemischte Gefühle: Die Pistole erinnert optisch an die aus Doom 3, knallt aber etwas schwachbrüstig - dafür klingt sie satter, wenn wir die durchschlagskräftigeren "Fatboys" laden. Die Shotgun dagegen ist wuchtig und tut schon beim Zuhören weh.