10. Langzeiterfahrung
Über drei Jahre ist es nun her, dass mein System in dieses Gehäuse eingezogen ist, also ist es Zeit für einen Rückblick und einen Erfahrungsbericht auf lange Zeit. Über die Jahre hat es noch einige Veränderungen erfahren, und es hat sich gezeigt, welche Konstruktionsentscheidungen letzten Endes problematisch waren.
Rein passiv hat das Gehäuse über die Zeit nachgedunkelt und hat etwas kräftigere Farben bekommen. Sehr gut sieht man das am Seitenteil, welches auf der Innenseite genau wie die Rückseite des Trays praktisch noch den Originalfarbton hat, während alle äußeren Seiten durch Berühren, Transportieren und Sonneneinstrahlung sich verändert haben, weil das Holz nicht lackiert, geölt oder gewachst ist.
Da das System für mehrere Betriebssysteme konfiguriert ist, hat sich vor einiger Zeit auch der Bedarf an einem weiteren Festplattenslot ergeben, damit MacOS seine Time-Machine-Backups anlegen kann.
@teachmeluv hat mir zu diesem Zweck seinen übrigen Doppel-Festplattenkäfig aus einem beQuiet-Gehäuse überlassen, welcher im Gegensatz zu dem Einzelkäfig, der bisher verbaut war, nicht einzeln erwerblich ist. In der Theorie hätte er auch gepasst, in der Praxis wurde es aber dann doch deutlich enger. Mit deutlich gekürztem Verschraubungspunkt für das Seitenteil hätte der Käfig dann relativ problemlos hineingepasst.
Allerdings habe ich die Rechnung nicht mit den Kabeln gemacht, welche ohnehin schwer in CAD einzukalkulieren sind. Alle Kabel, d.h. ATX-, EPS, PCIe- und SATA-Kabel, werden durch den Spalt im Mittelboden geführt. Dadurch bleibt der Tray optisch clean. Bei der Konzeption war das eine damals logische Entscheidung, weil mit dem alten Käfig hier mehr als genug Platz vorhanden war, zwischen Seitenwand und Tray allerdings nur etwas mehr als 14 mm um alle Kabel hier entlangzuführen. Das erschien mir damals als etwas zu schmal, und für eine Verbreiterung um 10 mm an dieser Stelle hätten auch 10 mm mehr Breite auf der anderen Seite hinzukommen müssen, um die Gesamtsymmetrie des Gehäuses zu erhalten. Das hätte am Ende für rund 2 Liter mehr Gesamtvolumen gesorgt, dabei ist es mit seinen 21 Litern ohnehin schon relativ groß für ein SFF-Case.
Mit dem größeren Käfig lägen nun aber nur 7 mm zwischen Käfig und Mittelboden, sodass es praktisch unmöglich ist hier Kabel durchzuziehen. Eigentlich müsste nun also ein Loch in den Tray. Bis jetzt habe ich mich aber noch nicht dazu durchgerungen das ganze System wieder auszubauen, denn solche Arbeiten möchte ich nicht mit verbauter Hardware durchführen. Also werden gelegentliche Backups stattdessen noch mit geöffneter Seitenwand gemacht.
Ein Grafikkartentausch hätte sich sicher auch schwierig gestaltet, weil der aktuelle Trend zu deutlich mehr Leistungsaufnahme bei den Grafikkarten geht, sodass Dual-Slot-Karten praktisch vom Aussterben bedroht sind. Selbst kleinere Mittelklassekarten wie die RX 6600XT kommen laut PCGH-Preisvergleich auf mehr Modelle mit drei Slots als mit zwei Slots (11 zu 8). Und dies wäre gerade mal ein Modell mit etwa der doppelten effektiven Rohleistung, aber nur der selben VRAM-Menge. Bei der RX 6800, meinem Favoriten was Leistung, VRAM und Effizienz angeht, bleibt sogar nur das Referenzmodell, welches innerhalb kompakter Dimensionen bleibt.
Allerdings hat der Markt schon selbst dafür gesorgt, dass Upgraden so unattraktiv wie nur möglich ist, sodass ich daran keinen Gedanken verschwenden muss. Ich bin gespannt, was die nächste Generation bringt, auch wenn ich hier wieder mit drei Slots für einen potentiellen Nachfolger rechne. Früher oder später darf ich mich also auf ein neues Gehäuseprojekt freuen.
Das erste Jahr bin ich mit dem System übrigens auch gependelt, aus der Zeit habe ich noch das folgende Foto gefunden. Mit passenden Tragegurten und dem Eckenschutz vom Glasversand ist das System bisher immer heil angekommen.
In den drei Jahren gab es dazu einen Defekt am Powerbutton, der mit der Zeit immer weniger zuverlässig funktioniert hatte. Dieser wurde auf Kulanz vom Hersteller ausgetauscht.
Ich werde auch immer wieder nach Erdung und Schirmung des Gehäuses gefragt. Ich habe es sicher schon mal in einem früheren Kapitel erwähnt, aber normalerweise sind Netzteil, Mainboard und Grafikkarte über das Gehäuse als gemeinsamer Massepunkt miteinander verbunden, was bei mir durch die Materialwahl natürlich nicht möglich ist, auch wenn ich ursprünglich geplant hatte, dahingehend etwas zu bauen. Zwar sind geringe Potentiale messbar (14 mV zum Netzteilgehäuse), abseits von zu starken Undervoltingversuchen ist das System aber ziemlich stabil.
Zum Thema Abschirmung von EM-Strahlung steht es sich ähnlich. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach belastbare und aktuelle Informationen dazu zu finden, weil man hier sehr schnell bei "Elektro-Smog" landet. Da aktuelle Gehäuse aber häufig zu mindestens einer Seite diesbezüglich "offen" sind, weil sie ebenfalls viel Glas verbauen und es teils ja auch ganz offene Gehäuse gibt, sollte das Thema mittlerweile wohl kaum noch Relevanz haben. Die Zukunft steht also offen für weitere Gehäuse aus anderen Materialien.
Auch das Thema "Brandschutz" fällt hin und wieder. Hierzu sei gesagt, dass die meisten unbearbeiteten Holzsorten ab etwa 220°C anfangen können zu brennen. Das liegt deutlich über den im PC üblichen Temperaturen. Viele in PCs vorkommende Kunststoffe beginnen darüber hinaus auch schon bei teils 150°C an zu schmelzen. Auch das ist im Normalfall alles unproblematisch. Eine Ausnahme wäre ein Kurzschluss, wie er bei den Riser-Kabeln in der ersten Version von NZXTs H1 auftreten kann. In diesem Fall wäre das Gehäusematerial im Gegensatz zu anderen Gehäusen prinzipiell brennbar. Ich vertraue hier auf die Schutzschaltungen eines soliden Netzteils, vermeide offene Kontakte und lasse das System prinzipiell nicht längere Zeit unbeaufsichtigt.
Zum Schluss noch einige Fakten und Zahlen:
Als Volumen geben ich üblicherweise das Volumen aus den Außenkanten des eigentlichen Gehäusekörpers an, also ohne überstehende Teile wie Front und Füße. Hier komme ich auf die schon häufiger angesprochenen 21 Liter. Nimmt man diese Teile dazu, kommt man auf 23 Liter. Das wäre das innere Volumen, was ein Versandkarton haben müsste, um das Gehäuse genau aufnehmen zu können. Da die Seitenteile aber relativ dick sind, nehmen sie selbst schon recht viel Volumen ein. Dadurch liegt das nutzbare Volumen im Inneren (allerdings ohne Tray und Mittelbode) bei rund 18,2 Litern. Ich bin mir gar nicht so sicher, wie das bei Gehäusen normalerweise angegeben wird, allerdings ist der Unterschied bei nur 1 mm Materialstärke o.ä. sehr viel geringer.
Die reinen Materialkosten belaufen sich auf ziemlich genau 200€, woran allein das maßangefertigte Glas mit gut 121€ gut 60% des Budgets verschlingt. Die Variante mit Akustikstoff im
Nachfolgeprojekt war hier deutlich günstiger.
Zeitliche Übersicht aller Bauschritte und Veränderungen:
06.01.2019 Start der Planung
18.05.2019 Start der Konstruktion
29.06.2019 Fertigstellung und erster Einzug
24.09.2019 Prototyp für Seitenteil aus Plexiglas (später auch Front)
25.01.2020 Front und Seite aus Echtglas
04.01.2022 Anpassung eines Eckteils für einen größeren Festplattenkäfig, welcher allerdings doch nicht eingezogen ist