Hi!
Wenn man sieht das Leute wie Schienenbruch (aus berufl. Gründen vermute ich)
Da muss ich Dich enttäuschen: ich bin Lokführer, jetzt im Güterverkehr.
Beruflich hatte ich mit der Loveparade bis 2003 zu tun, als ich als Lokführer bei der S-Bahn-Berlin die Leute hin und wieder weg gefahren habe.
Ich habe das immer gern gemacht, obwohl ich selbst mit der Loveparade nix anfangen konnte.
Ansonsten kenne ich einige Vorschriften für Versammlungsstätten und Fluchtwege aus meiner früheren Tätigkeit als E-Installateur (wir haben auch Fluchtwegebeleuchtung, rauchdichte Türen, Sprinkleranlagen usw. gemacht) in Berlin - dieses Wissen ist zwar veraltet (vor 1995), aber dem Grundsatz nach immer noch gültig.
Aber: ich kenne diesen Tunnel, weil er eine Zeit lang zu meinem Arbeitsweg gehörte und ich da mit dem Fahrrad durch gefahren bin.
Wohl gefühlt habe ich mich da nicht.
Und beruflich kenne ich das Verhalten von Menschenmassen - eben aus der Zeit, wo ich als Lokführer bei der S-Bahn-Berlin jahrelang die Menschen zur Loveparade, zum CSD, zu Fußballspielen und anderen Großveranstaltungen gefahren habe.
Ich weiß - teilweise aus eigener Erfahrung - wie unberechenbar schon kleine Menschenansammlungen (bis 1000 Leute) sein können.
Und diverse Forschungen und Analysen zeigen, wie stark unberechenbar Menschenmengen sein können.
Auch die Erfahrungen nach Unglücken bei Massenveranstaltungen (Heiselstadion in Brüssel, Liverpool usw.) zeigen ganz klar, dass solche ein enger Zugang einfach unzureichend ist.
Und wenn ich jetzt höre, was diese Verantwortlichen (auch und gerade dieser 'Verhaltensforscher', Herr Schreckenberg) da jetzt ablassen, dann frage ich mich, ob die den Begriff 'Verantwortlich' nicht mal besser im Lexikon nachschlagen sollten - jetzt ist nämlich plötzlich alles wohl geplant gewesen, alle Szenarien wurden durchgespielt und das 'Sicherheitskonzept' (angesichts von 19 Toten und mehreren hundert Verletzten ist allein dieser Begriff schon sehr unzutreffend) war 'stimmig'. Und außerdem haben die Opfer die Massenpanik ausgelöst, weil sie versucht haben, über die Nottreppe und die Mauer zu klettern udn dabei abgestürzt sind.
Nur gut, dass ich nicht bei dieser Aussage dabei war - ich glaube, ich hätte dem so auf die Nuss gehauen, dass ihn Vater und Mutter nicht wieder erkannt hätten.
Allein diese Aussage ist ein Schlag in's Gesicht
aller Betroffenen (und das bezieht die hunderte [eher tausende] von Menschen mit ein, die dort bei waren, geschockt sind, drunter leiden - und wohl nie als 'verletzt' erfasst werden).
Interessanter ist da die Aussage vom Chef der Polizeigewerkschaft Duisburg:
Rainer Wendt, Chef der Polizeigewerkschaft Duisburg, meint: „Wir haben vor einem Jahr gewarnt – die Stadt ist einfach zu klein und eng, um der Menschenmassen Herr zu werden!“
Und immerhin ist Herr Wendt kein 'Fan' oder 'Laie', sondern jemand, der die Stadt - und damit das Gelände und den Tunnel - kennt und auch beruflich mit größeren Veranstaltungen zu tun hat.
Ich denke, das sagt doch genug, oder?
Es musste einfach ein Problem werden, wenn auch nur 500.000 (eine der genannten Zahlen der erwarteten Besucher) Menschen in so ein 'Duisdorf' (Versprecher eines N24-Nachrichtensprechers heute morgen) kommen.
Weder die Verkehrsmittel, noch die Stadt an sich können so etwas bewältigen - von den Behörden ganz zu schweigen.
Warum haben die sich nicht Rat aus Berlin (Loveparade), Hamburg (Veranstaltungen auf dem Heiligengeistfeld), München (Oktoberfest) oder anderen Städten geholt, die Erfahrungen mit solchen Menschenmengen haben?
Vielleicht, weil diese von vornherein gesagt haben "das geht nicht, Duisburg ist zu klein, zu eng"?
Gerade in jüngster Zeit haben die Fanmeilen (und da waren auch teilweise etliche 100.000 Menschen)zur WM gezeigt, dass solche Veranstaltungen ohne Probleme zu bewältigen sind - wenn man es richtig macht!
Und dann höre ich heute morgen, dass den Veranstaltern von Seiten der Genehmigungsbehörde 'größere Erleichterungen' bei den Zu- und Abgängen und Notausgängen gewährt worden sind.
Sicher, ich kann bei solch einer einmaligen Veranstaltung im freien nicht ganz die baulichen Fluchtwege und so schaffen, wie bei einem Stadion oder so; das ist klar.
Aber man kann das 'Entgegenkommen' (Zitat aus dem TV, N24 oder n-tv) auch übertreiben - und das ist meiner Meinung nach hier geschehen.
Ich befürchte nur, dass da jetzt eine große Arie von Schuldzuweisungen einsetzt und 'keiner so etwas voraussehen' konnte.
Gott sei dank gibt hunderte oder tausende von (Handy-)Videos, so dass keine Tatsachen mehr verschleiert, falsch dargestellt oder verdreht werden können.
Ich kann nur hoffen, dass jeder, der ein solches (Handy-)Video hat, dieses der Staatsanwaltschaft oder der Polizei zur Verfügung stellt, damit wenigstens jetzt klar wird, was da falsch gelaufen ist - und die Verantwortlichen eben verantwortlich gemacht werden können.
Es ist aber traurig - und eine Frechheit sondergleichen - dass die Verantwortlichen immer noch davon sprechen, dass das Sicherheitskonzept in Ordnung gewesen sei.
Sicher: Unfälle - und auch eine Massenpanik (mag es die hier gegeben haben oder nicht) können immer vorkommen.
Aber: hier haben (meiner Meinung nach) schon im Vorfeld die planende
und die genehmigende Seite (Veranstalter und Behörde) klar versagt.
Ich meine, da sollten die Verantwortlichen - der OB von Duisburg, der Sicherheitsdezernet und der Chef der zuständigen Behörde (ich glaube, das Bauamt) ganz schnelle ihre Verantwortung erkennen - und zurück treten!
Im übrigen: es wird viel geredet:
- das Sicherheitkonzept sei stimmmig gewesen
Das war es wohl eher nicht
- alles sei vorgeplant gewesen
aber wohl unzureichend
- es hätte keine Massenpanik gegeben
Es ist doch völlig egal, ob es eine Massenpanik war oder nicht: die 19 Menschen sind tot; gereicht hat's in jedem Fall.
- die Toten wären nicht in der Menge tot getreten worden, sondern vor dieser 'Nottreppe' gelegen, von der sie gestürzt seine - und damit die (angeblich ja nicht vorhandene) Massenpanik ausgelöst haben.
Schon mal jemand dran gedacht, dass die dorthin gelangt sein könnten, nachdem sie verletzt oder getötet wurden?
Und: warum haben die denn - wenn dem so war, was ich nicht glaube! - versucht, diese Nottreppe zu benutzen?
Weil sie nur noch weg wollten und es keinen Ausweg gab!
Hier wird doch nur versucht, den Opfern - die sich nicht (mehr) wehren können - die Schuld zuzuschieben - eine (weitere) absolute Frechheit der Verantwortlichen!
- die Verantwortlichen haben keine Fehler gemacht
Das sehe ich - und wohl die meisten hier - anders....
- den Opfern und ihren Angehörigen wird Mitgefühl ausgesprochen
und im nächsten Satz wird den Opfern die Schuld zugeschoben - siehe oben.
Das Mitgefühl hilft den Opfern leider wenig - denen muss aktiv geholfen werden!
Da sind Töchter und Söhne, Brüder und Schwestern, evtl. auch Mütter und Väter getötet worden.
Aber: es wird Zeit, dass die Verantwortlichen eben dieser Verantwortung gerecht werden und zu ihrer Verantwortung stehen - und vor allem den Opfern helfen!
Statt dessen wird - wieder einmal - versucht, die Schuld von sich zu weisen.
Das erinnert mich schmerzlich an das Geschehen nach dem ICE-Unfall in Eschede - auch da wurden am Ende ein paar kleine Leute im ICE-Bw Hamburg verurteilt, die Chef's kamen davon.
grüße
Jochen